GasseZiitigLozärn steht, was mir überhaupt nicht leicht gefallen ist. All die Jah- re habe ich meinem ganzen Um- feld verheimlicht, dass ich Heroin konsumierte. Schlechtes Gewissen Das war so stressig und ermüdend. Ich hatte ein ewiges schlechtes Gewissen, vor allem meinem Kind gegenüber. Er war ja vielfach bei der Beschaffung dabei. Ich ver- suchte es oft zu verbinden mit einem Badibesuch. Aber das war natürlich nicht immer möglich. Er musste viel stressen. Plötzlich mussten wir los, weil der Dealer gerade Zeit hatte. Das konnte ich ja nie so genau planen. Oder das Gegenteil: Wir mussten ewig war- ten, bis der Dealer endlich kam. Es war für mich und vor allem auch für mein Kind sehr zermür- bend. Ich versuchte immer, mich möglichst von der Gasse fernzu- halten, vor allem auch meinem Kind zuliebe. Aber ich musste mich ja trotzdem mit Süchtigen treffen, um an den Stoff zu kom- men. Zum Glück waren trotz allem alle sehr lieb zu ihm. Bei der Arbeit Am Wochenende war der Kleine bei meinen Eltern, und ich ging zur Arbeit. Irgendwie musste ich den Stoff ja auch bezahlen und über die Runden kommen. Ich musste den Stoff vor der Arbeit beschaffen und bevor ich zu mei- nen Eltern ging, was auch sehr stressig war. Ich arbeite im Ser- vice, wo ich immer mit Leuten zu tun habe. Extrem oft bin ich zu spät bei der Arbeit erschienen. Zum Glück hat niemand gedacht, dass es wegen Drogen sei. Ich musste schauen, dass ich nie auf Entzug von der Droge kam. Sonst hätte jeder gemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmt. So ging ich immer auf die Toilette, um Folie zu rauchen oder zu schnupfen. Gestörte soziale Kontakte Mit meinen Arbeitskollegen hatte ich bis zum Schluss ein gutes Ver- hältnis. Mein Chef weiss bis heute nicht, dass ich heroinsüchtig war. Das dauernde schlechte Gewissen machte mich kaputt. Vor allem meine sozialen Kon- takte haben unter der Sucht gelit- ten. Ich hatte keine Zeit mehr für meine Kolleginnen und Kollegen, da ich dauernd dem Stoff nach- rennen musste. Je länger ich die Droge konsumierte, desto unwich- tiger wurden mir die Kontakte lei- der auch. Ich empfand sie teilwei- se sogar als lästig, weil da Leute waren, die etwas von mir wollten und mir doch die Zeit fehlte. Die Droge bestimmte das Leben. Sie wurde zum Mittelpunkt. Und dann die ganzen Ausreden, die ich er- finden musste, warum ich doch nicht kommen konnte oder wieso ich zu spät war. Irgendwann war mir das zu viel. Ich habe mich ein- fach nicht mehr gemeldet. Heroin macht im sozialen Umfeld viel ka- putt. Und wenn es auskommt, dass man süchtig ist, fühlen sich alle hintergangen und belogen. In diesem Sinne ist unser schöns- tes Weihnachtsgeschenk, dass ich endlich clean sein kann. Das Gras war grüner. Die Linien schneller. Der Reiz war grösser und die Nächte länger. Alles Geschichte und ich bin froh, dass es so ist. Oder glaubst du, es ist schön, wenn man Scheisse frisst? Tina *Name geändert Drogenfreie Mutter atmet auf Bevor Tina den Entzug schaffte, hat sie ihren Sohn zum Teil mitgenommen, als sie zum Dealer ging, um die Droge zu kaufen. Sie sah keine andere Möglichkeit. Bild: iStock Toren. Das Spiel verlief ausgegli- chen und mit einem Chancenplus für unser Team. Trotzdem reichte es nicht, dem Meister ein Bein zu stellen. Promispiel In der Mittagspause fand das tra- ditionelle Promispiel statt. Die Homeless-Nationalmannschaft mit drei Spielern der AC Gassechuchi spielte gegen Prominenz aus Po- litik, Musik und Fussball. Mit von der Partie war auch die Schweizer Stürmerlegende Stephane Chapui- sat. Er zeigte den Strassenkickern, was einen Goalgetter ausmacht. Im dritten Gruppenspiel trafen wir auf Surprise Zürich, ein Team das uns in zehn Jahren erst einmal schlagen konnte. Die Zürcher be- kamen den ganzen Frust zu spüren. Oder war es etwa der Anschau- ungsunterricht von Chapuisat? Die Zürcher wurden gnadenlos mit 8:0 weggeschossen. Sie waren ein- fach zu schwach. Das zeigte sich auch im letzten Gruppenspiel ge- gen die Multicolors, wieder ein klares Chancenplus, aber die Partie ging mit 2:3 verloren. Dies bedeu- tete den enttäuschenden vierten Gruppenrang. Auch das Rangierungsspiel um Platz 7 verlief wie die anderen Spiele und ging ebenfalls mit 2:3 verloren. Wie schon an den letz- ten Turnieren mangelte es wieder einmal an der Chancenverwertung, um den Finaleinzug zu erreichen. An der Rangverkündigung war die Enttäuschung den Spielern anzu- merken, trotz Medaillenübergabe durch Andy Egli. Die Medaillen verschwanden ziemlich schnell vom Hals in die Sporttasche. Gute Stimmung Untereinander blieb die Stimmung im Team immer gut, obwohl sich alle Spieler mehr erhofft hatten. Es war eine gelungene Saisonfina- lissima. Der olympische Gedanke hat immer noch Priorität: Dabei sein ist alles.Philippe Frey Surprise-Schweizermeisterschaft Mit dabei in Bern waren (von links): Simon, Mario, Jasmin, Michi, Marco, Enrico, Ralf, Mik, Tobias und Mario. Bild: Ruben Hollinger «Die Schweizer Stürmerlegende Stephane Chapuisat zeigte den Strassenkickern, was einen Goalgetter ausmacht.» Philippe Frey «Die Droge bestimmte das Leben. Sie wurde zum Mittelpunkt.» Tina Seite 5 Nr. 53 Dez. 2013/Jan. 2014