J° 3 N ' EL % Auflage: 3000 Wird in der Stadt Luzern und Aglomeration verkauft A Juni 1997 Jraie Fr 7 '! jebe Leserin, lieber Leser soeben haben sie die neue Lozärner JASSEZITIG gekauft. Wie ist das nur nöglich? Als Paul und ich Ende des etzten Jahres die ersten scheuen Ge: ;präche über die Möglichkeit führten ;o etwas wie eine Zeitung zu machen lachten wir nicht im entferntesten dar 1n, dass wir so bald die nächste Aus: jabe nachschieben könnten. Es war ja :uerst nur so eine vage (Furz-) Idee, als ch ihn fragte, ob da nicht eventuell ein Bedürfnis bestehen könnte»! Was wir wollten und weiterhin wollen, ist, offen ınd ehrlich berichten über einen Zereich, der leider noch (allzu-)oft ein "abuthema ist. Narum kommt jetzt schon die nächste JASSEZIUITIG? 1. Leute von der Gasse haben sich ‚gemeldet, um eigene Texte oder Gedichte zu veröffentlichen. 2. Die ersten 1500 Exemplare der JAZ waren innert weniger Tage ‚ergriffen, so dass wir noch einmal 1000 Exemplare nachdrucken mussten, die auch nach einigen Tagen weg waren. 3. Ich habe die Zeitung auch selbst auf der Gasse verkauft und so natürlich auch die Meinung der Le- ser zu hören bekommen und bis auf ganz wenige, nämlich zwei „eute, waren die Reaktionen positiv bis sehr positiv! Was natürlich für uns ein Grund ist, ofort und mit Volldampf weiterzuma- .hen. Wir werden also weiterhin versu- ‘hen, Ihnen ein Bild dessen zu vermit- eln, was Sie im Moment nicht so gut ‚ehen können und das trotzdem da st. Ich lege sehr grossen Wert darauf, lass nie vergessen wird, dass die ;ogenannte Szene, von der immer wieder die Rede ist, nichts anderes ist, ıls MENSCHEN! Menschen, die nach jer Einschätzung vieler fehlgeleitet ;ind, die aber meist nichts dazu zu ;agen haben, ob sie selbst auch das jefühl haben, fehlgeleitet zu sein. Menschen, die sich in den letzten 30 Jahren eine eigene Kultur geschaffen ı1aben, ein eigenes Lebensgefühl, lem ein grösserer Teil der Bevölkerung Keinen Sinn abringen kann, und las doch den meisten Betroffenen las Gefühl gibt, irgendwo dazuzugehö- een. Nicht ganz ausgeschlossen zu sein us diesem Leben. Diese :#äigene Kultur ghettoisiert aber auch, und aus diesem Ghetto gilt ıs auszubrechen. Ein Schritt zu diesem Ausbruch kann diese Zeitung sein, ndem sie aus der Sicht der Betroffenen nformiert. Ein nächster, z.B. Kunstausstellung, evtl. ein Konzert, ınd andere werden sicher folgen. Noch eine letzte Bemerkung: Die Meinung der Autoren der einzelnen Artikel muss nicht mit der Meinung der jesamtredaktion übereinstimmen Piitsch FRRUE -LIG Wir sind nicht auf. Erden Um. zu leben Wir sind gekommen um zu schlafen Nur um zu träumen Unser Leib Ist eine Blume Wie das Gras ‚m Frühling ergrün So:Ööffnen sich Unsere Herzen und treiben Knospen Um zu blühen Und dann zu verwelken Azteken Herausgeber: Pitsch Galbier; Maya Fries; Markus Bachmann; Hannibal Burri; Michi Auer; Nellv Mever: Paul Weber; Yolanda Uebelhard: Postfach: 3003: 6002 Luzern (ALP)-TRAUMNM VON VSRAUM im April 1992 wird mit dem Bau ei- ıjes Hauses begonnen. Natürlich sind auf dieser Welt schon verschiedentlich läuser gebaut worden, es werden wohl ıuch noch einige gebaut werden, bis da zein Platz mehr ist. Die Art und Weise sdoch, wie dieses spezielle Haus ge- ‚aut wurde, die Gründe und Umstände, as ist schon eine Erwähnung wert. Das i‚onzept für das Projekt Lebensraum tammt von einem ehemaligen jassenarbeiter, der mit der Zeit ind Ausbildung vom Elektriker um Sozi konvertiert ist. Er hat ine ganze Weile in Luzern als jassenarbeiter gearbeitet, er ‚ar der Beste, den ich ken- ıengelernt habe. So ein ichtiger Fröntler. Bewaff- jet mit seinem schwarzer kucksack erschien er je- ‚eils auf der Eisengasse, nmer mit einem offenen Ihr für die diversen Pro- ljeme, die sich so an- ‚äuften. Er verteilte Sprit- en an diejenigen, die sie rauchten, auch Tupfer ınd Ascorbin. Vert allem ıber war er ein Gesprächs- ‚artner, der uns ımmmer mnst nahm, kein Problem wa, 1 klein, um darüber zu spre hen. Natürlich ist er in diese: ‚eit auch einige Male verhaftet ‚orden oder auch freiwillig mitge- angen, um zu sehen, dass