Möiier Katholisch-konservatives Organ Wöchentlich« Beilage«: „Obwaldner Pfarrblatt" • „Famlliex-Beilage" • BuirSstubli' 3n|ertionspr-iS: FürObwalden"die"einspaltige"mlllim 7 Rp., für die übrige Schweiz 8 Rp., Reklamen 20 Rp. Bei Wiederholungen Rabatt. «-daktion- »bonnementspreis: Für di« Schweiz jährlich Fr.1V.-, halbjährlich Fr.5.M; Placierungsvorschriften «erden abgelehnt Ludwig von MooS Ausland Fr. 14.50 jährlich. — Spesenfreie Einzahlung auf Postscheckkonto VN 1085. Ä 8™B^ •— Samstag^den^li^Iktobcr 1940 Erscheint Mittwoch an» Samstag Siebzigster Jahrgang — Rr. 84 Aufruf des Bundespräsidenten, Herrn M. Pilet-Golaz. Gerne braucht man, um die Rolle der Schweiz in dem gewaltigen und unablässigen Kreislauf der Weltproduktion und des Weltverbrauchs zu charakterisieren, das Wort „Ver- edlungsverkehr". Auf unsere Wirtschaft angewandt, bedeutet dieser Aus- druck, daß wir kaum Rohstoffe hervorbringen, daß unser Bo- den an schätzen arm ist, daß wir anderseits aber mit Freude gewillt sind, das Rohprodukt in den fertigen Gegenstand um- zuwandeln. Doch kann der Ausdruck auch einen höheren Sinn haben. „Veredeln" bedeutet vervollkommnen, es heißt aber auch edler gestalten. Das will sagen, daß das Schweizervolk durch seine Anstrengung, durch seine Energie, wofür die Wochen vom 19. Oktober zum 2. November zahlreiche und mannigfache Beweise liefern werden, die träge Materie auf eine höhere Stufe bringt, die rohe Substanz hebt, verschönert, seinen Schweiß — bisweilen sein Blut — stets seine Seele und sein Wesen damit vermengt und sie so veredelt. Indem es der Arbeit des Landes die Wochen vom 19. Oktober zum 2. November widmet, will das Schweizer- Volk kundtun: daß die menschliche Arbeit die Hauptguelle allen Reich- tums ist; daß die menschliche Arbeit die Erzeugnisse der Erde ver- edelt, seien sie aus ihrem Innern zutage gefördert oder an ihrer Oberfläche gebaut; daß es die Materie zu beseelen strebt, mag es sich um die einfachste Produktion oder um das erhabenste Kunstwerk handeln; daß die Arbeit eine der stärksten Aeußerungen unseres nationalen Wesens ist; daß wir der Arbeit nicht nur unsere materiellen Güter, sondern auch unsern Ruf in der Welt verdanken. Ehren wir die nationale Arbeit. Wir tun damit ein Werk der Solidarität und der Vaterlandsliebe. Die Schweizerwoche. (Eing.) Das diesjährige Plakat der Schweizerwoche entspringt wohl dem Gedanken, an unsere Wehrhastigkeit und zeigt in formvollendeter Art, wie unsere Armee die Heimat schützt. Zwei rauchende Hochkamine als Repräsentanten der Industrie und die Kulturen eines Berg- bauernhauses vereinen den Begriff unseres werktätigen, schaffenswilligen Volkes. Hinter ihm steht sicher und bereit ein markanter Schweizersoldat. Seine Schultern heben sich wie ein mächtiger Wald gegen eine brandende Ferne empor. Das ganze Bild erstrahlt im friedlichen Glänze des Schwei- zerkreuzes. Ueber allem heißt es schlicht: „Ehrt einheimisches Schaffen!" Schweizerwoche 1940 Mit diesem Plakat versucht die diesjährige Aktion nicht nur für sich eine geschlossene Kundgebung durchzuführen, sondern will mehr für seine Teilnehmer ernst und eindring- lich werben- Ernst, weil sich alle Aussteller und Käufer des- selben verpflichten, in