Kinderreporter in Aktion Sternstunde Philosophie am Kindernachmittag Aufgezeichnet von Jovanka Brusin, Mitarbeiterin Kinderanimation In dieser Ausgabe sind die Kinderreporter wieder da. In eigener Sache unterwegs, aber diesmal nicht draussen als Bericht - erstatter oder im Quartier auf Antworten - suche. An unserem themagewidmeten Kindernachmittag suchten die Kinder zwar nach Antworten, aber in einer ge - mütlichen Diskussionsrunde. Sie stellten einander Fragen, sinnierten, wogen ab, führten Gedanken im Dialog zu Ende, re - vidierten, hörten zu. Das Gespräch wurde nicht gelenkt oder zensiert, es wird hier in dieser offenen und direkten Sprache der Kinder präsentiert. ‹Sternstunde Philo - sophie› an einem Mittwochnach mittag, mit kleinen Philosophen und grossen Philosophien. Im Radio läuft ein Lied mit dem Refrain «Let me love you» (lass mich dich lieben). Es ist diebisch, lass mich dich lieben zu sagen. Wenn man jemanden liebt, ist das ein Geschenk, etwas Schönes. Wenn man jemanden liebt und dafür bitten muss, dann ist diese Liebe falsch. Man nimmt sich seine eigenen Gefühle und benutzt den anderen Menschen. Aber Menschen sind manchmal verrückt und tun ver- rückte Sachen. Das ganze Leben ist ver- rückt, es ist also kein Wunder. Und doch leben die Tiere in Harmonie, obwohl die Welt so chaotisch ist. Die Tiere sind körperlich stärker, wir sind schwächer. Tiere können auch verschie- dene Sprachen miteinander sprechen, sich untereinander und in verschiedenen Gruppen verständigen. Sie leben besser und machen sich selber keine Probleme. Eines Tages werden wir Menschen zu klug sein, wir werden die Tiere, die Natur zer- stören, und alles wird aus Metall und Stei - nen sein. Wir werden unsere Luft alleine machen und zu Robotern werden. Manche Menschen sind schon wie Ro boter. Wir sollten die Baselstrasse bunt anma- len, auch die Schulen und die Häuser. Dann wird alles lebendiger und fröhli- cher, und vielleicht auch die Menschen. Aber manche Menschen wollen nicht glück lich sein. Sie tun sich selber weh, wie mit Tattoos. Das ist nur Zeitver - schwen dung. Ich verstehe das nicht. Oder wenn sie lange Haare haben, vor allem Jungs. Warum haben wir denn überhaupt Haare? Warum haben Chinesen Schlitz - augen? Ich kenne einen Chinesen. Ich kenne keinen, aber sicher werden sie mit geschlossenen Augen geboren, wie Kat - zen. Und dann können sie die Augen nie ganz aufmachen. Haben sie einen Gott? Wir alle haben den gleichen Gott. Und Teufel. Der Teufel lebt in der Mitte der Erde und kann nichts machen. Er kann uns nichts tun noch für uns entscheiden. Nur Gott kann das. Aber erst, wenn wir tot sind. Dann entscheidet Gott, ob er uns zum Teufel schickt, wenn wir nicht gut waren im Leben. Und da - nach quält uns der Teufel. Die Erde ist wie eine Frucht. Ein Apfel. In der Mitte ganz heiss, weil sie aus dem Universum kam. Dort gibt es viele, viele Sterne, so wie die Sonne. Und viel- leicht noch andere Erden, mit anderen Men schen. Wir waren früher Tiere, sagt die Wissen - schaft. Nein, Gott hat uns gemacht. Und wer hat Gott gemacht? Wir kennen nicht alle Antworten. Das Universum ist zu gross, das Leben ist so kompliziert. Das verwirrt mich. Ich verstehe den Sinn nicht und das macht mir Angst. Und vielleicht sollen wir Menschen den Sinn nicht verstehen. Können ihn nicht ver - stehen. So ist es leichter, denn die Welt ist wirklich verrückt. Und vielleicht ist es gut so. Ja, vielleicht ist es wirklich gut so. Denn ob die Welt verrückt ist oder nicht, die Tatsache, dass sie sechs- bis neunjähri- ge Kinder zu solchen fruchtbaren Gedan- ken inspiriert, zeugt schon von ihrer Richtig keit. KINDERSEITEsentipost nr. 3 / 18– 2 – kinder seite