nieman- em etwas Illegales widerfährt, denn je Zusammenarbeit mit der Polizei ınktionierte damals noch nicht unbe- ingt vorbildlich. Schon während dieser eit muss es ihm gedämmert haben, ass diese Leute, die er in ihrem Elend egleitete, bei denen er tagtäglich sah, ie sie verhaftet, drangsaliert und er: jedrigt wurden, zu mehr fähig sein aussten als nur zum Fixen. So ist wohl je Idee für das Projekt Lebensraum in einem Kopf herangereift. Zuerst war je Idee ja, so etwas wie ein Luzerner affaraia zu bauen, mit vielen kleinen lüttchen ein Dörfli zu schaffen, was ber an verschiedenen Widerständen cheiterte. Dann kam die Sache mit em Haus. Die Idee war übrigens beste- hend einfach. Den Randständigen soll- e die Möglichkeit gegeben werden, ih- en eigenen Lebensraum zu schaffen xXies sollte mit möglichst wenig Zwän- en geschehen. Das heisst: Nicht absti- enzorientiert, also keine der üblichen 'herapien, sondern eher an den eige- ‚en Stolz appellierend und auf die Freu- ıe daran, etwas selber zu erarbeiten. DER BAU verde, und zwar möglichst von den „.euten der Gasse, von den Obdachlo- en selbst. Nachdem einige von ihnen berzeugt waren, dass sie mit dem Her- .Mhängen auf der Gas- e nicht mehr jewinnen conn- Da die meisten Bewohner nicht vom ‘ach waren und zum Teil über ängere Zeit keine regelmässige Arbeit nehr geleistet hatten, verzögerte sich die Bauzeit, und das machte die Sache nicht gerade billi- ger. Auch waren natürlich viele verschie- dene Randständige wieder einfacher Woh- 1unagen bekamen. Als schliesslich ein Gesuch um Subventionen abgelehnt wurde, war es finanziell um das Projekt geschehen. Unter diesen Umständen war klar, dass das Versprechen, Wohnrecht auf Lebenszeit für die Leute, die beim Bau mithelfen würden, sich als nicht einhalt- bar erwies. Dies wurde von den Bewoh- 1ern auch nicht gross moniert, da von den Erbauern alle entweder gestorben oder ausgezogen waren. Dass das 'bach aber trotz allem einen Sinn macht, ist an der Tatsche ersicht- lich, dass alle der Erbauer, die noch am Leben sind, wieder draussen sind und in ihren eigenen Wohnun- gen leben. Zum Teil haben sie so- gar Familie und Arbeit. Umso grösser war der Schock, als die Gerüchte sich mehrten, das !bach werde schliessen müssen. Als dann den Mitarbeitern gekündigt wurde (ironischerweise genau vor Weihnachten), war die Verunsiche: rung perfekt. Dieser Kündigungs- termin war auf den ersten Blick nicht einfach nachzuvollziehen. Jer Vorstand entschied sich jedoch, so früh wie möglich zu kündigen, damit für die Angestellten genügend Zeit blieb für die Arbeitssuche. Es ha- pen dann auch alle Angestellten einen neuen Job gefunden. -MA>— —— NEUE VERTRAGE Is ww. je sich die du he einmal anschau- ın, war schon einmal ein Anfang ge- ıacht. Es wurde also begonnen, zuerst inmal mit den sanitären Einrichtun en, d.h., Gräben buddeln und Abwas ar leitungen verlegen. Zwei Wohnwa- en waren zu diesem Zeitpunkt bereits a, die anderen kamen dann sukzessi- e dazu. Nachdem einer von ihnen ab- ckelte, kam bald ein Ersatz für ihn. ine ausgediente Baubaracke, die vor onny repariert und ausgebaut wurde. 1a die beiden ersten ständigen Mitar- eiter (aus der Szene), Mäsi und Rolf ‚uswärtige waren (beide waren da- ıals noch in Zug gemeldet) gab es hieı was Probleme, die jedoch sehr bald Jsgeräumt waren. Mit der Zeit kamen nmer mehr Leute dazu, die Besetzung ‚echselte am Anfang allerdings relativ ‚äufig. Auch werkzeugmässig war man icht gerade ideal eingerichtet, bis ver- chiedene Investoren mit Geräten wie Vinkelschleifer etc. aushalfen. Am An- ang glaubten die grössten Optimisten uch noch, das Haus werde innert ei ‚es halben Jahres fertig. Da sie abeı ingere Zeit nur zu zweit waren, wal jese Zeitvorgabe illusorisch. Natürlich atten die Erbauer am Anfang auch och Hilfe von aussen, so erstellten twa Zimmerleute die Aussenwände nd das Dach, der Innenausbau abeı urde von den Bewohnern selbst er- :ellt. Während dieser Zeit des Innen usbaus pendelte sich die Zahl der Be ‚ohner so um die zehn Personen ein ‚enn auch immer wieder einige Wech- el waren, so