Liebe Leserin, lieber Leser An der üppigen Advents- und Weihnachtsdekoration, die in den Geschäften und Strassen Luzerns zu sehen ist, scheiden sich die Gei- ster. Die Einen finden sie schön, während Andere sie als zu kitschig empfinden. Für viele Leute von der Gasse ist sie vor allem eines: ein Zeichen für eine schwierige Zeit. Der fehlende oder seltene Kontakt zur Familie und die Einsamkeit machen sich in diesen Tagen be- sonders bemerkbar. Für suchtbetroffene Menschen gibt es immerhin verschiedene Or- ganisationen in der Lebens- und Überlebenshilfe, die ihnen helfen, alltägliche Probleme anzugehen. Auch die GasseZiitig, die Sie soe- ben gekauft haben, hilft. Die Gas- senleute können die Zeitung tra- ditionell jedes Jahr im Dezember verkaufen und so ein bisschen Geld verdienen. Wir danken für Ihre Solidarität so- wie das Interesse an dieser Jubilä- umsausgabe und wünschen Ihnen eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit.Ihre GaZ-Redaktion Verkauf in Stadt und Agglomeration LuzernDezember 2012, Nr. 50 Auflage: 14 000 Herausgeber: Verein Kirchliche Gassenarbeit Luzern Mitgearbeitet haben: Andi H., Bea, Bobby, Bruno César Nostradamus, Dana, Daniele, Eltern und Kinder des Paradiesgässli, Fritz, G.A., Habakuk, Kurt B., Maya, Ralf B., Willy Ammann, Mirjam Gisler, Philippe Frey, Sepp Riedener, Team des Paradiesgässli Die erste Ausgabe der Gassenzei- tung wurde 1995 veröffentlicht und hatte eine Auflage von nur einigen hundert Exemplaren. Die erste Ausgabe des Blattes trug den Namen «Luzerner Gassenzeitung». Das Interesse der Gassenleute, Bei- träge zu erstellen oder die Zeitung zu verkaufen, war bei der ersten Ausgabe gering. Mario verkauft die Gassenzeitung seit Beginn und erzählt mir: «Die erste Ausgabe verkaufte sich nicht gut. Vor allem Leute, die wir kannten, haben die Zeitung gekauft.» Sepp Riedener, Seelsorger und ehemaliger Geschäftsführer des Vereins Kirchliche Gassenarbeit, berichtet: «Die Leute, die in der niederschwelligen Suchthilfe ar- beiteten und sich für eine Gas- senzeitung in Luzern einsetzten, haben unsere Gesellschaft kritisch hinterfragt. Es ging dabei um die Politisierung der Not. Sie wollten diese laut benennen und dadurch gesellschaftliche Strukturen verän- dern. Die Idee und die Umsetzung der ersten Ausgabe der Zeitung kam fast ausschliesslich von der Seite der Sozialtätigen.» Zweite Ausgabe Nach der ersten Ausgabe, die von oben herab forciert wurde, war un- gewiss, ob es in Luzern jemals wie- der eine Gassenzeitung geben wür- de. Etwa zwei Jahre später folgte jedoch mit neuem Elan ein Neu- start. Der Name der Zeitung wurde ins Schweizerdeutsche übersetzt und in den bei den Gassenleuten gebräuchlichen Namen GasseZiitig Lozärn geändert. Die GasseZiitig, auch GaZ genannt, erhielt zudem ein neues Layout und hatte neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Verkauft wurde die zweite Ausgabe im März 1997. Sepp Riedener hat eine Erklärung, warum nebst den Sozialtätigen bei der zweiten Ausgabe auch die Leute von der Gasse ein Interesse an der GasseZiitig hatten: «Damals kam auch von den Leuten von der Gasse die Idee einer Gassenzei- tung, vor allem von Piitsch Gal- bier. Piitsch sagte: ‹Man muss un- bedingt das Leben der Gassenleute zur Sprache bringen.› Er wollte, dass man der Bevölkerung sagt, wie beschissen es den Leuten von der Gasse geht und auch wie sie in die Drogen geraten sind. Nicht dass die Leute meinen, jeder, der Dro- gen konsumiert, sei selber schuld und faul und müsse nur arbeiten gehen. Es gab dazumal Leute, die keine Ahnung hatten, was in dieser Szene alles läuft.» Heinz, der in der Redaktion der dritten Ausgabe mitgearbeitet hat, weiss, dass die gesellschaftliche Si- tuation damals anders war als heu- te. Er erklärt mir: «Die Leute von der Gasse wurden nicht gehört. Wir waren ziemlich abgestem- pelt zu dieser Zeit. Die GasseZiitig diente auch dazu, uns etwas Luft zu verschaffen.» Toleranz der Bevölkerung Heinz zufolge ging es am Anfang bei der GaZ darum, die Aufmerk- samkeit zu erhalten und die Tole- ranz der Bevölkerung zu fördern. Sepp Riedener meint, dass dies ge- lungen sei: «Durch die GasseZiitig wurde die Akzeptanz gefördert. Die GasseZiitig hat man wahrge- nommen. Durch sie haben die Leu- te von der Gasse, die ausgegrenzt waren, eine Akzeptanz erhalten, die sie früher nicht hatten. Da fan- den Begegnungen statt. Es waren zum grossen Teil gute Gespräche. Bei den Käuferinnen und Käufer der Zeitungen hat dann eine klei- ne Bekehrung stattgefunden. Sie haben gemerkt, dass die Leute von der Gasse gar nicht ‹alles dumme Leute› sind. Die Leserinnen und Leser haben auch gemerkt, dass man eine Per- son, die fünf oder zehn Jahre auf Homeless World Cup Ralf erzählt, was er an der Fuss- ballweltmeisterschaft in Mexico City erlebt hat. Seite 4 und 5 Armut Der Gang zum Bankomaten macht Angst, wenn man nicht weiss, ob Geld auf dem Konto ist. Seite 8 Weihnachten Leute von der Gasse erzählen, welche Bedeutung für sie Weih- nachten hat. Seite 6 Seite 5 Alkoholkonsum Alkohol wird von vielen Konsu- menten und Konsumentinnen verharmlost. Sie halten die 50. Aus- gabe der GasseZiitig in Ihren Händen. Viele Luzernerinnen und Lu- zerner haben im Verlau- fe der letzten achtzehn Jahre das Blatt kennen und schätzen gelernt. Fortsetzung auf Seite 3 In den 50 Ausgaben der GasseZiitig wurden verschiedene Ansichten und Interessen von Suchtbetroffenen aufgezeigt. Bild: GaZ