GasseZiitigLozärn Mittel dazu und stösst immer wie- der an juristische Barrieren, an den Deckel da oben. Ich habe es auch schon erlebt, dass ein anderer mir eine gute Idee von mir weggenommen und als die sei- ne vorgestellt hat: Das ist auch eine Art Freiheitsberaubung. Freiheit in der Einfachheit Nein sagen dürfen und dass dieses Nein akzeptiert wird, ist für mich die wichtigste Freiheit. Ich möchte nach meinem freien Willen leben. Wichtig sind mir die Glaubensfrei- heit und die Gedankenfreiheit. Ich bin auch ein sehr naturverbun- dener Mensch und freue mich auf die Freiheit, frische Luft zu atmen, einen Spaziergang im Wald zu ma- chen, auf eine Alp zu fahren oder auch in einem Café zu sitzen und die Umgebung auf mich wirken zu lassen. Die finanzielle Frei- heit, die es mir ermöglicht nach meiner Philosophie zu leben und mehr Akzeptanz zu erfahren, wäre auch ein Wunsch. Im Moment be- schäftige ich mich mit Laotse und sehe, dass das Streben nach mate- rieller Freiheit mich immer wieder in Schwierigkeiten mit der Justiz gebracht hat. Meine Freiheit liegt also in der Einfachheit. Ich möchte für mei- ne Entscheidungen einstehen. Ich bin auch kompromissfähig und gewillt, gewisse Einschrän- kungen zu akzeptieren, wenn ich dafür von der Gesellschaft etwas zurückbekomme. Ich will arbeiten Im Februar bin ich nun aus dem Gefängnis entlassen worden. Ich bin wieder nach Luzern zurückge- kehrt. Dann kam die grosse Überra- schung: Im Februar und März habe ich keine IV-Rente und auch keine Ergänzungsleistungen erhalten. Ich musste zuerst die zuständige Per- son wachrütteln. Erst seit Anfang April erhalte ich wieder die IV-Rente und die Ergän- zungsleistungen. Ich will und kann jedoch arbeiten, mir mein Auskom- men selbst verdienen. Miro Zivadinovic Fortsetzung von Seite 1 Fragen zum Abschied von Gabi «Keiner darf dem anderen willkürlich diktieren, was er zu tun hat, nur weil er mehr Macht hat.» Miro Zivadinovic Nachdenklich Bild: Maya Wie war das Turnier? Sehr spannend, trotz Verletzungen. Habt ihr viel trainiert als Team 1. FC Listo? Nein, leider nicht. Waren es faire Spiele? Alle ausser einem. Was hat dir am besten gefallen? Für mich als Goalie: Tore halten. Nur knapp habt ihr das Wei- terkommen verpasst! War das schlimm fürs Team? Sch... Schade. Was denkst du, wie stehen nächstes Jahr die Chancen fürs Team 1. FC Listo? Gut, wir werden nämlich noch weiterwachsen.Interview: Maya 1. FC Listo verpasst Weiterkommen nur knapp Mit dabei waren Fredi, Ralf, Ivan, Mario und im Tor Uwe. Top moti- viert machte sich die Mannschaft auf den Weg in die nahe gelegene Wartegg-Turnhalle. Im ersten Spiel mussten die Chu- chi-Kickers gegen die starken Inter Ballerinas antreten. Das Spiel ging leider mit 1:0 verlo- ren. Danach hatten unsere Spie- ler gute Chancen gegen den Gen- tlemensclub. Sie vermochten sie al- lerdings nicht zu nutzen. Es fehlte ein Knipser und das Spiel ende- te 0:0. Gegen den 1. FC Listo traf dann Mario zu Beginn zum 1:0. Im weiteren Verlauf des Spiels zeigte sich allerdings, dass die jungen Talente vom Paradiesgäss- li gefährlicher waren als erwar- tet. Diese schossen zwei Tore. Die AC GasseChuchi schied mit einem Punkt bereits in der Gruppen- phase aus. Dennoch war es schön, wieder mit dabei zu sein, da man Bekannte traf, in Erinnerungen schwelgte und die familiäre Atmosphäre genies- sen konnte. Manuel Brillant AC GasseChuchi ohne Erfolg Ich weiss von Gabi je weniger, de- sto älter sie war. Denn sie lebte in einer Welt, die mir fremd ist. Es gab keine wirkliche