— V. Es ist kein Stillstehen in den Tagen. Des Sommers erste Hälfte war vorbeigefahren. „Wie eine Flucht“ sagten die Alten und wühlten in grauenden Haaren, „schneckenhaft“ meinten die Jungen und gähnten. Im Gafthaus hatten öfters die Gäste gewechselt. Nur der Brauer und seine Tochter waren immer noch da, und vor kurzem hatte sich ein junger Herr zu längerem Aufenthalt eingefunden. Ginter hieß er und trug den Vornamen Leo: als Ingenieur hatte er sich ins Fremden— buch eingeschrieben und gab an, überarbeitet zu sein, weshalb er der Ruhe der Alp bedürfe. Er ging in Lackschuhen und feinem Gewand, mied deshalb die Gänge auf steinigen Pfaden und hielt sich hübsch in der ebenen Alp. Einen Kopf trug er auf schlankem Leib, der ge— schniegelt war wie nur je der eines Stadtgecken; was aber vom natürlichen Gesicht noch übrig blieb, war nicht übel. Das blonde Haar und der gleichfarbige Schnurrbart, auch die blauen Augen, wenn sie das Monocle fallen ließen, gingen an. Siegesgewiß hatte derselbige Jüngling schon in den ersten Tagen seines Aufenthaltes sich zur Aufgabe ge— macht, das Herz der Brauerstochter zu erobern und war — abgeblitzt. Dafür trieb er sich nunmehr an den Hütten von Stegalp umher und schaute nach jungen Mädchen aus. — — In Stegalp war Heuet. Seit einer Woche hatte der Herrgott alltäglich sein Himmelsfeuer mit recht— schaffener Sommerhitze auf die Matten brennen lassen, und die Stegälpler rühmten ihren Kaplan über die Maßen, daß er ihnen so vortreffliches Heuwetter er— betet hatte.