KOLUMNE Aus dem GAZ-Briefkasten 1 Jedes Mal, wenn ich in der Stadt die Verkäuferinnen und Verkäufer der GasseZiitig erblicke, freue ich mich darauf, in der neuen Ausgabe zu stöbern. Sie sind freundlich, und ich mag den Moment des kurzen Austausches. Ich weiss, dass ihr Leben nicht immer einfach ist und freue mich darum, zu sehen, wenn ich ihnen mit meiner Geste ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann. An der GasseZiitig gefällt mir, dass die Suchtproblema- tik kritisch hinterfragt wird und es auch Stimmen der Sucht- betroffenen selber gibt. Es hilft den Leserinnen und Lesern, die Hintergründe zu verstehen. Ebenfalls schätze ich die Tipps, was man den Betroffenen geben und wie man sonst mit Spenden helfen kann. Viele Grüsse, Laura 2 Ich kaufe die GasseZiitig immer. Die Artikel darin sind menschlich und authentisch und erinnern mich auch an mein eigenes süchtiges Leben. Mir wurde die Zeitung auch schon von verschiedenen Personen am selben Tag angeboten. Dann kaufe ich sie halt noch ein zweites oder drittes Mal. Ich hatte das Glück, trotz meiner Sucht immer einer gere- gelten Arbeit nachgehen zu können, von diesem Glück möchte ich einen Teil weitergeben. Liebe Grüsse, Othmar 3 Wie immer hat mich das Lesen der GasseZiitig auch das letzte Mal berührt. Ich war nie abhängig von illegalen Substanzen. Ich gehöre zu den Leuten, die nicht am «Rand der Gesellschaft» leben, weil das Zeug, das ich für meine Selbstmedikation einsetze, halt einfach legal ist. Und das ist einer dieser Unterschiede, die aber nur von aussen einen Unterschied machen. Das Wort «randständig» impliziert, dass es irgendwo eine Mitte der Gesellschaft geben muss, sonst gäbe es keinen Rand. Wer zum Teufel ist denn die Mitte der Gesellschaft? Nachfol- gend ein paar Gedanken darüber, wer diese Mitte, bezogen auf Sucht, sein könnte. – Diejenigen, die nicht leben können ohne Zucker? Was für eine gewaltige Droge, der wir alle verfallen sind, aber staatsei- dank nicht illegal. Ich stelle mir all die überfressenen Männer, Frauen und Kinder vor, wie sie ihren Stoff irgendwo auftreiben müssten, wenn es ihn nicht fast gratis an jeder Ecke gäbe. Da würde noch mancher von uns «Mittigen» verzweifeln. (Ich gehöre seit Anfang meines Lebens in diese Kategorie und habe jahrelang hart gekämpft.) – Oder die, die meinen, ohne Fleisch fiele ihre Identität auseinander? – Diejenigen, die das Telefon, das Internet nicht mehr aus den Augen lassen können? Vollkommen abhängig davon ist heute die ganze Wirtschaft und damit auch wir Geldverdienenden. (Ich gehöre zur Generation, die wenigstens die erste Lebens- hälfte ohne Google gelebt hat und also weiss, dass so etwas mal ganz normal war.) – Oder die, die nach Hause kommen und sich die Dröhnung mit Netflix geben? – Oder sind es die, die «sterben» würden ohne ihre Zigarette? – Oder die, die Alkoholikerin oder Alkoholiker sind, ohne es zu wissen? – Die, die ohne sechs Tassen starken Kaffee pro Tag fast durchdre- hen? Auch das eine Substanz, die wir alle nur deswegen gedankenlos in uns reinleeren können, weil sie legal ist. – Oder dann die, die sich dem Geld verschrieben haben? Da passie- ren