«Drogen und Dritte Welt» Plädoyer für eine neue Nord-Süd-Drogenpolitik «Wieder ein Buch mehr zu Drogen», werden einige zurecht denken. Ja, es ist ein Buch zur Drogenproblematik, wir glauben aber, dass die Perspektive unseres Buches «Drogen und Dritte Welt» die Thematik von einer äussersi vernachlässigten Seite aus beleuchtet Denn die europäische Drogendiskus: sion, welche in einer breiten Öffentlich: keit stattfindet, dreht sich fast aus: schliesslich um die Frage des Drogen: konsums. Das ist bis zu einem gewis- sen Punkt verständlich. Probleme mit Drogen ergeben sich in Europa durch ihren verbotenen Konsum. Das ist füı jedefrau und jedermann wahrnehmbar Diese direkte Wahrnehmung, welche durch Berichte und Bilder der Massen- medien verstärkt wird, stellt aber eine Reduktion der Zusammenhänge dar. Drogenprobleme ergeben sich nicht nur durch den illegalen Konsum, son dern ebenso durch den illegalen Han- del und die illegale Produktion. Es zeigt sich: das Problembewusst- sein hier in Europa bezüglich rogen Ist eindimensional. Das Drogenproblem wird zu einem Suchtproblem vereinfacht - und das Suchtproblem, das ein komplexes ge- sellschaftliches Phänomen ist - wird zu einem Drobenproblem reduziert. Die ungelösten sozialen Probleme, die im- mer mehr Leute in der Dritten Welt in den Drogenanbau treiben, stehen nie zur Diskussion. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Instituts für Journalistik der Univer- sität Fribourg bestätigt diese Feststel- lung. Nicht einmal 1% von mehr als 26’000 gesichteten Artikeln über Dro- gen in den grössten Schweizer Zeitun- gen aller Sprachregionen beschäftiger sich mit Fragen der Drogenproduktion. Das systematische Ausblenden wichtiger Realitäten bei der Suche nach Problemlösungen ist eine der Grund- konstanten gängiger Politik. Das bestä- tigt sich vor allem in der Drogenpolitik. Will man das vielschichtige Drogen- problem kohärent angehen, müssen alle Ebenen des Problems, also diejeni- Jen der Produktion, des Handels und des Konsums gleichermassen berück- sichtigt und entsprechende Lösungs- Strategien entwickelt werden. Das ist der Grund, weshalb wir uns entschlossen haben, das Buch «Drogen und Dritte Welt» herauszugeben. Wir möchten, dass die volle Problemwahr- heit in der hiesigen Drogen-Debatte zur Diskussion gestellt wird, denn nur so wird man in der Drogenfrage weiter- kommen. Prohibition und Repression führten zu einer Ausweitung des Dro- genhandels, Das Spezifische des Buches «Drogen und Dritte Welt» liegt darin - wie es der Titel andeutet -, dass es die Drogenfra- 3e von der Produktions- und Handels- seite angeht. Drogenrohstoffe und Dro- gen werden bekanntlich meist in Dritt welt-Ländern produziert. Und die Pro: duktion nimmt jährlich zu wie auch neu auftauchende Produzentenländer, wie dies Alain Labrousse in seine Artikel! zur Situation in den Anbauregionen festhalten muss, «1988 schätzte man die Produktion von Kokain in den An- denländern (Bolivien, Peru, Kolum- bien) auf etwa 400 - 700 Tonnen. Sie- ben Jahre später wurde die Menge auf 1000 - 1500 Tonnen geschätzt (z.B. In- terpol: 1300 t) ... Heute kann man da- von ausgehen, dass es kein einziges Land in Südamerika aibt. welches nicht rgendwie in dieses Geschäft verstrickt st. In Venezuela werden Kokasträu- ‘her, Marihuana und Schlafmohn an jebaut. Im Norden von Argentinien jibt es Drogen-Laboratorien, ebenso in "hile und im brasilianischen Amazo- 1asgebiet. Brasilien ist zudem zu einer zigantischen Drehscheibe für Exporte ıach Europa, vor allem via Afrika, ge- vorden. Surinam hat sich spezialisiert nit dem Handel mit Holland. Geld wird n Venezuela und Brasilien gewaschen, :benso im kleinen Uruguay, dessen ankensystem sich auf höchstem Nelt-Niveau befindet. Bezüalich der ıöhlen althergebrachter kultureller und *hischer Werte. Drogenökonomie ist kein Ent- wicklunasmodell Süden fixiert ist, sondern dass auch las Drogenproblem hier bei uns in ler Schweiz und in Europa unter die Lupe genommen wird. Dabei geht es nicht um die Suchtdiskussion. Wir ver- juchen die aktuellen drogenpolitischer ?raxismodelle und Drogendiskurse hie! n Europa einer entwicklungspolit ;chen Analyse zu unterziehen. Wir fra. Jen, was zum Beispiel zum Vorschlag ler Volksinitiative «Jugend ohne Dro Jen», welche eine konsequent repressi re Linie fordert, oder zur Volksinitiative DroLeg», welche für eine kontrollierte Jrogenliegalisierung plädiert, ode: :um sogenannten dritten Weg der offi :iellen schweizerischen Drogenpolitik vas zu all diesen Vorschlägen aus ent wicklungspolitischer Sicht zu sageı ist. Eine klare Ablehnung aus entwick lungspolitischer Sicht ergibt sich ein deutig für die Initiative «Jugend ohne Drogen», welche am 28. September zu: Abstimmung kommt. Die beiden ande- ren drogenpolitischen Vorschläge wer den kritisch und zum Teil positiv ge würdigt. Der Drogenkrieg als Deckmantel zur Durchsetzung hegemonialer Interessen Alle Drittweltautorinnen sind sich in ei- ‚em Punkt ihrer Analyse völlig einig: die drogenökonomie stellt kein taugliches ntwicklungspolitisches Modell dar. Ricardo Vargas kommt in seinem Ar- ikel mit dem Titel «Die ökonomischen ınd sozialen Auswirkungen einer jangsterwirtschaft» zum Schluss: «Der )rogenhandel bedeutet keinerlei Bei: Anderseits geht das Buch aber nich nur auf die drängenden Fragen aktuel 'er Drogenpolitik ein, sondern es such hinter der angeblichen Drogenpolitik nach politischen und ökonomischer Interessen, die sich mit Drogenpolitik durchsetzen oder verschleiern lassen Dazu sagt Noam Chomsky in seinerr \reik re und prägnant: «Meiner Mei nung Ph hat jeder Krieg gegen Dro gen praktisch nichts mit Drogen selbe! zu tun, sehr viel jedoch mit sozialer und politischer Kontrolle sowie mit dem Ziel, das herrschende sozio-ökonomi- sche zmxtem zu erhalten, landesintern wie DE (S. 147) Internationalisierung der Droagendebhatte Unser Buch «Drogen und Dritte Welt: plädiert nicht nur für die Internationali sierung der Drogendebatte, sonderr las Buch selbst ist durch die Internatio- ıalität seiner Autorinnen und Autorer ‚eil dieser Internationalisierung. Es war ür uns in der Erarbeitung des Buche: ;ehr spannend, mit Leuten aus dre Xontinenten zu arbeiten. Niemand de! ingefragten Personen sagte uns au nhaltlichen Bedenken ab. Alle be Jrüssten unsere Initiative und erklärter jich sofort bereit, einen Beitrag ans 3uch zu leisten. Ausser drei Artikelr vurden alle speziell fürs Buch geschrie ‚en, Die Dereits andernorts veröffentlichten Ar- .ikel erscheinen aber alle zum erster Aal in deutscher Sprache. Wir hoffen, dass unser Buch auf die ‚um Teil recht stereotypen Drogen liskussionen in unseren Breitengra- len erfrischend Einfluss nehmen wird ind klarmacht, dass Lösungsansätze ür das Drogenproblem nur dann Chancen auf Erfolg haben werden, wenn sie die Nord-Süd-Dimension und die Probleme der Produzenten von Drogenrohstoffen in der Dritten Welt miteinbeziehen forruption auf Staatsebene gibt es ei- jentlich kein einziges Land, das ohne liesbezügliche Skandale dasteht, in die ıicht wichtige Politiker, ja selbst Präsi- lenten und Ex-Präsidenten, verwickelt vären: Argentinien, Venezuela, Para- ‚uay, Kolumbien, Peru, Bolivien, Haiti usw. (S. 49/50). Diese Angebotsexplosion hat seine iründe im rasant voranschreitenden jlobalisierungsprozess, welcher sich ür die Dritte Welt meist als giganti- ‘cher Verarmungsprozess auswirkt vie verschiedene Autorinnen und Au- oren aus Lateinamerika im Buck ‘achweisen. Sie zeigen eindrücklich, auf welcher lintergrund das Drogenproblem in der ‚;ogenannten Dritten Welt zu verstehen st. Sie belegen, dass und wie die aktu- :lle internationale Drogenpolitik auch ür den Süden verheerende Folgen hat Stichworte dazu sind: Drogenkrieg, Corruption auf allen Ebenen, politische jewalt, politische Destabilisierung, Zerstörung der (Imwelt und das Aus- rag zur Entwicklung oder zur Moderni ;erung der Gesellschaft und des Staa- es. Im Gegenteil, er bildet das Model: nes wilden Gangster-Kapitalismus, ler jeglicher Form von demokratischeı Aitbestimmung und Entwicklung zuwi: lerläuft. Daraus leitet sich seine kor umpierende Macht ab. Als Akteur deı jewalt schliesst er sich