Dremnddreißigfter Jahrgang. ObmUimr Volksftmnd -H. Abonnement (bei sämtlichen Post-Bureaux) Ehrlich (franko durch die ganze Schweiz) . . Fr. 5 — halbjährlich 2.50 bei der Expedition abgeholt jährlich..... 4.20 halbjährlich . . „ 2.10 Druck und Expedition: WuchdrucKerei Jos. Müller. Sarnen. M 52. Tarnen, Mittwoch, 1. Juli 1903. Einrücknngsgebühr für Obwalden. Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum . 10 Rp, Bei Wiederholungen 8 „ Kür Inserate vo» auswärts Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum . 15 „ Bei Wiederholungen 10, «rati-.Beilage: Illustriertes „^onntagsßsatt". Inserate von Auswärts nehmen für uns entgegen die Annoncen-Expeditionen der Herren Haasenstein A Vogler, Rudolf Rosse und vrell Kühlt & CW. in Bern, Zürich, Luzern Basel. Lausanne, Genf. Berlin, Leipzig, Dresden, München. Hamburg. Frankfurt a. M., Strahburg und Wien. m. Äus dem Nationatrate. Während der letzten Sitzungswoche kam der Ge- fchäftsbericht zur Verhandlung. Der Bundesrat deutet in demselben den Gang der Geschäfte des verflossenen Jahres in den verschiedenen Departementen kurz an und meldet etwas eingehender die wichtigsten Vorkommnisse. Der Geschäftsbericht ist ein Buch von über 800 Seiten. Wer einmal gedenkt. National- oder Ständerat oder gar Bundesrat zu werden, der lese dieses Buch. Er kann sich on das sog. Bundesdeutsch gewöhnen und für sein künf- tiges Amt die nötige Geduld einüben. Im Vordergrunde des Interesses lag diesmal die Be- Handlung der aus Frankreich in die Schweiz eiogewander- ten Ordensleute. In Frankreich hat nämlich die dortige Jakobiner-Regierung ^Tausende von Klosterleuten einfach zu den Klöstern hinausgeworfen. Davon sind nun einige in die freie Schweiz gekommen, besonders nach Wallis und ins Waadtland. Dort hat man sie gut aufgenommen; sogar die Protestanten fürchteten sie nicht und meinen, Mönche und Nonnen sollten wenigstens ebenso gut das Recht haben in der Schweiz zu leben, wie einst die französischen Kommunarden und anderes Gesindel, dem die Schweiz Asyl gewährt. Da haben sie sich aber geirrt. Der Bundesrat ist von gewisser Seite gestupst worden: „Fort mit den Mönchen und Nonnen, hat es geheißen, fort mit ihnen, sonst sind Aufklärung und Freiheit in Gefahr!" Und die Heuernte auch, hätten sie beifügen können, denn der aargauische Klostermetzger Augustin Keller hat einmal gesagt: „Wo der Schatten eines Mönches hinfällt, wächst kein Gras mehr." Das hat den Bundesrat mögen. Er hat mit Mehrheit beschlossen: Diese Klosterleute leben im gleichen Hause, beten gemein- sam, gehorchen einem Obern, erziehen gemeinsam Kinder, welche meist französische Eltern ihnen anvertraut haben. Sie haben also neue Klöster errichtet und das ist nach Art. 52 der Bundesverfassung verboten. Sogar die Protestanten haben darüber den Kopf ge- schüttelt. Daß die Jesuiten Bockfllße haben, das glauben sie am Ende noch. Der in Zürich erscheinende „Protestant" und der „Distelikalender" und andere „Aufklärungs-Lite- ratur" erwecken ihnen ein gelindes Grausen auch vor deu anderen Mönchen und Nonnen. Aber daß man es mit einem Kloster zu tun hat, wenn ein halbes Dutzend ver- folgter Brüder in einem Privathause im gleichen Kessel ihre Erdäpfel sieden und gemeinsam den Rosenkranz beten, das glauben sie doch nicht. Aber der Bundesrat, gedrängt durch die Spitzen der Freisinnigen, tat, als ob er es glaube. Er begründete seinen Beschluß, daß die Ordensleute