GasseZiitig Lozärn Nr. 69 Frühling 2019 3 erhalten. Ohne finanzielle Unterstützung von Stiftungen und Kirchen, die unsere Arbeit als diakonische Arbeit anerkennen, könnten viele Dienstleistungen in unserem Verein nicht an- geboten werden. Weiter werden wir gefordert sein, eine liberalere Haltung im Umgang mit il- legalen Substanzen zu finden. Würdest du für die GAZ folgende Sätze vervollständigen, bitte: • Luzern ist … nach Bern die zweitschönste Stadt der Schweiz ;-). • Menschen mit einer Suchterkrankung haben … sehr viel zu bieten. Sie haben viele oftmals selber nicht erkannte Ressourcen. • Der Umgang mit randständigen Menschen in Luzern dünkt mich … wichtig und wertvoll. • Am meisten Stolz in meiner Arbeit macht mich … unser Herzblut für unsere Arbeit im Verein. • Wenn ich sofort etwas ändern könnte in der Gesellschaft, dann würde ich … für mehr Gerechtigkeit, Wertschätzung und Teilhabemög- lichkeiten sorgen. Besten Dank für das Interview. Das Interview mit Franziska Reist führte Mathias Arbogast Liebe Franziska, du bist nun etwa 200 Tage im Amt als Geschäftsleiterin des Vereins Kirchliche Gassenarbeit (VKG). Was waren bis dahin deine prägendsten Eindrücke? Ich stellte in der neuen Funktion einmal mehr fest, wie gut verankert unser Verein in Luzern ist. Gegenüber unserer Arbeit, aber auch ge- genüber unseren Leuten ist viel Wohlwollen vorhanden. Uns wird viel Wertschätzung ent- gegengebracht. Ein weiterer prägender Ein- druck ist das Engagement der Mitarbeitenden im Verein. Es ist beeindruckend, mit wie viel Herzblut, Engagement, Geduld und Wert- schätzung bei uns gearbeitet wird. Wie ist dir der Wechsel von der Betriebs- leiterin zur Geschäftsleiterin geglückt? Ist dir die Umstellung schwergefallen, und wo lag dabei die Hauptherausforderung? Ich bin als Geschäftsleiterin willkom- men aufgenommen worden. Das hat den Wechsel vereinfacht. Ich war sehr gerne Betriebsleiterin in der GasseChuchi – K+A und ich muss ehrlich sagen: mir fehlen die Chuchi-Besucherinnen und -Besucher. In meiner neuen Funktion habe ich nur noch selten Begegnungen mit unseren Klienten und Klientinnen. Ich bin aber trotzdem gerne Geschäftsleiterin. Ich mache mir gerne Gedanken auf einer anderen Ebene. Meine Arbeit ist abstrakter und umfas- sender geworden. Eine grosse Herausfor- derung für mich ist, die für uns nötigen finanziellen Mittel zusammenzubringen, in Zeiten des Spardrucks. Wie nimmst du als Bernerin die Luzerner Bevölkerung wahr? Siehst du Unter- schiede zwischen den Menschen in Bern und jenen in Luzern? Oder Eigenheiten? Ich nehme die Luzerner oder Zentral- schweizer Bevölkerung spendenwilliger und engagierter gegenüber von sucht- und armutsbetroffenen Menschen wahr. Die Berner Bevölkerung ist wahrscheinlich progressiver unterwegs. Das Suchthil- feangebot in Bern ist breiter und in ge- wissen Bereichen auch innovativer. Das wiederum ist jedoch nicht überall im Kanton gleich. Wie in Luzern sind auch im Kanton Bern Unterschiede zwischen Stadt und Land spürbar. Du arbeitest nun seit 24 Jahren in der Suchthilfe. Inwiefern hat sich das Arbeitsfeld entwickelt oder verändert? Die Arbeit ist professioneller geworden. Das Thema Sucht wird umfassender angegangen. Es sind neue Süchte entstanden oder wer- den als solche erkannt und thematisiert. Wir sind vom Gedanken der suchtfreien Gesell- schaft