Erscheint §ttittuio<1| uub famstng Obwaldner Volkssreullö. W»m»e«e«t»prei»: FSr die Schweiz, jährlich Fr. 6.50, halbjährlich Fr. 3.40; spesenfreie Ein- zahlung aus Postscheck-Konto VII/1V8S« JnserationSpreiS: Für Obwalden die einspaltige Petitzeil« 12 Cts., für auswärtige 17 CtS, Wieder holungen Rabatt. Meistgelesenste» Blatt in Obwalden. Druck und Expedition! Louis Ehrli, Tarne«. - Telephon Nr. S2. Majorz und Proporz. Freinde Wörter, unverständlich für biete. Du bist stimmfähiger Schweizerbürger. Nächstens mußt du dar" über abstimmen, ob der Proporz bei den Wahlen in den Nationalrat eingeführt werden solle oder nicht. Da bist, du verpflichtet, dich über das Wesen desselben belehren zu lassen, sofern du' damit noch nicht bekannt sein solltest. Nur nicht erschrecken, es ist nicht schwer. Wenn z. B. bis jetzt ein politisch recht leidenschaft- licher Kanton sechs Nationalräte zu wählen hatte, so war folgendes möglich. Gesetzt es seien 12,700 Wähler; da-, von 6500 radikale und 6200 konservative. Nach der gegen-, wärtig geltenden Wahlart konnten die Radikalen alle 6 Mitglieder wählen und die konservativen keinen einzigen. Nach langen Verhandlungen und mit der Miene des Mit-, leides gaben sie der gewaltigen Minderheit einen oder zwei Vertreter, damit sie sich einigermaßen ruhig verhalten und ihnen doch nicht gar zu viel Opposition machen. Aber zu einer den Stimmv rhältnissen entsprechenden Vertretung gab die Mehrheit nie ihre Zustimmung. So war es in vielen Kantonen; unsere Leser haben diese Klagen ja oft vernommen. Die brutale Mehrheit herrscht da; eine solche Wstimmungsweise nennt man den Majorz. Majorität heißt Mehrheit; die Minderheit ist majorisiert worden, und das ist nicht gerecht und billig. Dagegen will man den Proporz einführen. Die Par-> teien sollen im Verhältnis ihrer Stimmenzahl — pro'pvr- tional — vertreten sein. Es würden also in unserm obigen Beispiele beide Parteien die gleiche Mitglieder- halten; sie würden im Verhältnis ihrer Wähler, also proportional, vertreten sein. Ein anderes Beispiel: Gesetzt es seien 1200 Stimmende und diese haben 5 Vertreter zu wählen. Partei A, radikal, habe 490Mit- glieder, Partei B, konservativ, 410 Mitglieder, Partei C, Sozialisten, 300 Mitglieder. Da im ersten Wahlgang der Kandidat 1 Stimme über die Hälfte der Stimmenden, also 601 Stimme, haben müßte, wird kein Resultat her-, auskommen. Und wenn im zweiten Wahlgang die Minder-- heitsparteien sich nicht verbinden, so wird die Mehrheits- Partei alle Sitze erhalten. Das ist der Majorz. Nun der Proporz. Nach demselben trifft es' auf die radikale Partei 2, die konservative Partei 2 und die sozialistische Partei 1 Vertreter. Vorteile: Es muß nur einmal abgestimmt werden; es erhält jede Partei eine Vertretung, die zu ihrer Stim-, menzahl in richtigem .Verhältnisse steht; das unwürdige gegenseitige Markten und sich hinters Licht führen hört LÜs. "E?"ist das eine Wahlart, die in großen Kantouen längst für die Wahlen in die Großen Räte, mit dieser oder jener kleinen Abänderung angewendet wurde. Nirgends, wo hat viel zur Milderung der Parteikämpfe beigetragen. Schon seit Jahren verlangte man die Proportionafwahl auch für den Nationalrat, und in einigen Wochen hat das Volk sich zu entscheiden, ob es' mit diesem Vorschlage ein-, verstanden ist. Wir werden für Annahme stimmen, ob- wohl der Artikel uns nicht direkt beschlägt; denn die Einerwahlkreise wählen wie bisher. Wir haben aber von den aufregenden Kämpfen in den großen Kantonen genug böse Früchte gesehen und helfen daher gerne, durch die Pro-, porzwahl dieselben mildern.. 