Von 0 auf 3127 Für meine Abschlussarbeit wollte ich einen Spendenlauf orga- nisieren. Für welche Hilfsorganisation ich die Spende einziehen wollte, musste ich nicht lange überlegen. Meine Grossmutter spendete früher viel an die Gassenarbeit und auch meine Gros- stante lismete oft Socken für die Klientinnen und Klienten der Gassenarbeit. Zudem liest mein Vater seit einigen Jahren die GasseZiitig. Somit war für mich klar, dass meine Spende der Gassenarbeit zugutekommen soll. Mir war auch wichtig, mit dieser Abschlussarbeit meinen Mitmenschen die Angebote der Gassenarbeit näherzubringen und auf die verschiedenen Spen- denmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Dank den vielen grosszügigen Beträgen und der hohen Rundenanzahl, die ich ge- rannt bin, kamen 3127 Franken zusammen. Ich bin glücklich und auch ein wenig stolz, dass ich so etwas Gutes für die armuts- und suchtbetroffenen Menschen in der Zentralschweiz tun konnte. Kaija GasseZiitig Lozärn Nr. 70 Herbst 2019 11 Die Gassenarbeit-Geschäftsleitung sagt dazu: Wir staunten nicht schlecht, als uns eine Schülerin im Juni einen Check von 3127 Franken überreichte. Liebe Kaija Dein Engagement ist unglaublich und berührt uns sehr. Es ist schön, mitzuerleben, dass sich auch junge Menschen für armuts- und suchtbetroffene Menschen einsetzen. Ich dan- ke dir ganz herzlich, auch im Namen der Besuchenden un- serer Angebote sowie im Namen aller Mitarbeitenden für deine wertvolle Zuwendung. Dein Geschenk ist uns sehr willkommen und bedeutet für uns nebst deinem Engage- ment für randständige Menschen auch eine moralische An- erkennung unserer Arbeit. Franziska Reist, Geschäftsleiterin Es folgt aus gegebenem Anlass: ein Selbstinterview Lieber Habakuk, was hast du so getrieben in letzter Zeit? Ich hab geschrieben, und zwar für einen echten Verlag mit Chef und Lohn und ehrlicher Ar- beit. Quasi im Akkord durfte ich meine eigenen Sprüche auf schöne Karten schreiben, alle von Hand! Der Verlag heisst Fidea Design (siehe Box) und gehört einer gewissen Franziska Bründler. Die «Bude» ist direkt an der Reuss. Ich habe mir schon Sorgen gemacht im Juni, ob ich Reissaus nehmen soll, so hoch stand das Wasser. Warum schreibst du wieder für die GAZ? Ich brauche das Geld! Nein, Spass beiseite. Ich kriege nix, aber die GAZ bietet mir die Möglich- keit, viele Menschen zu erreichen. Das darf man als selbstständiger Schreiberling nicht unter- schätzen. Ausserdem fühlt es sich gut an, wenn man als GAZ-Verkäufer auch selber etwas zum Inhalt beigetragen hat. Stolz zeige ich dann immer mit dem Finger auf die Autorenauflistung. In den zwanzig Jahren, in denen ich immer wieder mal für die GAZ geschrieben habe, konnte ich mir einen Namen machen. Dafür danke ich der GAZ-Redaktion, dass ich in dieser Zeit nie vergessen wurde und immer wieder gefragt wurde, ob ich wieder mal etwas schreiben wolle. Wie geht es dir sonst so? Ach weisst du, man wird endlich älter. Ich bin nun 57 und habe zwei kleine Herzinfarkte überlebt und gerade eben eine heavy manische Phase durchlebt, welche mich wieder einmal an meine Grenzen gebracht hat. Hast du noch Ziele vor Augen? Hmm … ich würde gerne ein richtiger Komödiant sein. Mit einer Art autodidaktisch-autobiogra- fischer Impro-Comedy. Impromedy! Mein grösster Traum ist, einmal eine Stunde im Kleintheater aufzutreten. Johnny Melville ist eines meiner grössten Idole (der hat mit mir mal, als ich jung war, einen Joint vor dem Kleinthe- ater geraucht), oder Torsten Sträter, von dem ich eine Menge abgeguckt habe. Aber vielleicht will ich auch nur meiner Freundin damit imponieren. Ich bin ja auch nur ein alter Mann. Wenn du dir etwas wünschen könntest, was wäre das? Ach, du stellst auch Fragen! Eigentlich habe ich alles, was ich brauche. Etwas fällt mir generell aber ein: man müsste alles auf der Welt halbieren, und wenn