Liebe Leserin, lieber Leser Die meisten Leute sind während den Sommermonaten ein paar Tage oder Wochen in die Feri- en verreist. Dies ist jedoch nicht selbstverständlich. Bei einigen fehlt ganz einfach das Geld dazu. Bei den Leuten von der Gasse kommt hinzu, dass die Beschaf- fung und der Konsum der Dro- gen kaum Zeit für etwas anderes lassen – sie brauchen den Stoff unbedingt. Zwar können einige mithilfe von Methadon oder der ärztlich kon- trollierten Heroinabgabe dem Be- schaffungsstress entkommen und sich anderen Dingen im Leben zuwenden. Es gibt dann aber oft andere Probleme, um die sie sich kümmern müssen. Ganz neue Per- spektiven eröffnen sich vor allem dann, wenn Suchtbetroffene den Absprung vom Drogenkonsum schaffen. Wir danken für Ihr Interesse so- wie Ihre Solidarität und wünschen eine spannende Lektüre. Ihre GaZ-Redaktion Verkauf in Stadt und Agglomeration LuzernSeptember 2013, Nr. 52 Auflage: 10 000 Herausgeber: Verein Kirchliche Gassenarbeit Luzern Mitgearbeitet haben: Bea, Dani K., Eric, Kurt B., Manuela, Mario St., Nadine, Simona, Tarec, Tho- mas, Willy Ammann, Akzent, Jasmin Tremp, Marlies Gessler, Natalie Gloor, Projektgruppe, Roger Lütolf, Sandra Arnold Ich werde bald 38 Jahre alt. Mit meinem Lebenspartner, 35-jährig, habe ich eine wunderbare süsse Tochter von zwei Jahren. Auch habe ich eine bald achtzehnjäh- rige Tochter aus einer früheren Beziehung. Wir hatten eigentlich fast alles, um ein zufriedenes Le- ben zu führen. Mein Partner hatte eine Temporär-Anstellung in ei- ner Baufirma. Ich war zuhause, kümmerte mich um die Kinder, unsere zwei Hunde und die Katze. Die Wochenenden verbrachten wir meistens zusammen im engen Familienkreis oder mit Freunden. Wir waren eigentlich wunschlos glücklich, da wir auf finanziellen Reichtum nicht besonders viel Wert legten. Natürlich wären Fe- rien oder neuere Anschaffungen schön gewesen, lagen aber mit meiner IV-Rente und dem Lohn meines Partners überhaupt nicht drin. Aber wir lebten unser Leben und waren zufrieden. Die Wohnung wird gekündigt Eines Tage kündigte unser Ver- mieter uns jedoch die Wohnung. Das tat er mit allen Mietern in un- serem Wohnblock. Warum, haben wir nie erfahren. Innert kürzester Zeit mussten alle Wohnungen leer sein. Leider gelang es uns nicht, in dieser Zeit eine passende, bezahl- bare Wohnung zu finden. Wir hat- ten auf einen Schlag alles verloren und standen auf der Strasse. Unser kleiner, süsser Sonnenschein kam in das Kinderheim Tittlisblick. Die grosse Tochter konnte zum Glück zu ihrem Freund, mit dem sie seit fast drei Jahren zusammen ist, und seiner Mutter ziehen. Für unsere zwei Hunde und die Katze mussten wir gute Plätze finden. Unsere Möbel, unser ganzes Hab und Gut wurde eingestellt. Wir standen am Abgrund. Viele Men- schen, die mich kennen, behaup- ten, ich sei eine starke Frau. Doch Jakobsweg Bei seiner Wanderung auf dem Jakobsweg hat Kurt den Entzug geschafft. Seite 4 Stationäre Therapie Die abstinenzorientierte Thera- pie im Lehn hat Mario weiter- gebracht. Seite 8 Süchtige Eltern Drei Jugendliche erzählen, wie es ist, wenn die Eltern drogen- süchtig sind. Seite 7 Seite 5 Homeless-WM An der Homeless-WM in Polen haben siebzig Nationen teil- genommen. raussen wohnen «Wir hatten auf einen Schlag alles verloren und standen auf der Strasse.» Nadine Fortsetzung auf Seite 3 Nadine* und ihre Fa- milie haben die Woh- nung verloren. Kurze Zeit später ist Nadine nach fünfzehn Jahren Abstinenz wieder he- roinsüchtig geworden. Sie und ihr Partner leben zurzeit draussen. Je länger man draussen lebt, je mehr schwindet die Hoffnung, dass man in absehbarer Zeit eine normale Wohnung findet. Bild: Getty