GasseZiitig Lozärn Nr. 80 Frühling 2023 11 Hallo ihr lieben GasseZiitig-MitarbeiterInnen Ich freue mich jedes Mal, wenn ich jemanden auf der Strasse sehe, der:dem ich die GasseZiitig abkaufen kann – schon seit x Jahren. Leider finde ich das riesige Format unpraktisch. Schade, denn das alte kleinere war handlicher. Überdies schneide ich mich beim Umblättern dauernd an den Kanten in die Finger, weil sie so scharf sind. Das ist mir früher nie passiert. Herzliche Grüsse Beatrice Hallo Ihre Kolumne elektrisiert: die Weihnachtsbotschaft rüberge- bracht! Wow, würde den Mani-Matter-Preis verdienen – gibts aber nicht. Kurz und knapp, präzis treffend, und auch poe- tisch. Gratuliere! Nicht ich unterstütze mit dem Kauf der GasseZiitig ir- gendwas oder irgendwen – die GasseZiitig unterstützt mei- nen (wackligen) Weihnachtsglauben! Danke! Cyrille E. Grüezi mitenand Die GasseZiitig gehört zu meiner Lektüre, weil mir der Stil und das Format zusagen. Aber wichtiger noch: sie ist ein Fen- ster in eine mir unbekannte Welt. Die Beiträge Betroffener berühren durch ihre offene, authentische Art. Weiter so! Martha V. Grüezi Als Armutszeugnis empfinde ich den Vorschlag von Manuela M., die GasseZiitig neu auch bargeldlos bezahlen zu können. Ihre Verkäuferinnen und Verkäufer haben meist ein schwieriges und von Schicksalen begleitetes Leben. Umso mehr freue ich mich immer wieder, dass sie die Kraft und den Mut aufbringen, sich vor unsere oberflächliche, dem Konsum verfallene Gesellschaft hinzustellen, um ihre Ziitig zu verkaufen.  Wohl haben alle Käuferinnen und Käufer eine oder mehrere Bank- und Kreditkarten bei sich. Da ist es ja ein Einfaches, «es bitzli»  Bargeld am Bankomaten zu beziehen (kein Kraftakt, nein: ein Luxusproblem!). Kaufen wir weiterhin die GasseZiitig und schenken wir den Menschen Achtung, ein freundliches Wort und vor allem ihre Würde. Herzlich Monika Liebe GAZ-Redaktion Ich habe gerade den Artikel über das bargeldlose Bezahlen der GAZ gelesen. Es passierte mir auch schon, dass ich kei- ne kleine Note und kein Münz hatte und die Ziitig darum nicht kaufen konnte. Es hat ja nicht immer einen Verkaufs- laden in der Nähe, wo man schnell etwas kaufen kann, um danach Kleingeld zu haben. Es erstaunt mich, wie geizig die Leute sind, wenn ich die GAZ-Artikel lese. Ich gebe immer 10 oder 20 Franken. Es muss doch ein unglaublicher Stress sein, jeden Tag auf der Strasse zu «mischeln». Freundliche Grüsse Carmen IN EIGENER SACHE Gesucht: Freiwillige Mitarbeitende für Kleideraufbereitung im Paradiesgässli Ein wichtiges Angebot des Paradiesgässli ist die Abgabe von Kin- derkleidern an die Familien. Diese Kleider stammen ausnahmslos aus Privatspenden. Die Sortierung (aussortieren, versorgen, Boxen auffüllen) beansprucht viel Zeit, die den Mitarbeitenden im prall gefüllten Tagesgeschäft oft fehlt. Deshalb suchen wir zur Unterstützung eine oder mehrere frei- willige Personen, die ein- bis zweimal pro Monat bei der Kleider- aufbereitung mithelfen möchten. Voraussetzungen: Ordnungssinn, selbstständig arbeiten kön- nen, körperliche Fitness (Arbeitsort Estrich) und Bereitschaft, mit sucht- und armutsbetroffenen Menschen in Kontakt zu kommen. Sind Sie interessiert? Melden