70 SKamst-« 7• 1918 Ich habe klar auseinandergesetzt, daß die fortschreitende Ermüdung der Mannschaften eine Gefahr für die Sicher- heit des Abschnittes' bilde. Nichts weniger zwingt uns! die Pflicht dem Vaterlande gegenüber, unsere letzten Kräfte einzusetzen für die Erfüllung der schweren Aufgabe, hie uns auferlegt wurde. Wir dürfen nicht vergessen, daß unser Vaterland in schwerer Gefahr ist, und es ist unsere Pflicht, es zu retten." ' Ja — aber rettet über euer Land hinweg euch alle die Menschheit! Möchte an dem' Ungeheuren des Schlacht-- geschehens alles zerschellen und verschwinden, was durch Täuschuugs'versuche, Haß und nackte Gemeinheit die Tra-, gik der Weltlage entwürdigt! Möchte die ernsthafte öffent* liehe Meinung der Welt endlich den Kern des Konfliktes' er-, fassen: das Allgemeine in dieser Kulturverfagnng, die gei- stige Not, die da als! etwas allen Gemeinsames ainsfließt in ein ungeheures', trauervolles Lebensphänomen. Dar- über täuschen all die Meldungen von den Kriegsschau-- Plätzen mit ihrem Vorrücken und Zurückweichen, mit ihren Gewinnen und Verlusten nicht hinweg: es geschieht auf Kosten der Menschheit, die nur als geschlossene Einheit sich wieder wird erheben und dauernd oben behaupten können. Die Kriegslage. Wie das furchtbare Ringen der Völkerheere im Westen sich weiter entwickelt und in schier Unfaßbares steigert, denkt man vom erreichten Höhepunkt des' furchtbarsten Schauspiels sprechen zu dürfen; aber immer wieder ist er-, neute Ausweitung der Anstrengungen und Opfer möglich. Auf alle Fälle hat die Phantasie ihr Aeußerstes zu leisten, soll sie einer Vorstellung von den Wirklichkeiten der Schlachten dieser Tage auch nur annähernd gerecht werden. Es wird auf allen Seiten Uebermenschliches an Kräfte-, ausgebot, an Aufopferung, an Wehr und Gegenwehr ge- leistet, und wenn man etwa nach Tradition aus älteren und ganz alten Zeiten sich auch heute deiN Gedanken Hin-, geben dürfte, solche Erweise der Krafthöchststeigerung, der Ebenbürtigkeit in kriegerischer Tüchtigkeit, würde eine Ent- ladung der Lage in allseitig befriedigte Gefühle der Rit--> terlichkeit und sich gegenseitig ehrenden Abschlusses! herbei-, führen, so — freilich, tvae> soll Romantik sich in dieses wilde Zeitbild mischen? Es' schweigen diese Saiten, die Schlachten toben weiter, und die Menschlichkeit verhüllt ihr Haupt. Amerikanische Stimmen tönen über den Ozean herüber: Nieder, ganz und gar! Und kein Licht dringt durch das Gewühl der Vernichtungen! Die Ententeoffensive wälzt sich weiter, unaufhaltsam vorwärts': Roye, Bapaume, Noyon, Nesle, Ehaulnes, die feit Jahren wiederholt so Ijeiß umstrittenen Städte Nordfrankreichs, find in ihre Hand gefallen. Nesle, Roye und Ehaulnes waren Verteidigungspfeiler im Gebiet zwi- fchen Somme und Oise. Von der Region von Arras! bis! hinunter zu den Gebieten, welche die Ailette, der Oise strebend, durchfließt: eine einzige, zusammenhängende Schlachtfront, ein Angriff am andern sich entzündend, allerorten ein Aufbranden der Heere widereinander, nur im gigantischen Meeressturm sein entsprechendes Gleichnis findend! Ansturm über Ansturm — das letzte seelische und physische Vermögen der Kämpfer wird hüben und drüben an Wehr und Gegenwehr eingesetzt. Reuter ver-> össentlicht einen im' Angriffsgebiet zwischen Oise n. Somme aufgefundenen Befehl eines deutschen Bataillonskom- Mandanten an seine Leute, den man als' Dokument all-? gemeiner Zustände in den Schlachterfordernissen mit Er-, griffenheit lesen wird: „Jeder Mann im Bataillon darf überzeugt fein, daß ich vollständig auf dem Laufenden bin über den schrecke lichen Zustand der Leute. Ich verstehe es! voll- kommen und habe dem Oberkommando Bericht erstattet. Schweiz. Zur Butterrationierung. Wir lesen in der „Thurg. Zeitung": „Es ist doch eigentlich eine bedenkliche Erschei- nung, daß im ersten Milchland Europas die Butter heute teurer ist als in Paris', das' hart an der Front im Feuere bereich der Kanonen liegt. Nach dem neuesten Pariser Marktbericht sind dort die Butterzufuhren reichlich und die Preise bewegen sich zwischen Fr. 6.— und 6.50 das! Kilo. Und in der Schweiz genügt ein amtlicher Butter-, Höchstpreis von Fr. 7.80 nicht, die Butterversorgung zu sichern und die wucherische Spekulation unmöglich zu machen. > Die Grippe als! Erbübel des Krieges. Aus Aerzte- kreisen heraus' hört man jetzt die Ansicht vertreten, die Grippe werde so wenig mehr ganz verschwinden, wie Masern, Scharlach 2c. Sie bleibe uns als' Erbübel des Krieges und werde für alle Zeit unter unserm Volke seine gelegentlichen Opfer fordern. Schweizer in amerikanischen Diensten. Ein Einfied-, ler Bürger, der bei den amerikanischen Truppen als Frei- williger dient, resp, für einen andern in dieselben ein- getreten ist, schickte seinen-Eltern den Versicherungsschein von 10,000 Dollars! (= 50,000 