Seite 3 Nr. 45 Mai 2011 GasseZiitigLozärn Verkauf: Mathäuskirche Luzern, www.hanfkerzen.ch, kerzen-camenzind@gmx.ch und Tel.: 041 320 15 54 Kerzen Camendzind In guter Erinnerung an unseren Oli Du warst immer hilfsbereit und für jeden guten Spass bereit. Du hin- terlässt ein grosses, Loch, doch hoffen wir alle doch, dass es dir, wo immer das ist, jetzt besser geht. Verdient hast du es auf jeden Fall. In guten Gedanken. Hänsu und Doris Ein letzter Gruss an Walti, auch «Chäs» genannt Als ich am 24. März gegen Mittag in die Chuchi kam, wurde ich von einem lieben Menschen (Claudio), den ich auch schon etliche Jahre kenne, über deinen traurigen Tod informiert – und das mit 47 Jahren. Ich hatte dich, Wäli, über 30 Jahre gekannt. Wir hatten etliche Feste, Abstürze, geile Abende und Tage – und das soll jetzt zu Ende sein? Ja, leider schon: Ich kanns und wills noch nicht glauben, aber es ist bittere Tatsache und schade um dich. Aber du, Wäli, kannst wenig- stens sagen: «Ich habe das Leben gelebt.» Klar, dein Leben war eine Drogenkarriere, und du hast nichts ausgelassen, hast fast alle Drogen, zum Teil in rauhen Mengen, konsumiert. Was solls. Wir, Beni, Edi, Rolf, Nufi, Brunno, Axel, Günsel, ich und noch viele andere, die dich gekannt haben, hatten viele schöne Dis- kussionen mit dir, reiche, heitere und lustige Stunden. Dafür möchten wir alle dir vielmals danken, einfach für die schönen Stunden und die Zeit. Ich hoffe für dich, Wäli, dass du jetzt von oben auf uns herab schaust und es dir gut gehen lässt. Vielleicht kannst du dem einen oder ande- ren mal telepathisch einen Ratschlag zukommen lassen; zum Beispiel deiner lieben Mutter, die den Tod ihres Sohnes verkraften muss. Herr gib ihr Kraft. Also Wäli, ich hoffe, wir sehen uns irgendwann mal wieder. Sorry, Wäli, aber ich muss abbrechen. Bin im Moment zu nahe am Wasser gebaut. Bis irgendwann Wäli. Ich habs immer gut gehabt mit dir. Wäli Niederberger, Stansstad In Memory of Roger Ech könne dech scho ziemlich lang. Bisch eine vo dene gsi womer hett chönne rede. Das heisst, es sind sicher fascht 10 Johr her, wo ech dech könneglehrt ha. Dini Mitmönsche sind der ned egal gsi; und derig Lüüt sind s‘Salz vo de Erde. Am Samschtig morge het me dech meischtens ufem Flohmärt gseh ade Rüüs. Mit dinere Muetter zäme hesch dete schöns Züüg verkauft. Es isch immer e spezielli Atmo- spähre det und meh cha rede mit dene Lüüt. Du bisch eine gsi wo immer apackt het und handwerklich hesch öppis drufe gha. Drum hend dech Lüüt au viel bstellt zum Schaffe. De hesch du es paar gueti zuverlässigi Lüüt zämetrommlet und los ging’s. Au ech bi immer gern mit dir und de andere mitgange. Eifach well’s guet gsi isch, wieder mal öppis ander’s chönne z’gseh und well mer öppis hend chönne verdiene. Danke, das üs mitgnoh hesch. Was dini Gsundheit agange isch, hesch du nie viel gseit. Drum hanis au ned chönne glaube, wo ech dis Föteli ade Memorialtafele gseh ha ide GasseChuchi. Röschu, was söll ech säge. Dis Gsicht und dini Persönlichkeit werdit üs fähle. Danke für alles, au für’s Ushelfe, wenn’s eim mal schlecht gange isch. Du weisch scho was ech meine… Ech glaube, dass du jetzt amene Ort bisch, wo mer weiss, was dini guete Tate wert sind. Meine Kinder, auf dem Weg durch euer Leben fügt niemandem Leid zu, seid niemals Anlass, dass ein anderer betrübt ist. Im Ge- genteil: Wann immer ihr einen Menschen glücklich machen könnt, dann tut es! (Spruch der Winnebags) Dein Freund Roger J. Fortsetzung von Seite 1 es zu spät sei. – Fast schon maka- ber. Oder eine falsch gedeutete Vor- ahnung? Drop-in schützt – aber nicht vollständig Mancher Leser wird sich fragen, weshalb es im Heroin- und Metha- donprogramm Tote gibt. Die Ant- wort ist einfach: Unter uns gibt es natürlich auch Menschen, denen es gesundheitlich nicht gut geht, weil sie vor dem Programm schon viele Jahre auf der Gasse gelebt haben. Allgemein werden Drogensüchtige immer älter, und ab und zu wird auch im Spital gestorben – meist wenige Tage nach der Einlieferung. Oft ist die Todesursache aber wohl der Nebenkonsum, der zur Überdo- sis führt. Doch es gibt auch viele, die komplett auf Nebenkonsum verzichten können. In Luzern habe ich im letzten Jahr etwa zwanzig Tote aus der Szene gezählt. Dieses Jahr sind auch schon elf Personen gestorben. Von den Klienten des Drop-in sind 2010 hingegen etwa vier Personen verstorben. Dies zeigt, dass Drogenkonsumenten, die nicht im Drop-in sind, viel häu- figer sterben. Es hätte jeden treffen können Der Tod von Srdjan ging mir sehr nahe und jagte mir einen Schre- cken ein, wie schon lange keiner mehr. Der Grund: Je länger ich mir