Impressum Herausgeber: Verein Sen titreff Baselstrasse 21 / 6003 Luz ern Büro 041 240 94 79 Treff 041 240 94 71 info@sentitreff.ch / www.sentitreff.ch Redaktion: Nadja R. Buser, Urs Häner, Laura Hei del berger , Susanne Kudorfer, Josef Moser, Mic hael Weber Dru ck: Gamma-Print AG Auflage: 3300 Expl. RÜCKBLICK sentipost nr. 4/15– 8 – Sentitreff und Kunstmuseum arbeiten Hand in Hand In italienischer Sprache wirbt diese Über- schrift auf einem Flyer für die Kunst ge - sell schaft Luzern. Die Kunstgesellschaft trägt das Kunstmuseum rechtlich und hat etwa 2200 Mitglieder. Für 30 bis 500 Franken unterstützen diese das Museum und erhalten dafür Leistungen, wie z.B. freien Eintritt. Mir hat der Begriff einer Kunst-Gesellschaft immer gefallen. Was wäre das für eine Gesellschaft, in der die Kunst den Ton angibt? Nun: Den Spruch «Il museo siamo noi!» hat das Kunst- mu seum leicht abgewandelt von Joseph Beuys ausgeliehen. Wir haben ein Werk dieses Künstlers mit ähnlichem Titel in der Sammlung. Es ist ein mannshohes Selbst porträt und war in der Ausstellung «Von Angesicht zu Angesicht» zu sehen. Beuys schreitet auf dem gedruckten Foto in voller Grösse und Montur mit Filzhut, Anglerweste und Jeans im Stechschritt oder wie eine sehr antike Statue auf die Betrachter und Betrachterinnen zu. Er macht sich auf, geht los. «La rivoluzione siamo noi!» steht handschriftlich unter dem Bild. «Die Revolution sind wir!» Eine Aufforderung zum Handeln, zu Verände - rung. Beuys hat die Grafik in einer Auf - lage von 180 Stück 1972 für eine Ausstel - lung in Neapel produziert. Im selben Jahr war er auch auf der documenta 5 in Kassel – nicht mit einem Kunstwerk im klassischen Sinne, sondern mit einem Büro der «Organisation für direkte Demo - k ratie durch Volksabstimmung». 100 Tage diskutierten Beuys und seine Kollegen mit den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung gesellschaftliche Gestal - tungs fragen der dire kten Demokratie und Möglichkeiten ihrer Verwirklichung. Ein Tag nach Beendigung der Documenta 5 wurde Joseph Beuys von Johannes Rau, dem damaligen Wissenschaftsminister des deutschen Bundeslandes Nordrhein- Westfalen, fristlos als Lehrer der Kunst - akademie Düsseldorf gekündigt. Beuys akzeptierte die Entlassung nicht und leitete mit einer Klage gegen das Land Nord rhein-Westfalen rechtliche Schritte ein. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit wurde die Entlassung 1978 vor dem Bundes arbeitsgericht in Kassel letztlich für ungültig erklärt. «La rivoluzione siamo noi!» von Joseph Beuys war Teil der Ausstellung «Von An - gesicht zu Angesicht» im Kunstmu seum Luzern. Und zu einem Thema dies er Aus - stellung, dem Porträt, hat sich die Kunst - projektgruppe des Sentitreff gebildet. Nadja R. Buser kam mit der Idee auf das Museum zu und hat das Projekt gemein- sam mit Marcel Hörler koordiniert. Ein Ziel war die öffentliche Präsentation der Ergebnisse im Sentitreff, im Kunstmu - seum und an weiter en Orten. Ich war am Anfang und beim Abschluss beteiligt. Die ersten beiden Treffen fan- den in der Ausstellung im Kunstmuseum statt. Wir haben uns Menschenbilder aus un terschiedlichen Zeiten und Ländern angesehen. Die Auswahl erfolgte durch die Teilnehmenden. Wir haben Bilder und Skulpturen betrachtet, die ich selbst noch nicht gut kannte. Ich habe durch die lebendige Diskussion viel gelernt und die vielfältigen Sichtweisen sind mir in Erinne rung geblieben, bis wir uns nach sechs Monaten wieder getroffen haben. Zur Präsentation ihrer Foto-Porträts im Raum für Vermittlung des Kunstmu se - ums waren fast alle Akteurinnen und Ak - teure der Projektgruppe anwesend. Ein - zelne aus der Gruppe kenne ich schon län- ger. Wir haben uns bereits mehrere Aus - stellungen zusammen angesehen, über Kunst gesprochen und auch schon öffent- liche Veranstaltungen gemeinsam reali- siert. Diesmal kamen zu den Menschen und ihren Ansichten noch Bilder: foto- grafische Selbstporträts an Lieblings - orten im BaBeL-Quartier. Sie erzählen von vielem, zum Beispiel von der Flucht aus einem Land. Mir ist vor allem die po - sitive Energie auf den Bildern in Erin ne - rung, die Verbundenheit mit dem Ort, an dem wir leben, mit den Menschen, denen wir begegnet sind, die Verletzlichkeit und Kraft, die in uns steckt. Wer ist das Museum? Sind es die Kunst - werke, die Räume, die Besucher und Be - sucherinnen, die Mitglieder der Kunst ge - sellschaft, die Museumsangestellten, die KünstlerInnen? Eines ist sicher: Ohne eine Gesellschaft, ohne Menschen, die die Themen in den Museen aufnehmen, da - mit arbeiten und einen lebendigen Dialog zwischen Museum – Kunst – Gesellschaft unterstützen, ist das Museum eine leere Hülle anstatt das, was es sein will: ein kreativer Ort der Debatte und des Aus - tausches mit der Zivilgesellschaft. «Il museo siamo noi!» – Das Museum sind wir! von Susanne Kudorfer, Kunstmuseum Luzern (redakt. Mitarbeit: Nadja R. Buser , Vorstand Sentitreff) Joseph Beuys –Foto: Erich Puls; Quelle: flickr.com