die grössten Verbrechen, und man wird noch bejubelt dafür. – Und die Macht: dieses Gefühl zu haben, zu den wenigen zu gehö- ren, die entscheiden, wie der Karren läuft. You name it: Wir sind je nach Definition alle irgendwie abhän- gig und also «randständig». Die einen sehen einfach kaputter aus als andere. Wir alle finden Wege, uns mit dieser oder jener Substanz aus der Selbsterfahrung herauszuschleudern, weil es sonst zu fest weh tut, dieses Menschsein, jedem Einzelnen von uns. Wir haben alle Angst, und zwar alle vor den gleichen Dingen. Das Einzige, was uns unterscheidet, ist die Intensität, in der wir uns wahrnehmen, in der wir uns ausdrücken und in der wir uns betäuben wollen. In meinen Augen gibt es keinen Rand der Gesellschaft. Wir alle erfahren einfach mehr oder weniger Toleranz für unsere Abhängig- keiten. Die «Gesellschaft» akzeptiert die einen Drogen als Norm, die anderen nicht. Derjenige, der irgendeinen Junkie bewerten will, weil er sich die- sen Dreck in den Körper pumpen muss, der soll sich mal überlegen, was er so alles täte, wenn sein Lieblingsstoff über Nacht illegal würde. Ich bedanke mich manchmal, manchmal sogar laut und direkt: Danke, Mitmensch, dass du diese Erfahrung machst und ich es nicht tun muss. Nicht dieses Mal. Danke für eure Arbeit. Danke euch allen, für euer Leben, für euren Kampf, für eure Tränen. Ihr seid wundervoll. Liebe Grüsse, Mia I. 4 Ich habe heute von einem freundlichen GAZ-Verkäufer die neue GasseZiitig erstanden und möchte bei dieser Gelegenheit der Re- daktion bezüglich des neuen Layouts, des lesefreundlichen For- mats und des informativen und nachdenklichen Inhalts ein dickes Kompliment machen. Eine Profi-Ausgabe, die zum Sinnieren anregt – vielen Dank für diese Denkanstösse. Neben vielen Beiträgen hat mich einer besonders beschäftigt: «Schuldig.» Dieser Person möchte ich für ihre Haltung und ihre Einsicht ein besonderes Lob aussprechen und ihr/ihm für die Zukunft alles Gute und das nötige Durchset- zungsvermögen wünschen. Es grüsst Emil Z. 5 Eine Lektüre, die sehr gut tut. Und zwar uns, die wir nicht rand- ständig sind, sondern im grossen Haufen drin stecken. Macht bitte weiter so! Und herzlichen Dank! Mit frohem Gruss, Rose-Marie F. 6 Es hat mir Spass gemacht, die letzte Ziitig zu lesen. Insbesondere ist es gut, etwas zu lesen, das so positiv ist. Ich glaube, eure Arbeit ist voller Würde, ihr behandelt die Menschen mit Respekt und ohne sie nur als Opfer zu bezeichnen.  Ich finde es berührend, die Geschichte von Menschen zu le- sen, die wir normalerweise nicht so genau kennenlernen können. Sie berühren das Herz. Gute Arbeit! Ganz liebe Grüsse an alle, Josilaine B. 7 Die GasseZiitig ist für mich jeweils Pflichtlektüre, weil mich Haltungen von Menschen immer interessiert haben und ich dieses Projekt einfach grossartig finde. Bei der letzten Ausga- be hat mich ein Artikel richtig tief berührt. Tief berührt, weil ich weiss, wie es sich anfühlt, ganz und gar in die Selbstver- antwortung zu gehen. Mir ist bewusst, dass nicht jeder Mensch zu jeder Zeit diese Kraft aufbringen kann. Und doch führt der Weg schlus- sendlich nicht an mir selbst