Hrn. Küchler, Fürsprecher Tarnen Abonncment (Bei sämtlichen Post-BureauZ.) ISh»>ich (sranlo durch die ganze Schweiz). Qdlb|4(fciî » • • ' ... .»1-,°.«.°° • Fr. 4.- • „ 2W „ 3.80 .. 2.— M 15 Erscheint jeden Samstag vorn, ttags. Einrückungsgebühr für Obwalden. Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum . 10 Rp Bei Wiederholungen 8 » Für Inserate von auswärts. Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum . 15 Rp Bei Wiederholungen 10 " 11. April. 26. Jahrgang. —-^ bj( Hnnoncfn,@J„fbitione„ der Herren H^stcin * »ofll«, » '*» »nd CreB »stßli & «»«. in Bern. Zürich. Luzern von «uSwärt« neh ^ Susanne. Gens. Berlin. Leipzig. Dresden. München. Hamburg. Fran.'urt */*, «»- -..bürg und W.en. Die Weltlage zeigt insofern ein friedliches Bild, als die Politik der europäischen Staaten offenbar darauf abzielt, unserm Erdteil die Segnungen des Friedens auch fernerhin zu erhalten. Schon sind mehr als fünfundzwanzig Jahre vorübergegangen, seitdem im Herzen Europa's d.e milde Furie des Krieges unheilbringend gewühlt̂ und gewütet hat. In früheren Zeiten hätte man das für eine Peno e des Friedens von außergewöhnlich langer Dauer gehalten. Damals hätte aber ein europäischer Krieg bei Weitem nicht den Charakter eines Massenmordes in gleichem Grade angenommen, wie es heutzutage der Fall sem mühte. Das muß man dem Dreibund lassen, daß ihm die Fort- dauer des Friedens ganz wesentlich zu verdanken ist. So unbedingt tonangebend wie früher ist der Dreibund heute nicht mehr. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß ein Glied desselben - Italien - aus dem afrikanischen Kriege sich' nicht herausziehen kann, ohne militärisch, finanziell und namentlich auch moralisch eine gewaltige Einbuße er- litten zu haben. Dieser schwere Schlag übt seine Ruck- mu-kung auf den ganzen Dreibund aus. Man betrachtete bislang das finanziell und politisch außerordentlich schwankende Italien gleichwohl als eine ziemlich kräftige Stütze des Dreibundes, weil dasselbe über eine tüchtig geschulte und außerordentlich leistungsfähige Armee ver- fügte. Diese Armee ist nicht nur decimirt, sondern sie hat überhaupt einen so gewaltigen Schlag erlitten, daß die Rückwirkung sich auf Jahrzehnte hinaus fühlbar machen wird. Von solchen Niederlagen erholt man sich nicht binnen einer kurzen Frist. Solche Schläge erschüttern und entkräften den Organismus für eine längere Zeit Der größte Freund des Dreibundes unter den italieni scheu Staatsmännern war zweifellos Crispi. Er war der persönliche und der politische Freund Bisniarck's, und der kleine Bismarck im Südm strebte offenbar darnach, das möglichst getreue Contersei oder Spiegelbild des großen Bismarck im Norden darzustellen. Der italienische Bis marck bot jedoch mit dem deutschen Bismarck weit mehr Achnlichkeit in Bezug auf Herrschsucht und Gewalttätig- keit, als in Bezug auf einen weitaussehenden staats- männischen Blick, der klar und kühn große politische Ziele ins Auge faßte. Bismarck hat auch bei seinem Rücktritt in einem großen Teile des deutschen Volkes ganz andere Sympathien und Gefühle zurückgelassen als Crispi bei dem italienischen Volke. Der Weggang Crispi's wird eigentlich von Niemanden betrauert, vielleicht einzig den König Humbert ausgenommm. Es ist wohl nicht gerade häufig vorgekommen, daß ein Staatsmann, welcher lange Zeit hindurch eine führende Rolle gespielt hat, dergestalt unter den sozusagen einmütigen Verwünschungen eines ganzen Volkes vom politischen Schauplatze abtritt. Der Mann wurde nicht nur gestürzt, sondern er wurde ver nichtet. Ein mehr schlauer und pfiffiger als gläubiger Franzose hat einmal den Ausspruch gethan: „Qui mange du pape en meurt. Wer vom Papste