diesen Tagen einheimische Produkte zu erwerben oder einheimische Arbeit zu berücksichtigen. Ein- dringlich aber, weil die heutige Zeit eine tiefernste Sprache spricht und uns allen ein Wort der Zusammengehörigkeit und der gegenseitigen Abhängigkeit zuruft. Gehen wir daher in diesen Wochen nicht achtlos an den Schaufenstern unserer Ge- schäste vorüber und zeigen wir ihnen, daß wir uns freuen über die sorgfältigen Auslagen, die gute Arbeit und das reiche Lager. Ueber allem sagt uns ja das Teilnehmerzeichen der Schweizerwoche, daß es Schweizerware und Schweizer- arbeiten sind. Man möchte vielleicht annehmen, daß in der heutigen Zeit meistens Schweizerwaren verkauft werden. Doch dem ist leider nicht so, es besteht daher immer noch ein ganz besonderer Grund, die Waren der Heimat und die Arbeit des Landes wieder einmal speziell zu empfehlen. Alle übrigen Teilnehmer an der Schweizerwoche, die weder Verkaufs- noch Versandgeschäfte oder Gewerbebetriebe besitzen, bekunden in- dessen in freundschaftlicher Form ihre Verbundenheit mit unserem Gewerbe und Mittelstand und ihr großes Interesse an dessen Leistungsfähigkeit. Nur von solchen Ueberlegungeu geleitet, vermögen wir den Sinn der Schweizerwoche richtig zu erkennen. So ver- mittelt uns auch das äußere Zeichen, das Plakat, einen blei- benden und tiefen Eindruck. Dieser wachehaltende Schweizer- soldat in seiner ganzen schlichten Größe spricht uns aber nicht nur von Schutz und Wehr an der Grenze, sondern er bietet uns auch vermehrte Berücksichtigung der Arbeitser- zeuguisse des Mitbürgers. Denken wir daran, bevor wir etwas einkaufen, ob wir sicher Schweizerwaren erhalten und ob auch gewiß der Schweizerhände Fleiß dadurch belohnt wird. Mit dieser Bitte: „Ehrt einheimisches Schaffen", ver- bindet sich deshalb noch im besondern ein Wunsch der Schweiz: „Schafft Arbeit im Land!" Auch diese Worte können uns heute nie zu oft begegnen, sie müssen immer wieder hinaus getragen werden in unsere engere und weitere Heimat. Wenn unsere Soldaten für kurze Zeit heimkehren — wenn so man- cher von ihnen seit langem wieder für einige Wochen in sein Geschäft oder ins Gewerbe tritt, wollen wir daran denken, da wollen wir nicht vergessen, daß diese Männer uns seit Monaten geschützt haben, daß sie vielleicht später wieder für lange hinaus ziehen ins Feld zur Truppe und ihren Arbeits- platz wieder leer lassen müssen. Deshalb tun wir für sie, was uns heute möglich ist! Geben wir ihnen bei jeder Gelegen- heit Arbeit und damit Verdienst und Brot für sie und ihre Familie! Daher beherzigen wir die Mahnenden Worte der Schweizerwoche: „Ehrt einheimisches Schaffen und schafft Arbeit im Land!" Th. I. Obwalde« Die Sühne Das Todesurteil an Hans Vollenweider wurde in der Rächt vom Donnerstag auf den Freitag in der Strafanstalt in Tarnen durch Hinrichtung voll- streckt. * Der Kantonsrat, am letzten Mittwochvormittag zu einer außerordentlichen und mit zwei Ausnahmen vollzähligen Sitzung versammelt, die anderthalb Stunden dauerte, hat das Begnadigungsgesuch des vom Obergericht am 12. Okt. 1940 in zweiter Instanz wegen Mordes zum Tode verurteilten Hans Vollenweider abgelehnt. * Die Todesstrafe ist nicht der Ausfluß der alt-heidnischen Auffassung: „Aug