www.wesemlin.ch | www.facebook.com/QuartierWesemlinDreilinden | quartierzeitung@wesemlin.ch | 3 HERBST 2019 Schauen Sie im Januar jeweils auch die SRF-Sendung «Auf und Davon»? Es ist eine meiner Lieblingssendungen. Ich staune jeweils über den Mut dieser Auswanderer. Fast noch interessanter fi nde ich die Sendung mit der Rückblende. Wir bekommen Einblick in die Schwierig- keiten, die im ersten Jahr zu meistern waren, aber erleben auch die grossen Glücks- momente dieser Menschen mit. So habe ich zum Beispiel erfahren, dass Familie Volk mit Söhnchen Gion im kanadischen Clearwater erfolgreich ihr Forstunternehmen aufgebaut und endlich auch die defi nitive Aufenthaltsbewilligung erhalten hat. Man stelle sich vor: Die Familie hat ihr Unternehmen in der Schweiz verkauft, die Forstmaschinen nach Kanada verschiff en lassen, dort ein riesiges Grundstück mit Haus, Scheune und viel Wald gekauft und ein neues Holzernte-Unternehmen gegründet – alles nur mit einer provisorischen Aufenthaltsbewilligung. Zwischendurch gab es von den kanadischen Behörden wegen unvollständiger Formulare sogar den Aus- reisebefehl, den Volk’s mit einer Wiedererwägung in letzter Minute abwenden konnten. Irgendwie verständlich, dass die Auswanderfamilie aus Erleichterung und vielleicht auch zur Stressbewältigung kurzerhand ein paar mächtige Tannen für ein neues Waldhäuschen fällte - alles natürlich, ohne ein Fäll- oder Baugesuch einreichen zu müssen. Von solchen Freiheiten träumen wir manch- mal in der Schweiz. Unterdessen vielleicht auch die Katholische Kirchgemeinde mit dem Bau des neuen Quartierzentrums? Schon bei der Wettbewerbsausschreibung 2015 gab es erste Verzögerungen. Erst hat- ten sich über 30 Architekturbüros ange- meldet. Es ging aber eine Einsprache gegen das Ausschreibeverfahren ein. Im Herbst 2015 entschied das Kantonsgericht, dass das Wettbewerbsverfahren nach GATT-WTO- Regeln ausgeschrieben wer den müsse. Es nahmen dann komischerweise nur noch 26 Büros teil. Gewonnen hat den Wettbewerb 2016 nicht ein Büro aus Los Angeles oder London, sondern «unser» Luzerner Büro Konstrukt. In der Planungsphase mussten weitere Herausforderungen gemeistert wer- den. Unter anderem bedingten verkehrliche Vorgaben für die ungefährliche und reibungs- lose Anlieferung der Geschäfte das Fällgesuch für die von der Stadt als erhaltenswert ein- gestufte Eiche beim Träff . Diese war 1978 anlässlich des Jubiläums 800 Jahre Stadt Luzern gepfl anzt worden. In diesem Sommer und vier Jahre später meinte sich die Bau- herrschaft auf der Zielgeraden - nicht zur Einweihung, sondern erst für die Baube- willigung. Die derzeitige Situation und den momentanen Verfahrensstand des Bau- gesuchs können Sie in dieser Quartier- zeitungsausgabe in Erfahrung bringen. Für mich ergeben sich aus diesem Verlauf mehrere Erkenntnisse: Eine Bauherrschaft braucht nebst Grundstück und Geld heute Geduld, sehr viel Geduld sogar. Auch kann es durchaus geschehen, dass der Genehmigungsstatus eines Bau- gesuchs nach Einsprachenerledigung und baurechtlicher Detailprüfung vor der abschliessenden Genehmigung von «grün» wieder auf «orange» oder gar rot zurückge- schaltet werden kann. Im Weiteren könnte ich mir vorstellen, dass die Katholische Kirchgemeinde künftig sehr genau überlegt, ob sie einer Anfrage für