innert 3 Monaten das Land zu v'.rlassen haben, auf eine Art und Weise, daß aus gleichen Grün- den alle seit 1874 in Spitälern oder Waisenhäusern- nie- dergelassenen Schwestern, wenn den Radikalen wieder ein- mal schlechte Laune ankommt, vertrieben werden können. Häuggi (Soloth), Dr. Decurtius und Dr. Schmid protestierten denn auch im Rate gegen eine solche Auf- fassung feierlich. Sie machten auf die Ungerechtigkeit einer solchen erweiternden Auslegung der Bundesverfassung auf- merksam und betonten, daß die Diakonissineu und Rot- kreuzschwestern nichts anders seien als protestantische Kon- gregationen, die sich von den katholischen Kongregationen wesentlich kaum unterscheiden. Kein Mensch denke daran, auf dieselben die Bundesverfassung anzuwenden. Die Bun- desversassung rede überhaupt nicht von Kongregationen, sondern nur von Orden. Bundesrat Brenner meinte aber, Kongregationen und Orden unterscheiden sich nicht von einander. Der Bundesrat habe viel Rücksicht walten lassen und sei darum sehr getadelt worden. Dr. Heller, Luzern, ließ durchblicken, der Bundesrat sei nur zu schwachmütig vorgegangen, man wolle mit ihm nächstes Jahr darüber ein Wörtlein reden. Der Herr Stadtpräsi- dent von Luzern hat halt ganz eigene JnterpretationSregeln. In der Frage, ob das Rößlispiel im Kursaal zu Luzern ein durch die Bundesverfassung verbotenes Glücksspiel sei, muß ihm die Bundesverfassung mit schier gewalttätiger Einschränkung ausgelegt werden. Für die Frage aber, ob Schnl- und Krankenschwestern verbotene Orden und das erste beste Wohnhaus, in dem solche zusammenleben, ein Kloster sei, will er möglichst weitgehend auslegen, damit ja nicht der Anblick einer Kutte sein aufgeklärtes Auge beleidige. Nachdem Attentäter, Anarchisten, Königsmörder. Revolutionäre aller Art in der Schweiz ungestört sich tummeln können, wäre es an der Zeit, einmal die Klo- ster-Artikel der Bundesverfassung, welche ein Hohn auf die Freiheit sind, abzuschaffen, dann werden auch solche nnsiunige Interpretationen nicht mehr die amtlichen Erlasse des Bundesrates verunzieren. Beim Polytechnikum in Zürich muß, wie der ehemalige Professor und nunmehri- ger Nationalratspräsident Z s ch o k k e auseinandersetzte, auch nicht alles klappen. Ein etwas beschränkter, mehr und mehr vom idealen Schwünge abgewendeter Geist herrsche dort. Prof. S p e i s e r beklagte, daß man von dort aus an den Mittelschulen herumnörgle, bis diese auch noch verpfuscht seien. Selbst Bundesrat Ruchet mußte zu- geben, daß es notwendig sei, gründlich auf Abschaffung einiger Uebelständ zu dringen. Die Eidgenossenschaft hat von französischen Finanzleuteu das Angebot erhalten, ein Bundesanleihen von 600 Mill. Franken zu 3 Prozent Zins abzugeben. Der Nationalrat hat dem Ständerat zugestimmt, obwohl sich Stimmen geltend machten, die da fürchteten, es möchten nun viele Gelder von Witwen. Waisen und gemeinnützigen Anstal- ten am Zinsfuß einbüßen. Da meinten halt andere, die Schweizer vermögen noch lange nicht, ihr Geld zu 3 Prozent anzulegen, nicht einmal zu 3l/2 Prozent. Die eidgenössischen Obligationen gingen dann doch ins Ius- land und die Herrn Banquiers würden sich nur schmun- zelnd ein schönes Aufgeld einstreichen, aber am aller- wenigsten hätten die Witwen und Waisen davon. Darum solle die Eidgenossenschaft das Geld nehmen, wo sie es am billigsten bekomme. Industrie und Landwirtschaft ge- winnen dann auch wieder, indem durch dieses