über seinen Tod und die mögliche Todesursache Gedanken machte, umso klarer wurde mir, dass es genau so gut auch mich oder je- den von uns hätte treffen können; denn er war erst 29 Jahre alt. Die genaue Todesursache wird wie immer im Dunkeln bleiben, sicher ist nur, dass an diesen Tagen Ko- kain von sehr guter Qualität im Umlauf war. Er hinterlässt ein Kind und eine sehr schöne Frau, die sich von den Drogen und von ihm ver- abschiedete, als das Kind da war. Eine weitere Parallele zu meinem Leben? Srdjan war ein bekannter, sym- pathischer und beliebter Mensch. Wir sind alle schockiert und es gibt auch Tränen. Ich glaube aber nicht, dass er Tränen gewollt hät- te. Genau so wenig, wie er sterben wollte. Ich erlebte ihn als grund- sätzlich positiven Menschen, des- halb will ich nicht traurig sein. Ich wünsche ihm lieber viel Licht, damit er den richtigen Weg im Jen- seits findet. Nie mehr zur Beerdigung eines Süchtigen Morgen wird wohl die Diskussi- on losgehen über die Beerdigung. Wann und wo sie sein wird und ob man auch hingehen soll. Ich wer- de bestimmt nicht dabei sein. Nach zwei Beerdigungen von sehr guten Freunden beschloss ich, mir das nicht mehr anzutun. Vielleicht hat- te ich einfach nur Pech, denn wir Drogensüchtigen wurden bei bei- den Beerdigungen nicht gern gese- hen. Beim ersten Begräbnis wurde einfach verleugnet, dass der Tote ein Freund von uns und drogen- süchtig war. Sein Vater amtete als Gemeindepräsident. Beim zweiten hat der Pfarrer von der Kanzel he- runter gewettert, wie viel Kummer und Sorgen dieser junge Mensch seinem Umfeld und vor allem sei- nen angesehenen Eltern gemacht habe. Getrauert haben an beiden Beerdigungen vor allem wir, die «bösen» Freunde. Ich habe mir deshalb vorgenom- men, nie mehr an der Beerdigung eines Drogensüchtigen teilzuneh- men. Schon gar nicht, wenn einmal bei mir selber abgerechnet wird, denn mein grösstes Ziel bleibt es, nicht als Süchtiger zu sterben. Nur so kann ich meine Lebensaufgabe bewältigen. Ich glaube daran, dass wir Drogensüchtigen uns ein sehr schwieriges Leben ausgesucht ha- ben. Gleichzeitig haben wir aber auch die Möglichkeit gewählt, eine der schwierigsten Aufgaben, die es gibt, zu lösen und in diesem Leben einen grossen Schritt weiterzukom- men. Neben der Angst, die mir der Tod von Srdjan eingejagt hat, hinter- lässt er auch eine letzte Botschaft, die ich ernst nehmen muss, will ich dieses Ziel erreichen: Das Heroin- programm kann ein Schritt in Rich- tung Drogenfreiheit sein, es schützt aber nicht vor dummen Fehlern, die mit dem Tod bezahlt werden. Und dann noch Roger Eigentlich sollte das der Schluss- satz unter diesem traurigen Kapitel sein. Doch wenige Tage später er- schütterte uns die Nachricht eines weiteren «Drogentodes». Wieder war eine bekannte Figur aus der Szene gestorben. Roger war ein ehemaliger Heroinprogrammteil- nehmer. Er verliess das Programm mehr oder weniger freiwillig, weil ihm die Regeln zu eng waren. Er war vor allem wegen seiner Fair- ness und seines sympathischen Wesens auf der Gasse sehr beliebt. Soviel ich hörte, starb er im Spital, nachdem es mit seiner Gesundheit innerhalb weniger Tage dramatisch bergab gegangen war. Er war erst 38 Jahre alt. Ich bin tief betroffen und wünsche auch ihm viel Licht auf seinem weiteren Weg. Zwei Tote innerhalb von einer Woche. Was soll ich dazu sagen…? Gedenken an eine Politikerin Ich habe lange hin und her über- legt, ob hier auch der richtige Platz für die Nachricht vom Tod von Emilie Lieberherr ist, weil sie alles andere als eine süchtige Per- son war. Im Gegenteil, sie war eine herausragende Politikerin, eine der ersten Frauen in diesem Feld und sie hat immer für sozial Schwächere gekämpft. Als erste hat sie sich für die freie Abgabe von Spritzen für Süchtige eingesetzt und in den Zürcher Platzspitz- und Let- tenzeiten kämpfte sie als erste Poli- tikerin für eine neue Drogenpolitik, zu der auch das Heroinprogramm gehörte. Wir Heroinprogrammteil- nehmer und -teilnehmerinnen ha- ben ihr sehr viel zu verdanken und sollten das nie vergessen. Kurt B. «Sicher ist nur, dass an diesen Tagen Kokain von sehr guter Qualität im Umlauf war.» Kurt B. «Der Tod von Srdjan ging mir sehr nahe und jagte mir einen Schrecken ein, wie schon lange keiner mehr.» Kurt B. Chuchi-Bon – ein sinnvolles Geschenk Gassenleute sind dankbar, wenn sie auf der Strasse Chuchi-Bons ge- schenkt bekommen. Chuchi-Bons können für fünf Franken bei der Ge- schäftsstelle des Vereins Kirchliche Gassenarbeit an der Murbacher- strasse 20 oder direkt in der Gasse- Chuchi gekauft werden. GaZ Für einen Chuchi-Bon gibt es eine warme Mahlzeit.