Kommunika- tion. Ich habe nur manchmal von anderen Leuten erfahren, wie es ihr geht. Einer Ärztin in St. Urban soll es gelungen sein, Gabi zu be- wegen, sich freiwillig behandeln zu lassen. Auch die neue Schwei- zer Drogenpolitik hat sicherlich dazu beigetragen, dass es auch Zeiten gab, in denen sie wieder in einer Art Normalität lebte. Was ist normal? Aber was ist überhaupt «normal»? In vielen konkreten Situationen meinen wir ohne Zweifel beurtei- len zu können, ob etwas normal ist oder nicht. Allerdings können wir es nicht in eine allgemeine De- finition fassen. Der Konsum von harten Drogen ist wohl nicht nor- mal. Aber die daraus entstehende Abhängigkeit ist es wohl. Ebenso ist es wohl mittlerweile akzeptiert und somit normal, dass Drogenab- hängige sich durch ihren Konsum von psychoaktiven Substanzen selber zu therapieren meinen. Heute weiss man viel über Mob- bing in Kindheit und Schule. Viel- leicht übertreibt man manchmal sogar. Aber ich weiss, dass die rothaarige Gabi Vieles ertragen musste. Sie schloss sich oft in ihr Zimmer ein. In dieser Zeit begann Gabi in einer Nichtraucherfami- lie zu rauchen. Die Musik wurde immer psychedelischer. Und dabei blieb es selbstverständlich nicht. Überforderte Eltern Hätte man etwas tun sollen? Kön- nen? Und wenn ja: Was? Die El- tern waren heillos überfordert. Natürlich war auch positiver Pro- test dabei: Ablehnung des Alten, um etwas Eigenes aufbauen zu können; auch der Wunsch nach Traum, Rausch, Neugier, Erlebnis- hunger etc. Manche Jugendliche haben da- mals nicht nur im «Musenalp Express» gelesen, sondern ihre Probleme beim Schreiben ver- arbeitet. Andere haben an Stelle eines zugelassenen Medikaments einen anderen Stoff konsumiert, der ihnen wohl kurzfristige Er- leichterung verschafft hat. Auch das kann vorübergehen und sich auswachsen. Zugang zum Sinn Wer einmal wirklich krank gewe- sen ist und die positive Wirkung eines Medikamentes, eines Stoffes erlebt hat, erhält eine Ahnung davon, welche Kraft darin stecken kann. Dank der richtigen Sub- stanz kann man wieder gesund werden. Aber muss nicht auch der Geist den Körper mitheilen wol- len? Ja natürlich, sagen wohl die allermeisten Leute. Bedeutet das dann: Mit Schlauheit und Selbst- überlistung die heutigen Möglich- keiten der Medizin ausnützen? Dies ist wohl nicht total falsch, aber doch eine allzu banale Vor- stellung. Denn es fehlt eine Ant- wort auf die Frage nach dem Sinn von allem. Eine solche muss sich finden lassen, auch wenn sie im- mer wieder entschwinden mag. Keine simple Arbeit also, aber eine unausweichliche. Unlösbare Rätsel Als Hinterbliebener frage ich mich zum Beispiel: Was ist der Sinn der Verschleuderung von ih- rem Potential? Solche Fragen sind Rätsel, die letztlich niemand be- antworten kann. Gabi ist ziemlich genau zwei Jah- re nach dem Tod ihrer Mutter ihr nachgefolgt. Niemand hatte dies so geplant. Gabis Heimweg führte gerade am Ferienbett des Pflege- heims vorbei. Das hat sich in die- sem Sinn gut gefügt.Paul Miotti «Die neue Schweizer Dro- genpolitik hat dazu beige- tragen, dass es Zeiten gab, in denen sie wieder in einer Art Normalität lebte» Paul Miotti Seite 3 Nr. 57 Mai 2015 Interview mit einem Fussballer vom 1. FC Listo (10-jährig) Die AC GasseChuchi nahm auch dieses Jahr am Calcio Totale-Turnier von Inter Amore teil. Anlässlich des Hinschie- des seiner Schwester Gabi hat Paul Miotti einige Erinnerungen und Gedanken gesam- melt. Es geht dabei um die Fragen, warum Gabi drogensüchtig wurde und was dies mit der Frage nach dem Sinn zu tun hat.