ißt, der erstickt an diesem Bissen." Crispi bildet eine Illustration zu diesem Satze, wie man fich eine zutreffendere nicht leicht denken kann. Crispi war ein gewalttätiger und gehässiger Feind der Kirche. Er hat allerdings einmal in Neapel eine recht hübsche Rede aus den dortigen Erzbischof, den Kardmal Sanfelice, gehalten. Durch diese Rede hat er den gewaltigen Beifallssturm einer riesigen Volksmenge entfesselt. Man sieht daraus, mit welcher Begeisterung beim italienischen Volke die Aussöhnung zwischen Kirche und Staat begrüßt würde. Erispi betonte in jener Rede, welch' unberechenbare moralische Kraft im Glauben des Volkes wurzle und welch' wirksame Unterstützung die Diener der Kirche der Staatsgewalt leisten durch deren Unterstützung im Kampfe wider die Feinde aller staat- lichen und gesetzlichen Ordnung, wider die Männer des Umsturzes. Damals, als Crispi so redete, lief ihm das Wasser zum Mund hinein. Er mußte einsehen, daß Alles aus Rand und Band gehen würde, ivmn nicht die reli- giösen Gefühle noch tief lind stark ini Herzen des Volkes wurzelten. Crispi ließ es bei diesen Worten bewenden. Er ließ ihnen keine entsprechenden Taten nachfolgen. Wenn Crispi in irgend einem Stücke ein Held geivesen ist, so war er ganz sicher ein Maulheld. Der Kardinal Erzbischof von Neapel hatte zur Zeit der Cholera und der Hungersnot sich als ein zweiter Karl Borroinäus be- wiesen und das Volk verehrte in ihm einen Heiligen. Unter dem Eindruck dieser Volksstimmung hat Crispi seine Rede gehalten, die damals großes Aussehen erregte. Aber aus dem früheren Kirchenfeind ist darum noch keines- wegs ein reumütiger und bekehrter Sünder geworden. Seit dem Rücktritt von Crispi sind schon zahlreiche Stimmen laut geworden, welche verlangen, daß Italien sich vom Dreibund lossage. Der dermalige leitende Staatsmann Rudini ist ein entschiedener Anhänger des Dreibundes und er hat betont, daß er in dieser Bezieh ung die Politik seines Vorgängers befolgen werde. Dieses Wort fällt um so schwerer in's Gewicht, weil Rudini sich in anderer Richtung gegen die Crispi'sche Politik mit aller nur wünschenswerten Entschiedenheit und sogar mit einer eigentlichen Heftigkeit ausgesprochen hat. Rudini ließ in seinen im Parlamente gehaltenen Reden ein strenges, aber keineswegs ein allzu strenges Gericht über Crispi und seine Kollegen und Helfershelfer ergehen. Ain Dreibund aber will er festhalten. Gleichwohl ist die Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlossen, daß Italien allmählig eine Annäherung an Frankreich sucht. Ein französisch-italienisches Bündnis wäre im Grunde genommen weit natürlicher, als die Allianz Italiens mit Deutschland und Oesterreich. Gewichtige handelspolitische Interessen weisen Italien auf Frankreich hin. Der Dreibund er- freut sich in Italien weit mehr der Sympathien der tonangebenden Kreise, als derjenigen der breiten Schichten des Volkes. Deutsche und Italiener haben sich sonst zu keiner Zeit der Geschichte besonders gut niit einander vertragen. Einen warmen, wohl den wärmsten Freund besitzt der Dreibund in Italien an der höchsten Stelle. Dieser Freund ist kein geringerer als König Humbert. Dieser ist durchaus kein Freund der Franzosen, wohl aber ist er ein persönlicher und sehr entschiedener Freund des deutschen Kaiserhauses. Der König ist jedoch in Italien nicht der maßgebende Mann. Es wird ihm auch äußerst schwer fallen, den Friedensvertrag mit Menelik abzu- schließen und zu unterzeichnen. Er wollte nicht Frieden schließen, bevor die Ehre der Armee durch eine siegreiche Waffenthat gerettet sei. Aber die Macht der öffentlichen Meinung und die Gewalt der Thatsachen sind stärker als der Wille des Königs. Er wird Frieden