Franken). — Frage: Wo ist! in dem an der Spitze der Kultur (?) marschierenden Europa ein Heer zu finden, welches' das' Leben eines mu-i tigeu Soldaten so einschätzt? Angesichts dieser Tatsache ist es bemühend, zu konstatieren, daß! es in der Schweiz schon Fälle gegeben hat, wo die Hinterlassenen von der-, uuglückten oder im Dienste dauernd krank gewordenen Soldaten vor alle Instanzen kriechen mußten, um dann schließlich — nichts! zu erhalten? Kleines IeuMeton. Die Tragik der Bomben. Eine schwüle Sommernacht lagert über den Baracken der deutschen Kriegsgefangenen bei Troyes. Der Traum alsl wunscherfüllender Erlöser tritt ein und führt die Un- glücklichen weit weg von den Türmen der alten französi- fchen Bischofsstadt in die liebe Heimat zu Vater und Mutter, zu Weib und Kind. Warum sollen sie diesen Traum nicht träumen? In ihrer Lagerzeitung haben sie gelesen, daß ein Gefangenenaustausch im Großen be- vorsteht; für manchen wird also schöne Wirklichkeit wer- den, was er träumt — — — Ein furchtbarer Krach!!! Flammen und Rauch erfüllen die niedern Baracken, und Schreckensrufe und Schmerzensschxeie erfüllen die Luft. Das Entsetzliche ist geschehen: ein deutscher Kamerad, hoch in den nächtlichen Lüften schwebend, hat Bomben fallen lassen. Nachdem die erste Verwirrung sich gelegt hat, werden die Opfer aus' den Trümmern geholt und ge* yählt: 94 tote und 74 verwundet« deutsche Gefangene... Ein anderes Bild: Durch die sommerlich strahlende Ebene des badischen Unterlandes! fährt ein Eisenbahnzug. Seine Passagiere sind Evakuierte auÄ dem kriegsvernM steten Nordsrankreich» alte Leutlein, Frauen und viele kleine Kinder. Sie sind auf der Reise nach dem sran^ zösischen Vaterland und zählen die Stunden und Minuten bis' zur Ankunft im gastfreundlichen Bafel — bis ihnen eine Detonation Hören und Sehen vergehen macht. Nur für einen Augenblick! Dann öffnen sich die Wagentüveu, alles' springt hinaus und schwenkt, was es! schwenken kann, Windeln, Taschentücher zc. ic. Der Flieger, der die erste Bombe geworfen hat, scheint etwas! zu merken, und fliegt weiter. Die Zugsinsassen sind mit dem' Schrecken davon-i gekommen, der noch in Basel in ihren Erzählungen nach-i zittert. Sie können dann in den Zeitungen lesen: Reuter meldet aus London: Mitteilung des' Flugdienstes. Der Bahnhof von Offenburg wurde am 22. Juli mit Bomben angegriffen. Auf den Rangiergeleisen wurden Explosionen beobachtet. , Ein drittes Bild: An einem sonndurchstrahlten Sonn--, tagmorgen kreisen französische Flieger über Frankfurt. In, sonntäglicher Stimmung eilt Ajlt und Jung hinaus in Gottes schöne Natur. — Eine heftige Detonation! Die Flieger haben Bomben abgeworfen, und einige Wohn^ Häuser bersten auseinander. Auch das Gefangenenlager wird von Bomben durchsiebt. Die englischen Offiziere — 40 an der Zahl — ergehen sich 'gerade im' Freien, innert halb' des Lagers«. Ein« Bomb? kracht mitten in die OfsM ziersgesellschaft hinein, prasselt explodierend ihren t-ot-, bringenden Inhalt mitten in die erschrockene Schar. —> Ein tragisches Geschick: 18 Offiziere fallen sofort tätlich getroffen nieder. Die übrigen 22 sind von Bombensplit-, tern so schwer verletzt, daß die wenigsten mit dem Leben davonkommen werden. Der Eindruck dieser drei wahren Parallelerzählungen ist erschütternd. Kriegswütriche werden sagen, es sei ein böser Zufall, daß der deutsche Flieger deutsche Gefangene und die Ententeflieger Ententezivilisten gefährdete und Ententeoffiziere getroffen habe; in beiden Fällen hätten es ebensogut Gegner sein können. Wer wären die Vor- fälle im Grunde weniger grausig, wenn in Troyes statt des Deutschenlagers das sranzösische Lehrerinnenseminar und in Offenburg' und Frankfurt statt des französischen EvakuiertenzugeÄ und die 40 englischen Offiziere deutsche Mädchenbildungsinstitute getroffen worden wären? Uns scheint, die Schändlichkeit der Fliegerbarbarei hinter der Front sei in der tragisch-grausigsten Weise hier zu Tage getreten. Warum wird dem Wahnsinn der Fliegerbombar- demente immer noch kein Ende gemacht in einer Zeit, wo. der Erfolg der Gefangenen- und Geiseln^Austauschver- Handlungen doch immerhin zeigt, daß die Stimme der Vernunft noch nicht ganz machtlos geworden? — r— }