um Auge, Zahn um Zahn". Sie entspringt der Notwendigkeit, einen Menschen, der sich gegen die Gesell- schaft in schwerster Weise vergangen hat, auf legalem Wege dem Tode zu überantworten, um eben diese Gesellschaft zu Mes in Kürze Am Mittwoch haben sich etwa 16 Millionen Amerikaner in die Stammrollen eingetragen, um sich ihrem Vaterland für den Militärdienst zur Verfügung zu stellen. Schwere Kämpfe im fortdauernden englisch-deutschen Luft- krieg. In der Nacht zum Mittwoch gewaltige deutsche An- griffe auf London, mit zeitweise rund 1000 Flugzeugen. Der englische Botschafter in Washington, Lord Lothian, hat sich zur Berichterstattung auf die Heimreise begeben und ist in Lissabon eingetroffen. Die für die Versorgung Chinas wichtige Burma-Straße ist durch die Engländer um Mitternacht auf den Freitag wieder geöffnet worden. Die Japaner wollen das nicht dulden. Umbildung der spanischen Regierung. Außenminister Beig- beder scheidet aus der Regierung aus. Serrauo Suner über- nimmt das Autzenministerium. Der Chef der deutschen Polizei, Himmler, trifft am Sams- tag in Spanien ein. Der britische Kriegsminister Eden weilt in Aegypten. schützen. Sie hat den endgültig abschreckenden Charakter, der keiner andern Strafe in diesem Maße zukommt. Sie ist schließ- lich getragen von der christlichen Auffassung von der Strafe als Sühne und in dieser Hinsicht nicht etwa mit histori- schen und Zweckmäßigkeitsgründen zu erklären, sondern als sittliches Problem, das für eine schwere Schuld, eine Schuld wider die Lebensordnung Gottes, auch die schwere Strafe über Leib und Leben erheischt. In diesem Gedanken liegt eigentlich etwas Versöhnendes. Freilich wird gesagt, daß die Verhängung der Todesstrafe über den Mörder nie- mals den Ermordeten seinen Angehörigen zurückgeben könne. Aber durch die Ausfällung und Vollstreckung der Strafe wird gleichsam das Moment der Schuld des Täters seiner Schwere beraubt. Der Effekt der Tat zeigt sich weiterhin als schmerz- licher Verlust und tiefes menschliches Leid, aber ohne irgend- wie von bitteren Gefühlen einer Art Rache begleitet oder überschattet zu werden. Das innere Leben des inzwischen Hingerichteten Mörders Vollenweiders schien für den Außenstehenden jeder menschlich fühlenden Regung zu ermangeln, erst recht jeder ans Ueber- natürliche mahnenden Ueberlegung. Aber wer erforscht die geheimsten Falten eines Menschenherzens? So ist die christ- liche Hoffnung immer noch nicht abwegig, daß auch der Herrgott die Strafe für die Schuld als erbracht ansehen und dem so schwer Gestraften jetzt ein gnädigerer Richter sein möge, als es der irdische Richter sein konnte. -i- Zur Hinrichtung Vollenweiders erfahren wir noch auf unsere Erkundigung hin: Die Hinrichtung erfolgte am Freitag um zwei Uhr mor- gens. Die Zeit wurde strenge geheim gehalten. Den letzten Beistand leisteten die beiden reformierten Pfarrer (Herr Roth aus Alpnach und der Anstaltspfarrer Ruch aus Luzern). Vol- lenweider ging ruhig und in sich gekehrt in den Tod- Er hat 12 Feuilleton Das Fähnlein der sieben Aufrechten. Novelle von Gottfried Keller. (Fortsetzung.) „Ei nun," sagte Karl, „so wirst du ihn gehörig abtrump- fett 1" „Das werde ich auch tun; aber besser wäre es, wenn er gar