schließen müssen, ohne daß die Scharte von Adua ausgewetzt sein wird. Zweifellos mußte Italien dem Dreibund gewaltige Opfer bringen. Es mußte die Armee zu heben und auf einen kriegstüchtigen Fuß zu fetzen trachten. Das hat ganz wesentlich dazu beigetragen, daß die Finanzkraft des Landes nicht nur geschwächt, sondern erschöpft wurde. Das ist allerdings nicht ausschließlich der Stellung Italiens zum Dreibund, sondern zu einem bedeutenden Theil dem Größenwahn lind der Großmannssucht zuzuschreiben, welche die italienische Politik in so verhängnisvoller Weise be- herrscht haben. Aber unvolkstümlich mußte der Dreibund werden durch die riesigen Summen, welche das Heer ver- schlang. Italien vermag es eigentlich nicht mehr, Krieg zu führen, iveil es seine finanziellen Hilfsmittel in den Tagen des Friedens für die Herstellung einer kriegswich- tigen Armee aufgezehrt hat. Das heißt man, den Zweck ' dadurch veruniuöglichen, daß man seine Kraft opfert, um sich das Mittel zu verschaffen, durch das man den Zweck erreichen wollte. — Uebrigens stehen wir an, Vorabend der Zarenkrönung und mehr als je spricht heute Rußland ein maßgebendes Wort in der europäischen Politik. Der nordische Despot trägt nicht nur die Geschicke seines un- ermeßlichen Reiches, sondern beinahe diejenigen von ganz Europa in seiner Hand. So herrlich weit haben es die europäischen Staatsmänner am Ende des neunzehnten Jahrhunderts mit ihrer Politik gebracht. Es ist dies traurig, aber wahr. Eidgenossenschaft. — *J-a wohl, sie haben heilig Recht, die radikalen Blätter, wenn sie mit hohem Wohlgefallen die konser- vative Meinungsäußerung abdrucken, man solle konser- vativer Seits sich stets nur auf die Verwerfung und Verteidigung beschränken. Mit diesem chinesischen Zopf bringen wir es dann allerdings so weit wie die Chinesen. Eine belagerte Festung muß früher oder später gewiß kapitulieren. Das beständige Neinsagen bedarf aller- dings absolut keiner Geistesanstrengung, aber eine Partei, die nichts Positives und Praktisches zustande bringt, verliert im Volke ganz gewiß an Boden. Ist denn unsere Bundesverfassung ein solches Kleinod, daß wir es wie ein Heiligtum zu hüten haben? Wie ohnmächtig wären wir ohne die VolksrechteI Der Mißerfolg beim Beutezug" beweist nur, daß man weniger unter fpezi- fisch konfessioneller Flagge segeln und bei einem künf- tigen Vorstoß taktfester operieren soll. Der Radikal- ismus ist sehr im Krebsgang, aber sein größter Trost ist der Mangel an Eintracht im konservativen Lager. Diese jämmerliche Zerfahrenheit nimmt aber zu, bis wir uns frisch und fröhlich unter eine positive Fahne schaaren. Verständige Leute schmieden das Eisen, während es warm ist. Was die eidgen. Behörden neuerlich dem Volke geboten haben, würde sich kein Fürst in einer kon- stitntionellen Monarchie gefallen lassen. Wir waren nie Freund einer verwegenen Politik, aber ewe halt- und gehaltlose Zersplitterung und der absolute Mangel an zielbewußter Tatkraft ist die schlimmste Strategie. Und warum hat man denn diese doktrinären Bedenken gegen die Wahl des Bundesrates durch das Volk? Können wir eS denn weniger weit bringen als in den letzten fünfzig Jahren? Ist es denn ein Unglück, wenn Parla- ment und Bundesrat nicht mehr Arm in Arm in rück- sichtsloser Selbstüberschätzung den Volkswillen in die Schranken fordern? Wer ist konservativer, die Parla- mentsrnehrheit. die jeweilen in der bundesstädtischen Ath- mosphäre von Woche zu Woche radikaler wird, oder das steuerzahlende, sparsame, arbeitsame Schweizervolk? Wir sind leider auch der Ansicht, die konservative Or- ganisatiou bringe es vor larter Für- und Widerrede und vor lauter Rivalitäten zu keiner Akt!on, Darum