Aolehen indirekt der Zinsfuß im allgemeinen etwas gedrückt werde. Am letzten Tag entwickelte sich zwischen den beiden Räten noch ein Konflikt, der in einer Art und Weise ausgefochten wurde, die man im gewöhnlichen Leben „Küchli" nennt. Der Nationalrat fand, es sei beim jetzigen Stand der Geschäfte eine Herbstsession not- wendig. Die Mehrheit der Ständeräle meinte, es könne einem noch verleiden zu essen, geschweige denn über ein Vierteljahr in Bern zu sitzen, zu Hause warte ihrer wichtigere Arbeit und verweigerte die Zustimmung. Das Geschäft wurde hin und her geschoben, bis der National- rat endlich beschloß, mehr als der dritte Teil seiner Mit- glieder verlange eine außerordentliche Session, das genüge und dabei bleibe es; der Bundesrat möge die Ver- sammlung zur gutscheineuden Zeit einberufen. Der Na- tionalrat zählt eben 160 Mitglieder. Viele davon können gar wohl reden und tun es gerne; jede vorbereitete und nicht gehaltene Rede macht aber bekanntlich grausam Herz- und Magendrücken. Das sollten die Herrn Ständeräte auch wissen. Ihrer sind blos 44, darum können sie den Rede- drang in kürzerer Zeit stillen: Ein humaner Bürger hat aber auch ein Herz für die Bedürfnisse seiner Mitmensch:«. Man könnte das Redefieber zum großen Teil heilen, wenn man entweder das stenographische Bulletin abschaffen, oder jedem Ratsherrn erlauben würde, Reden, die er nicht halten konnte, im Bulletin abdrucken zu lassen. Die Sitzungen würden dadurch bedeutend abgekürzt und i>er Geist derselben bliebe der Nachwelt doch aufbewahrt. Einen sehr angenehmen Abschluß hat die Sommerses- ston der Bundesversammlung dadurch gefunden, daß die beteiligten Gemeinden des Kantons Graubündten und die dortige Regierung die sämtlichen National- und Stände- räte an die Eröffnung der Albulabahn ins En- gadin einlud. Damit wollten die guten Bündner wohl zeigen, wie sehr sie von der Großmut, welche der Bund durch die Subvention der rhätischen Bahnen bewies, entzückt sind. Das Wetter war herrlich und die Bündtner ohne Zweifel, recht liebenswürdig. Das stimmte die Herren Bundesväter so weich, daß sie dann selbst für ein recht hohes Nachsubventionsgesuch nicht taube Ohren haben werden. Die Politik ist halt eine feine Kunst! Eidgenossenschaft. — Schweiz. Katholikentag. Im Anschluß an die bereits in letzter Nummer gebrachte Notiz über Zeit und Ort der Abhaltung des Katholikentages lassen wir heute das gesamte osfizielle Programm folgen! Leitung: Präsident: Dr. Pestalozzi-Pfyffer. I. Vizepräsident: Hochw. Hr. Pfr. Schmitt. Männedorf; II. „ Hr. Großrat G. v. Montenach, Freiburg; III. „ Hr. Nationalrat Motta, Airolo. Schriftführer: 1. Herr stud. Cagianut (Präs. d. Schweiz. Stud.-Vereins); 2. Hochw. Hr. Pfarrer Peter, Triengen; 3. „ „ Dr. Helg, Altstätten. Es werden zwei öffentliche Generalversammlungen (von je ca. 3 Stunden Länge) abgehalten werden; die erste Sonntag nachmittags 2 Uhr. die zweite Montag nachmittags um 1 Uhr beginnend. Die Bezeichnung der Lokalitäten für diese Versammlungen ist dem Lokalkomitee in Luzern übertragen. Sonntag vormittag von 10—12 Uhr und Montag vormittag von 8—11 Uhr finden Sektionsversammlungen statt. Für Vorträge in den öffentlichen Generalversammlungen sind folgende Themata ndd Redner vorgesehen: Sonntag: 1. Eröffnungswort durch den Präsidenten des Lokal- komitees; 2. Die Stellung der Katholiken zu den sozialen Fragen in der Schweiz. Hr. Prof. Dr. Beck. Freiburg;