blieb doch immer dersel- e Kern zusammen. Ebenfalls dazu am noch eine Betreuerin, von Beruf ‚rankenschwester, die B. Heinrich vor lem auch im administrativen Bereich ntlastete und die kleineren wie grös- eren Bobos behandelte haraktere zusammen (und nicht gerade die ein- fachsten), was verschiedentlich u Problemen führte, die aber zumeist ıruppenintern gelöst wurden. Klappte lies einmal nicht, war da ja noch die Pro- zktleitung zum Schlichten da. Da ja der veg das eigentliche Ziel war, wurde dem eitfaktor eine geraume Weile zuwenig jewicht zugemessen und plötzlich wur- ıe der Geldmangel akut. Sepp Riedener jelang es indessen immer wieder, die ıötigen Mittel aufzutreiben, damit das iaus weitergebaut und schliesslich fer- .‚iggestellt werden konnte. Dass solches in dieser fragilen Gruppe für Probleme sorgen würde, nusste eigentlich jedem, der je nit Süchtigen gearbeitet hat, klar sein. Yachdem auch noch den Bewohnern nitgeteilt wurde, dass sie auf znde April ausziehen müssten, var das Chaos perfekt. Leider war jer Informationsfluss in dieser Zeit auch nicht gerade berauschend, vas die Lage auch nicht gerade ent- ichärfte. Nun konnten mit den Bewoh- ıern jedoch neue Verträge ausgehan- lelt werden, so dass keiner gegen jeinen Willen das Haus verlassen nusste. Die Betreuung wurde auf ain Minimum beschränkt (ein Betreu- ır), was durchaus auch ein Vorteil ;jein kann, da die Eigenverantwort- ıng des Einzelnen wieder vermehrt jefordert ist. Es bleibt zu sagen, jass dieses Haus seinerzeit von kandständigen für —Randständige jebaut wurde und zwar nicht, um :s zwei Jahre zu diesem Zwecke ‚u nutzen und es dann zweck- ‚uentfremden. Ebenso hätte die /erunsicherung unter den Bewohnern nit etwas mehr Transparenz ‚umindest auf dem kleinstmöglichen diveau gehalten werden können. 4an könnte ja auch die alte Idee wieder aufgreifen, kleinere Aufträge, z.B. im lolzbereich oder auch gerade jetzt im jartenbau (evtl. Älteren oder Behin- derten den Garten umstechen) anzu- ıehmen und durch die BewohnerInnen lurchführen zu lassen, um damit die Kosten so tief wie nöglich zu halten. Die neue WG ist mit iiel Eigeninitiative gestartet. Wohnun- jen wurden renoviert und eine grosse 4enge Holz für den Eigenbedarf ge- schlagen. Der Traum vom Lebensraum geht somit weiter. Piitsch/ R. Arnold DAS LIEBE GELD Da mit der Zeit verschiedene Aufla- jen erfüllt werden mussten, wurde es ıÖötig, verschiedene Mitarbeiter einzu- tellen. Um eine Betreuung rund ur lie Uhr garantieren zu können, brauch- e es Nachtdienstmitarbeiter sowie ıuch einen Sonntagsdienst. Ebenso nusste das Betreuerteam aufgestockt verden. Das führte dazu, dass, bald inmal, da das Haus nicht voll besetzt var, die Betreuung nicht mehr inanziert werden konnte. Verschiedene Imstände führten zu dieser Situation. um ersten war es so, dass die meisten ler Erbauer des Projektes ziemlich ald nach der Fertigstellung des lauses auszogen. Zum einen wei je eine neue Herausforderung such- en, zum anderen weil sich persönliche /eränderungen ergaben beim einen .der anderen. Neue Bewohner kamen m Laufe des letzten Jahres nur noch chleppend ins !bach. Das lag auch laran, dass nun auch in der Stadt das \ngebot an Plätzen immer grösser vurde (Notschlafstellen, Notwohnun- jen usw.). Auch entspannte sich der Naohnunasmarkt sichtlich. so dass auch Jer Verein kirchliche Gassenarbeit angagierte sich finanziell sehr stark jür das Projekt, übernahm die Trägerschaft, Die Stadt Luzern stellte ein Stück „and, sowie zwei ausgediente Schulba- acken aus Holz zur Verfügung, Beat ieinrich seine Schaffenskraft, indem er lie Projektleitung übernahm, die Leute notivierte mitzumachen, was nicht im- ner einfach war. So holte er am Anfang ler Bauzeit (April 92) die Leute jeweils ım Morgen in der Notschlafstelle ab ınd fuhr sie ins Industriegebiet !bach. :r kam also in die Notschlafstelie und ragte erst einmal, ob da jemand sei, ler Lust habe, etwas Sinnvolles zu tun, u arbeiten. Er erzählte, dass ein Le- jensraumprojekt «gemacht» werde, da ‚jemand wusste, was das sein sollte, ır'klärte er, dass da ein Haus aebaut