nicht käme und meinen Papa im Stiche ließe." „Das iväre freilich besser; aber es ist ein frommer Wunsch, er wird sich wohl hüten, wegzubleiben." „Ich habe mir einen Plan ausgedacht, der freilich etwas sonderbar ist. Könntest du ihn nicht heute noch oder morgen früh zu einer Dummheit verführen, daß ihr miteinander Arrest erhieltet für vierundzwanzig oder achtundvierzig Stunden?" „Du bist sehr gütig, mich zwei Tage ins Loch zu schicken, um dir ein Nein zu ersparen! Tust du's nicht billiger?" «Es ist notwendig, damit unser Gewissen nicht zu sehr leidet, daß du das Leiden mit ihm teilest! Was das Nein be- trifft, so wünsche ich gar nicht in die Lage zu kommen, ja oder nein zu dem Menschen sagen zu müssen; es ist schon ge- nug, daß er in den Kasernen von mir spricht. Weiter soll er es nicht einmal bringen." „Du hast recht, mein Schätzchen! Dennoch denke ich den Schlingel allein ins Loch spazieren zu lassen, es dämmert mir ein Projekt auf. Doch genug hievon, es ist schade für die köstliche Zeit und um den goldenen Mondschein! Denkst du dir nichts dabei?" „Was soll ich mir dabei denken?" „Daß wir uns vier Wochen nicht gesehen haben, und daß du heute nicht wohl ungeküßt das Land betreten dürfest." „Willst du mich etwa küssen?" „Ja, ich! aber es eilt mir gar nicht, ich habe dich zu sicher in der Hand! Ich will mich noch einige Minuten, vielleicht fünf, höchstens sechs darauf freuen!" „So so! Ist das nun der Dank für mein Vertrauen, und ist es dir wirklich ernst? Lässest du nicht mit dir nnterhan- deln?" „Und wenn du mit Engelszungen redetest, mitnichten! Jetzt ist guter Rat einmal teuer, mein Fräulein!" „So will ich Ihnen auch etwas vortragen, mein Herr. Wenn du mich heute abend noch nur mit einer Fingerspitze berührst gegen meinen Willen, so ist es aus zwischen uns, und ich werde dich nie wieder sehen; das schwöre ich dir bei Gott und bei meiner Ehre! Denn es ist mir ernst." Ihre Augen funkelten, als sie das sagte. „Das wird sich dann schon geben," erwiderte Karl, „halte dich nur still, ich werde jetzt bald kommen!" „Tu, was du willst!" sagte Hermine kurz und schwieg. Allein sei es, daß er sie doch für fähig hielt, ihr Wort zu halten, oder daß er selbst nicht wünschte, daß sie ihren Schwur bräche, er blieb gehorsam an seinem Platze sitzen und schaute mit blitzenden Augen zu ihr hinüber, im Mondlichte spähend ob sie nicht mit den Mundwinkeln zucke und ihn auslache. „Ich muß mich also wieder mit der Vergangenheit trösten und durch meine Erinnerungen entschädigen," begann er nach einer kleinen Stille; „wer sollte es diesem strengen, fest- geschlossenen Mündchen ansehen, daß es vor vielen Jahren schon so süße Küsse zu geben wußte?" „Fängst du wieder an mit deinen unverschämten Erfin- düngen? Aber wisse daß ich das ärgerliche Zeug auch nicht länger anhören will!" „Sei nur ruhig! Nur noch diesmal wollen wir unsere Betrachtungen rückwärts lenken in jene goldene Zeit, und zwar wollen wir reden von dem letzten Kusse, den du mir gegeben hast, ich erinnere mich der Umstände, als ob es heule wäre, deutlich und klar, und ich bin überzeugt, du desgleichen" Ich war schon dreizehn Jahre alt, du etwa zehn, und schon einige Jahre waren verflossen, ohne daß wir uns mehr ge-