vorbei. Das hat mir der Artikel von M.Z. «Schuldig» auf ganz eindrückliche Weise aufgezeigt. Dies meine ich nicht wertend, sondern sehe es für mich und alle Menschen als Inspiration: wieder den Mut aufzu- bringen, über die Selbstverantwortung sein Glück zu finden. Herzlichen Dank für diese wunderbaren Worte, liebe/-r M.Z. Armin H. «Das einzig Beständige ist der Wandel.» IN EIGENER SACHE GasseSchoggi Suchen Sie ein kleines und sinnvolles Geschenk für sich selber oder Bekannte? Mit der GasseSchoggi unterstützen Sie die Gassenarbeit Luzern und kaufen Schokolade, die nach Fairtrade-Richtlinien hergestellt wird. Die Verpackung der GasseSchoggi ziert ein farben- frohes Bild aus unserem Projekt «Kunst von der Gasse» (übrigens bald mit neuen Bild). Mit dem Kauf der Gasse- Schoggi unterstützen Sie die Arbeit mit sucht- und ar- mutsbetroffenen Menschen in Luzern. Hergestellt wird die Schokolade von der Confiserie Hug, die «Single Origin Grand Cru Couverturen» von Felchlin Schwyz aus fairem Handel verwendet. Die Confiserie kennt die Kakaoprodu- zenten persönlich und unterstützt nachhaltigen Handel und Biodiversität. Alle Rohstoffe – ausser der Kakao – stam- men aus der Schweiz. Die GasseSchoggi kostet acht Franken und ist an ausge- suchten Verkaufsstellen erhältlich. Aktuell an folgenden Or- ten: Kiosk Edwin an der Klosterstrasse, Bäckerei Konditorei Kreyenbühl im Quartier Wesemlin und Würzenbach, im Bistro MaiHof, Bäckerei Konditorei Müller am Schlossberg und bei der Hirschmatt Buchhandlung. Selbstverständlich ist sie auch direkt bei uns im Verein Kirchliche Gassenarbeit erhältlich, nämlich bei den Zentralen Diensten an der Mur- bacherstrasse 20 in Luzern. Auf www.gassenarbeit.ch finden Sie weitere Informationen. GasseZiitig Lozärn Nr. 70 Herbst 2019 12 ALLERHAND Gassenkreuzworträtsel GAZ-Ausgabe 70 1 1992 wurde der erste «provisorische Fixerraum» in Luzern in welchem öffentlichen Gebäude betrieben? 2 Die GasseZiitig wird seit vielen Jahren von Randständigen von Hand zusammengelegt. In welchem Verein? 3 Welches Land besitzt eines der liberalsten Drogengesetze in Europa? 4 Das Gegenteil von «regulierter Markt»? 5 Welches bekannte SRF-Gesicht war letztes Jahr in der GasseChuchi – K+A zu Besuch? 6 Welches ist die in der Schweiz am meisten konsumierte illegale Droge? 7 Bekannter Luzerner Gassen-Künstler mit Gitarre? (Vorname) 8 In welcher nordeuropäischen Stadt existiert der weltweit grösste «Drogenkonsumraum» (in der Schweiz früher «Fixerraum» und heute «K+A» genannt)? 9 Abwertendes Wort für Drogensüchtiger? 10 1606 wurde in England ein Gesetz in Zusammenhang mit Alkohol eingeführt. Was sollte es bestrafen? 11 Welche Droge ist seit vielen Jahrhunderten vor allem in China bekannt? 12 Armutsbetroffene rauchen häufig mit Tabakstopfgerät und Tabak aus der ... Lösungswort einsenden an gasseziitig@gassenarbeit.ch Der Gewinner oder die Gewinnerin wird ausgelost. Zu gewinnen gibt es 1x den Film „Gassenarbeit – Gassenleben“. Auflösung Rätsel in der nächsten GAZ. Auflösung Lösungswort Gassenkreuzworträtsel Ausgabe 69 (Frühling 2019) «NOTSCHLAFSTELLE» Lösungswort 123456789 7 12 8 9 1 9 2 3 4 1 10 56 2 117 8 4 3 5 6