das nicht funktioniert, alles verdop- peln. Weil doppelt so klug ist auch nur halb so dumm. Das Interview mit Habakuk führte Habakuk Wer sich für die Sprüche von Habakuk interessiert, findet Informationen auf www.fideadesign.com. Postkarten von Habakuk findet man ausserdem in der Papeterie Linsi im Neustadtquartier und noch mehr im neuen Ladenlokal von Fidea Design in der Altstadt an der Furrengasse 7. Fidea Design mag Geschichten, und oft dürfen wir selber sehr schöne erleben. Eine davon ist die Geschichte mit Habakuk, die ich Ihnen gerne erzählen möchte. Habakuk – kurz Haba, lang Kurt Habermacher – ist ein Kunde von Ruth Zust, der Frau hinter der Papeterie Linsi in Luzern. Haba hat in jungen Jahren eine Abzweigung genommen, welche die meisten von uns als «schiefe Bahn» bezeichnen würden. Was Haba in seiner unruhigen Le- benszeit aber nie verloren hat, sind seine unglaubliche Intelligenz, seine Liebe zu Wortspielen und seine Affinität zu schöner Schreibware. Und da ist Haba bei Ruth richtig. In der Papeterie kauft er seine Notizbücher, welche er mit Sprüchen füllt und auf der Strasse verkauft. Ein Büch- lein hat er Ruth gewidmet. Dieses drückte sie mir in die Hände, als ich Produkte lieferte. Ich las die ersten Sprüche, lachte herzhaft und dachte: grossartig. Just in diesem Moment betrat Haba den Laden. Ruth stellte uns vor und sagte, spontan, wie sie ist: «Haba, Franziska könnte deine Verlegerin sein!» Haba strahlte und meinte: «Was machst du denn genau für Produkte?» Ich erklärte ihm das Konzept von Fidea Design und die Tatsache, dass wir selbst keine Postkarten im Sortiment haben. Auch erläuterte ich ihm, dass es für ihn nicht allzu attraktiv ist, wenn wir seine Sprüche 1000-mal drucken und ihn dafür entschädigen. Ich versprach ihm aber, darüber zu schlafen und mir etwas zu überlegen. ln der Nacht kam die Idee: Haba braucht Struktur, wir machen Produkte mit einem Twist. Keine Massenware, sondern Produkte, die unsere Kunden zum Lächeln bringen. Wieso kommt Haba nicht täglich zu uns und schreibt seine Sprüche von Hand? Wir druckten Postkarten, aber nur die Rückseite, und wählten zehn Sprüche aus. Seither kommt Haba täglich zu uns ins Büro, schreibt seine Karten, trinkt mit uns Kaffee und versprüht positive Energie. Dies mag alles sehr kitschig klingen. Ist es vielleicht auch, doch es ist eine die- ser Geschichten, die passieren, ohne dass wir sie planen oder uns ausdenken könnten. Und so freuen wir uns, wenn die Karten von Habakuk gekauft und verschenkt werden. Er überlegt sich bereits neue Ideen – und Fidea Design freut sich, einem Menschen ein Umfeld zu ermöglichen, welches seiner Seele so guttut, dass er stabil und glücklich ist. Und ja: inzwischen haben wir ihn so ins Herz geschlossen, dass Haba Teil unseres Teams ist. Selbstverständlich hat Haba seine ersten 200 Karten persönlich in die Papeterie Linsi gelie- fert. Wir danken Ruth herzlich für diese einzigartige Geschichte. Und Ihnen, liebe Kundinnen und Kunden, danken wir herzlich für den Kauf von Habas Karten. Nur dank Menschen wie Ihnen können wir solche Engagements wahrnehmen und einen kleinen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Von Herzen Franziska Bründler und das Team von Fidea Design Liebe Leser und Leserinnen; Viele haben mich – Habakuk – schon abgeschrieben, aber jetzt bin ich wieder da und schreibe als ehemaliger «Hofschreiber» wieder für die GAZ! Einige mögen sich noch an meine Sprüche in der GAZ erinnern. Der Stift ist mein Zauberstab, mit dem ich mit Worten gerne ein Lächeln auf die Gesichter der Lesenden zaubern möchte. Nun gibt es wieder Sprüche von mir (siehe Seite 7). Übrigens: man kann meine Sprüche jetzt auch kaufen! ALLERHAND Habakuks Comeback Ein Selbstporträit IN EIGENER SACHE Kaija (15) sammelt für die Gassenarbeit Kaija bei der Projektpräsentation in der Schule Bild ZVG