Sie sich bei Heidi Schaller. Wir freuen uns auf Ihre Kontakt- aufnahme. heidi.schaller@gassenarbeit.ch oder 041 252 26 60. GAZ-Briefkasten KOLUMNE Valentins Tag «In welcher Bubble lebst du denn?» . . . fragte ich meine ehemalige Arbeitskollegin, als sie sich wunderte, woher die 30 Prozent SVP-Stimmen kommen. Sie kenne keine Menschenseele mit dieser Listenwahl. Meine spontane Frage ist gar nicht so einfach zu beant- worten. Denn Seifenblasen sind per se durchsichtig – vor allem, wenn man von innen nach aussen schaut. Ab und zu jedoch wird von aussen ein Lichtstrahl auf die Bubble geworfen, der sich darin spiegelt und damit Selbster- kenntnis ermöglicht. Mich selbst erwischt es manchmal zum Beispiel dann, wenn ich die Schweiz, Luzern oder meinen per- sönlichen Beitrag an das Weltgeschehen für besonders wich- tig halte. Angesichts von Grösse und Vielfalt ebendieser Welt zerplatzen sie schnell, die Seifenblasen der eigenen kleinen Welt und der eigenen Relevanz. Dazu kommt, dass es viele verschiedene analoge und digitale Bubble-Arten gibt: politische Haltung, Beruf, Alter, Herkunft, Verwandt- und Freundschaftskreise, um nur einige zu nennen. Und dann leben und sind wir ja immer in einer Mischung von allem. Es stellt sich in diesem Blatt natürlich die Frage: Ist die Gasse auch eine Bubble? Einerseits: Ja. Sucht- und armutsbetroffene Menschen blei- ben bezüglich Wohnformen, Handelsbeziehungen, Bekannt-, Freund- und Liebschaften oft unter sich. Die Gründe dafür sind vielfältig – teilweise von äusseren Bedingungen erzwun- gen, teilweise aus innerem (Nicht-)Antrieb heraus. Andererseits: Was hat die 60-jährige Entlebucherin aus der ersten Platzspitzgeneration mit dem 25-jährigen frisch immigrierten Afghanen zu tun – nur weil sie sich in der Gas- seChuchi treffen? Sie teilen diesen einen Aspekt ihres Schicksals bzw. Le- bens miteinander. Ansonsten haben sie in etwa so viel mit- einander gemein wie Walt Disney und die Computer-Maus, mit deren Hilfe ich diese Zeilen schreibe. Und doch: Sie (und viele weitere Bubble-Kombinati- onen) begegnen sich an diesem Ort zumindest physisch und nicht selten auch im Gespräch. Vielleicht ist ja das Leben auf der Gasse selbst ein Lichtstrahl, der sich in den vorhandenen Bubbles unserer Gesellschaft widerspie- gelt und damit die Begrenzungen des eigenen Horizontes sichtbar macht? Die GasseZiitig wollte von Anfang an ein solcher Lichtstrahl sein. Sie wollte das Leben auf der Gasse be- leuchten und es auf diese Weise sichtbar und zugänglich machen – und zwar nicht nur durch ihre Inhalte, sondern auch im Vertriebsprozess auf der Strasse selbst: in den meist kurzen, aber eben doch realen Begegnungen, wenn der Zweifränkler und die GasseZiitig von einer Hand zur anderen wechseln – wenn sich Augen, Aufmerksamkeit und Stimme zweier Menschen (Bubbles?) für einen Mo- ment lang treffen. Zum Jubiläum der GasseZiitig und passend zur Ver- anstaltungsreihe «Willkommen in meiner Bubble» wollen wir am Samstag, 13. Mai, diesen Moment etwas ausdehnen (siehe Flyer auf Seite8 sowie kathluzern.ch/bubble). Kommen Sie auch vorbei? Oder in welcher Bubble leben Sie? Valentin Beck Seelsorger Verein Kirchliche Gassenarbeit ALLERHAND