Vor gut 25 Jahren ging ich zum ersten Mal in die GasseChuchi an der Zürichstrasse. In dieser Zeit hat es mit meiner Drogensucht angefangen. Einige Jahre war ich voll auf Drogen und obdachlos. Meine Sucht finanzierte ich unter anderem durch die Sozialhilfe und den Lohn von der Arbeit bei der «Interessengemeinschaft Arbeit». Nach langer Zeit der Drogensucht kam erst recht das Drama auf mich zu. Ich litt öfters unter grossen Rü- ckenschmerzen und brach in mei- ner Wohnung zusammen. Mein Mitbewohner rief die Ambulanz und ich kam ins Kantonsspital. Ich war drei Monate lang kaum bei Bewusstsein und hatte einen septischen Schock. Im Kantons- spital wurde ein MRI gemacht. Das Ergebnis: Ich hatte einen tennisballgrossen Tumor bei der Wirbelsäule. Es kam dann, was kommen musste: Meine Bei- ne waren gelähmt. In Nottwil im Paraplegikerzentrum erhielt ich den angepassten Rollstuhl. Dann wurde dort mein Tumor in einer Operation entfernt. Ich frage mich schon, wieso der Arzt den Tumor trotz den Schmerzen nicht früher entdeckte. Ich musste danach alles neu erler- nen wie zum Beispiel mich anzie- hen, selbständig aufs WC gehen usw. Ich fühlte mich unsicher und fragte mich, wie es weitergehe. Es kam ein Problem auf mich zu: Wo sollte ich wohnen? Ich fand eine gute Lösung: das Pflegeheim Steinhof in Luzern, wo ich nun seit zehn Jahren wohne. Das Gute ist: Ich habe ein Einzelzimmer mit Terrasse. Was vielleicht viele nicht wissen ist, dass da eben oft jemand stirbt. Das ist für mich schon fast normal geworden. Um das alles zu ertragen, wurde ich gläubig und habe Jesus in mir auf- genommen. Jesus gibt mir Kraft. Ich habe schon früher gedacht, dass Jesus mich retten könnte. Trotzdem: Nach allem geht es mir heute recht gut.Larry *Name geändert GasseZiitigLozärnSeite 5 Nr. 51 Mai/Juni 2013 nicht mehr in diese Szene. Es ist sehr stressig und ein Kampf. In der Drogenszene gibt es keine Freund- schaften. Jeder hintergeht jeden, jeder verrät jeden. Meiner Tochter zuliebe will ich unbedingt mit den Drogen wie- der aufhören. Ich möchte, dass sie nach ihrem Sprachaufenthalt bei mir lebt. Das wäre wunderschön. Das geht aber nur ohne Drogen. Ich will es wieder schaffen, drogenfrei zu leben. Ich muss noch etwas Zeit haben, um es erneut zu versuchen. Ich bin momentan aber noch nicht soweit. Lena Gespräch geführt mit Marlies Gessler *Namen geändert Nach 20 Jahren ohne Drogen wieder abgestürzt Am 23. Februar war es wieder so- weit: Die AC GasseChuchi nahm am traditionellen Calcio Totale-Tur- nier von Interamore teil. Mit da- bei waren Fabian*, Kai, Michi, die beiden Stefan, Sacha* und Simon. Das erste Spiel gegen die Equipe Sociale war hart umkämpft. Beide Mannschaften hatten eine gut or- ganisierte Abwehr. Das Spiel ende- te 0:0. In den drei darauffolgenden Spielen zeigten die Chuchi-Kickers vollen Einsatz. Sie vermochten auch einige Tore zu schiessen. Dennoch verlor die AC GasseChu- chi die Spiele gegen die übermäch- tigen Gegner. So schied die Mann- schaft bereits in der Gruppenphase aus dem Turnier aus. Dennoch war die Stimmung gut. Alle Spieler hatten viel Spass. Turnier in Basel Am 14. April fand in Basel das erste Turnier des Jahres der Sur- prise-Strassenfussball-Liga statt. Am frühen Sonntagmorgen mit im Bus nach Basel waren Michi, Simon, Enrico und der neu ver- pflichtete Oski. In Basel stiess Jas- min, die früher bei den Baracudas aus Basel spielte, zur Mannschaft hinzu. An den Surprise-Turnieren wird mit drei Feldspielern und einem Torwart gespielt. Es stan- den somit nur ein Auswechsel- spieler oder eine Auswechselspie- lerin zur Verfügung. Es war klar, dass eine gute Kondition wichtig sein würde. In der Vorrunde vermochten die Luzerner zwei von fünf Spielen zu gewinnen. Enrico, der für den ver- letzten Stefan im Tor stand, hatte keinerlei Angst vor den teilweise scharfen Schüssen der Gegner. Er wehrte zahlreiche Angriffe ab. Aufgrund des guten Torverhält- nisses waren die Luzerner auf Platz drei und somit für die Halb- finalspiele qualifiziert. Im Halbfinalspiel gegen die Bara- cudas stand es kurz nach der Halb- zeit 3:2 für die Basler. Leider fehlte es an Kondition, so dass das Spiel schliesslich mit 6:3 verloren ging. Im kleinen Final traf die AC Gas- seChuchi auf Obstikickers aus Rombach (AG). In der letzten Mi- nute stand es 6:5 für die Gegner. Die Chuchi-Kickers versuchten mit einigen Weitschüssen den Aus- gleich zu erzielen, was ihnen je- doch leider nicht gelang. So blieb der Mannschaft ein Podestplatz verwehrt und damit nur der vierte Rang. Zufrieden, aber erschöpft machte sich die Mannschaft auf den Heimweg. Anzufügen ist, dass Enrico, Oski und Simon er- freulicherweise eingeladen wur- den, am Selektionstrai ning für die Surprise-Nati teilzunehmen. Im August steht nämlich wieder die Homeless-WM, diesmal in Polen, vor der Tür.Manuel Brillant *Namen geändert Die Fussballer der GasseChuchi nahmen an zwei Turnieren teil. Wir berichten exklusiv über ihre Erfolge und verschweigen die Miss- erfolge nicht. Leben im Rollstuhl AC GasseChuchi am Calcio Totale und am Surprise-Turnier Das Verlangen nach Heroin kann selbst nach mehreren Jahren Abstinenz wieder auftreten und zu einem erneuten Absturz führen. Bild: Fotolia Larry* litt lange unter Rückenschmerzen. Endlich kam die Diagno- se: Tumor. Nach einer Operation fand er im Pflegeheim Steinhof ein neues Zuhause. Nach der Operation am Rücken musste sich Larry ein neues Zuhause suchen. Bild: Fotolia Mit dabei am Turnier in Basel waren (von links) Michi, Enrico, Simon, Oski und Jasmin. Bild: GaZ