überdies »roblemlos jener Tendenz zur Intole: anz und zum gewaltsamen Ausschluss ter Volksmehrheit an, die bereits vo! lem Erscheinen des Drogenhandels nnerhalb der institutionellen wie pa ainstitutionellen Instanzen der Macht ‚ar, welche heute die kolumbianische tealität dominieren.» (S. 71/72) tdandlungsmodelle und Diskurse in der europäischen Droaenpolitik Als weiteres Spezifikum des Buches würden wir die Tatsache bezeichnen lass «Drogen und Dritte Welt» nicht ausschliesslich auf die Situation im Bruno Rütsche, Peter Stirnimann (Hg.) Edition Exodus Fr 23. N Buchvernissage Institux zur Pärderung qualisaeirer Drogenferschung, akseptierender Drogsnarbeit und rationaler Dragenpalttik ANDRO g.V. Josef Estermann (Hg.) Auswirkungen der Drogenrepression Am 28. 8. 1997 wurde im Hotel Anker ein neues Buch vorgestellt. Der Titel dieses Buches ist: «Auswir- kungen der Drogenrepression». is arbeiteten mit von Luzerner Sei- e: Die «GasseChuchi», das Team jassenarbeit und P. Galbier. Es wurden folgende Themen be- ıandelt: Die Auswirkungen der Dro- jensucht aus der Sicht von Ökono- nen, aus der Sicht von Leuten, die nit diesen Leuten arbeiten (müssen) ınd auch aus der Sicht der Betroffe- en Auch die Dalizei kommt = Wort, ebenso Vertreter aus der Pali- Hk Zu kaufen ist es bel. Orlux, Postfach 2817 6002 Luzern, zum Preis von: Fr. 38.- die billigere Ausgabe, zu Fr. 63.- die gebundene. IMegale Drogen: Konsum. Handel. Markt umd Probibition Be 6) Pr Es wurde geschrieben von ver- schiedenen Autoren aus Deutsch- land, Österrreich und der Schweiz und soll die Lage im ganzen deutschsprachiaen Raum darstellen WM & ORLUX LE Stadien zur quafitajiren Drogenferschung und karpelarenden Drageparalt Band 1% Diitocak A gesucht sind: MitbewohnerlInnen wir bieten: Zimmer in 4-Z Whg. ( 4 Wohnun gen mit jeweils Küche, Bad und separatem WC, eine Wohnung ist rollstuhlgängig) im Grünen, ca. 5 Min. bis Busetetion Nr. 18 Ateliers zum Arbeiten Minimale Betreuung Unterstützung im Umgang mit Behörden Kein Abstinenzzwang Kleintierhaltung (vom Meerschweir über Kaninchen, Hühner bis zum Hund) Möglichkeiten: Distanz zur Szene Sich Ziele zu setzen und sie auch zu verwirklichen ( auch unter Mit- hilfe der Mitbewohner/Innen und der Betreuung) Das Wiedererlangen des Selbst- yertTauens und der Selbstständig eit Wir wünschen: - Ein gewisses Mass an Eigenver- antwortung Die Bereitschaft zur Zusammenar beit mit den übrigen Bewohnerlin nen Den Willen, einen Schritt nach vorne zu machen Ehrlichkeit VG) Ein Mindestalter von 20 Jahren Falls Dich diese Punkte ansprechen, nimm Dir Zeit für einen unverbindli- chen Besuch bei uns. Wir informieren Dich gerne eingehender über uns und unsere Aktivitäten Unsere Adresse lautet: WG IBACH Reusseggstr. 1 - 3, 6020 Emmenbrücke Telefonische Auskünfte erteilt Dir gerne Remo Dalla Vecchia Te], 041 420 84 35 'Jnsere Trägerschaft ist: Verein kirchliche Gassenarbeit Postfach 3003 6002 Luzern Wir übernehmen Ihre EINFACHEN GARTENARBEITEN Laub rechen Jäten ; Rasen mähen Hecken, Rosen ete; schneiden und säubern üsw: WG IBACH +. Reuseggstr.. 1-3 6020 Emmenbrücke Tel: 420‘ 84'35 — Gedanken eines Junkies im Entzug Ich bin nun 3 Wochen auf der ge- schlossenen Abteilung (psychiatri- sche Klinik) und mache den Entzug! Gedanken schiessen durch den Kopf. Ich bin voller Erwartung und Ängste: «Wie wird es draussen wei- tergehen?» Diese Frage beschäftigt mich stark, weil ein Leidensgenosse von mir ein grosses Problem hat. Er hat zwar den körperlichen Entzug hinter sich, die Wiedereingliederung jedoch ist gefährdet, da er vom So- :jalamt keine Wohnung vermittelt ekommt . Ich frage mich, wieso ein Drogenabhängiger eine Wohnung bekommt, jemand der den Entzug gemacht hat und motiviert ist, ein drogenfreies Leben zu führen, jedoch nicht. Wieso gibt man diesem Men- schen keine Chance, er hätte es ver- dient. Bei mir kommt der Verdacht auf, dass die Gesellschaft solche Leute braucht, denen man keine Chance gewährt, damit die «norma- len» Leute bestätigt bekommen, wie gut es ihnen geht. Das macht mich traurig. Wir sind auch nur Menschen. Roberta