eine Baumpfl anz ung zustimmen soll. 40 Jahre später könnte sie den Entscheid bereuen. Aber auch alle anderen Grundeigentümer unter uns müssten vielleicht nervös wer- den. Bauliche Verdichtung ist zwar politisch, ökologisch und raumplanerisch ein akzep- tiertes Entwicklungskonzept und in aller Munde. Steht aber ein Baum, mit Stammumfang von mehr als 80cm in einem möglichen Baubereich, kann es schwierig werden für solche Vorhaben. Die logische Konsequenz aus dieser Entwicklung ist, dass neuerdings gar keine richtigen Bäume mehr gepfl anzt werden. Schauen wir uns in den Neubausiedlungen um: Überall nur noch Bäume, die vielleicht noch 6m hoch wer- den und deren Stämme Sie bequem mit zwei Händen umfassen können. Verstehen Sie mich nicht falsch. Auch für mich ist die Rücksicht auf die Natur und die Klimadiskussion ein wichtiges Thema. Die Daseinsberechtigung für die Eiche aber als Beitrag zum Klimaschutz zu sehen, ver- harmlost die Klimasituation vielleicht doch etwas. Einmal abgesehen davon, dass die Eiche mit einer stattlichen Ersatzpfl anzung ersetzt wird. Die Jubiläumseiche ist ein sehr schöner und grosser Baum. Wahrscheinlich niemand der Beteiligten würde auf die Idee kommen, sie leichtsinnig fällen zu wolle n, wenn es Wort des Präsidenten Peter Frei nicht wirklich wichtige Gründe hierfür gäbe. Aber selbstverständlich ist die Wertigkeit dieser Gründe subjektiv und jeder soll diese Wertung se lbst vornehmen. Ich plädiere ein- fach dafür, dass beide Seiten der Waage fair gegeneinander abgewogen werden. Ble ibt zu hoff en, dass die derzeit laufenden zusätzlichen Abklärungen der Bauherrschaft und der Baudirektion zu einem allseits akzeptierbaren Resultat führen und die Baubewilligung vor dem möglichen alter- nativen Jubiläumsdatum für 800 Jahre Stadt Luzern ausgestellt werden kann (siehe hierzu Luzerner Zeitung, Hugo Bischof; Jubiläum: hat die Stadt Luzern zu früh gefei- ert?; 09.03.2018). Sie sehen: Die Geschichte könnte sich wiederholen… Übrigens: Mittlerweile hat die grosse Freiheit in Kanada ihre Grenzen gefunden. Die Forstwirtschaft ist aufgrund des Handels- streits mit den USA praktisch zum Erliegen gekommen. Familie Volks Unternehmen gibt es nicht mehr. Unsere Auswanderer roden den Wald nun gänzlich für Acker- und Weideland. Anscheinend war das im 19. Jahrhundert auch schon so. Geschichten wiederholen sich – auch in Kanada... . GESCHICHTEN AUS DEM SCHREBERGARTEN Im Wäsmeli Quartier im Familiengartenareal Landschau Terrasse pflegen die Pächter seit über 75 Jahre Gemüse, Beeren, Blumen mit grosser Hingabe. Sie sind sich bewusst, dass sie ein kleines Paradies pflegen und hegen dürfen. Diesen Sommer erschien das Buch „Flachs, Sugo, Tandem - Geschichten aus dem Schrebergarten“. Die Autorin Stephanie Elmer und die Fotografin Gabi Vogt sind für dieses Werk während fast vier Jahren in den Mikrokosmos Schrebergarten ein- getaucht. Zwei der vierzehn Geschichten betreffen das Areal Landschau-Terrasse. Die Stadt Luzern als Besitzerin von elf Gartenareale engagiert sich zusammen mit uns Pächtern aktiv für die Sicherung der Erhaltung dieser Paradiese. Dieses Buch ist ein Muss für alle Gärtnerinnen und Gärtner und ein wunder- bares Geschenk für Menschen, welche sich mit dem Gärtnern verbunden fühlen. Vorstand Areal Landschau Terrasse