abgekommen. Thematisiert wird ein guter Umgang mit Sucht oder ein Leben mit Sucht. Im Bereich der Schadensminderung wird der Bedarf der einzelnen Person indivi- dueller betrachtet. Sie wird bedarfsgerechter unterstützt. Menschen mit einer chronifi- zierten Suchtabhängigkeit fallen dank einem breiten Suchthilfeangebot im öffentlichen Raum weniger auf. Warum arbeitet man überhaupt in der Suchthilfe? Was ist deine Motivation? Ich war nach kurzer Zeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie immer und in sehr unter- schiedlichen Bereichen in der Suchtarbeit tätig. Es ist ein breites und vielfältiges Ar- beitsgebiet. In der Suchtarbeit hatte ich mit unterschiedlichsten Menschen zu tun. Mich fas- zinieren das Potenzial an Originalität und Indivi- dualität, aber auch die Sensibilität unserer Leute. Sie sind mir über all die Jahre ganz einfach ans Herz gewachsen. Wo siehst du die zukünftigen Heraus- forderungen in der Suchthilfe und im VKG? Nebst Optimierungs- und Qualitätsansprüchen sollte auch genügend Zeit für den Menschen üb- rig bleiben. Eine grosse Herausforderung wird sein, mit zunehmendem Spardruck auch innova- tiv zu sein. In der heutigen Zeit ist es schwierig, von der öffentlichen Hand nebst den bestehenden Angeboten für neue zukunftsorientierte und inno- vative Angebote die finanzielle Unterstützung zu ZUR SACHE 200 Tage im Amt Franziska Reist an ihrem Schreibtisch Bild GAZ Franziska Reist berichtet von ihren ersten Eindrücken als neue Geschäftsleiterin der Gassenarbeit. Zur Person Seit Oktober 2018 ist Franziska Reist die neue Geschäftsleiterin des Vereins Kirch- liche Gassenarbeit. Sie folgte auf Fridolin Wyss, der die Kirchliche Gassenarbeit nach zehnjähriger Tätigkeit verlassen hat. Zuvor und seit 2015 war die ausgebildete Sozial- arbeiterin die Leiterin der GasseChuchi – K+A. Franziska Reist ist eine langjährige Expertin in der Suchthilfe, da sie seit über 20 Jahren in diesem Arbeitsfeld tätig ist. Franziska Reist lebt in Bern und ist stolze junge Grossmutter. «Uns wird von der Bevölkerung viel Wertschätzung entgegengebracht.» Franziska Reist Impressum Herausgeber: Verein Kirchliche Gassenarbeit Luzern Adresse: Verein Kirchliche Gassenarbeit, Redaktion GasseZiitig, Murbacherstrasse 20, Postfach 4352, 6002 Luzern, gasseziitig@gassenarbeit.ch Redaktion: Roger Lütolf mit Franz Zemp, Vero Beck, Mathias Arbogast und Melina Heini Redaktionelle Unterstützung und Lektorat: Anna Dätwyler, www.dieleserei.ch Korrektorat und Revision: Christian Betschart Produktion und Design: Dario Tolone und Marco Schmid, www.tiefgang.ch Druck: Druckerei Odermatt AG, Dallenwil; gedruckt auf Recyclingpapier Auflage: 10’000 Die GasseZiitig erscheint dreimal jährlich. An dieser Ausgabe mitgearbeitet haben Nebst dem Redaktionsteam waren dies: Anna, Bea, Guido, Fips, Franziska Reist, Judith Kaidas, Heinz, Luca Wolf, Miriam Rogenmoser, Petra Ammann, Makky, Minavi, Ruom, Willy Ammann, G.N., E.C., E.M., M.E., M.R., M.Z., P.F., R.M., S. und R., S.C., S.L. Die Inhalte der GasseZiitig müssen nicht die Meinungen des Vereins Kirchliche Gassenarbeit wiedergeben. KOLUMNE Meinungen und Beobachtungen ÜBER LEBEN Beiträge über und von Betroffenen IN EIGENER SACHE Infos aus der Gassenarbeit STREIFZUG Rezensionen und Veranstaltungshinweise In dieser Ausgabe sind folgende Rubriken vertreten ALLERHAND Kunst und Krempel