2 | F ortsetzung Titelseite Jubiläum war ihr Anfang Jahr beim Arbeitsbeginn nach den Feiertagen gar nicht richtig bewusst. "Als mich meine Arbeitskolleginnen und –kollegen am frühen Morgen vor dem Laden mit Wunderkerzen, Luftballons und meinem Lieblingslebkuchen empfingen, war ich total überwältigt“, schwärmt Rita Egli und dankt dem ganzen Team von Herzen. Gemüse war früher draussen An ihren ersten Arbeitstag erinnert sich die 59-Jährige ganz genau. Zusammen mit Chefin Maria Stadelmann habe sie Konfitüre ausgepackt und die Gläser in ein kleines Schaufenster beim Eingang gestellt. Damals wurden Gemüse und Obst noch draussen vor dem Laden verkauft. „Und dies immer bis an Allerheiligen am 1. November, komme was wolle. Einmal drückte uns der Schnee sogar die Store ein, es war eine strenge Ze it“, erinnert sich Rita Egli. Im Laden gab es damals noch einen Offenverkauf für Fleisch und Käse, teilweise seien gleich zwei Verkäuferinnen hinter der Vitrine im Einsatz gestanden und zum Arbeiten trug man damals farbige Schürzen. Ein Schock sei es für sie gewesen, als die Migros vor rund 30 Jahren die Selbst- bedienung im Laden einführte. „Da dach- te ich, das war’s, ich bin wohl meinen Job bald los“. Aber es kamen immer wieder neue Aufgaben dazu und der Wäsmeli-Migros wurde mit den Jahren immer grösser. Wo heute Milchprodukte, Käse, Teigwaren, Konserven und auch Tierfutter auf den Regalen stehen, waren früher Garagen. Entsprechend fühlt man sich beim ersten Einkauf im Giro wie in einem Labyrinth. Bei minus zehn Grad unterwegs Rita Egli ist in Gisikon aufgewachsen, zusam- men mit sieben Geschwistern. 15 Jahre lang fuhr sie täglich mit dem Töffli nach Luzern ins Wäsmeli-Quartier: „Auch bei minus zehn Grad und Schnee. Da musste ich mich jeweils mit den Füssen auf dem Boden abstützen, damit ich nicht stürzte. Manchmal kam ich mit Frostbeulen im Giro an.“ Heute wohnt sie mit ihrem Partner in Ebikon und für den Arbeitsweg nimmt sie den Bus. Einen Führerausweis hat sie nicht. Rita Egli ist im Giro-Team hauptsächlich zuständig für Gemüse und Früchte. „Früher gab es samstags auch gekochtes Sauerkraut im Angebot. Gekocht wurde dies in unserem kleinen Büro, so etwas kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen." An eine Geschichte erinnert sie sich mit Schmunzeln: „Einmal war im Lager ein Käselaib angefressen. Wir befürchteten bereits das Schlimmste, näm- lich Ratten. Schliesslich stellte sich heraus, dass der Schäferhund des Chefs den Käse angeknabbert hatte.“ Sie erinnert sich gerne an Franz Stadelmann, der sie eingestellt hatte vor 40 Jahren, ein fairer Chef sei er immer gewesen, den sie sehr geschätzt habe. Plötzlich f ahren Kinder Auto Vor ihrer Zeit im Wäsmeli-Migros hatte Rita Egli im früheren Café Scherrer – der heutigen Hofegge-Bar bei der Hofkirche – gearbeitet. Darum kannte sie schon einige Leute aus dem Wäsmeli, bevor sie überhaupt im Giro startete. Und heute kennt Rita Egli fast die ganze Kundschaft. Das Umgekehrte ist aber auch der Fall. „Und plötzlich fahren die Kinder der Kundinnen schon selber mit dem Auto vor und sehen gleich aus wie ihre Eltern. “ Wie schnell die 40 Jahre im Giro vergangen sind, werde ihr bewusst, weil gewisse Kunden bereits über 80 Jahre alt sind. „Da ich die telefonischen Bestellungen für die Lieferungen entgegen- nehme, erfahre ich auch immer sehr viel Privates, fröhliche und traurige Geschichten. Einmal sagte mir eine betagte Kundin am Telefon, dass sie bald sterben werde und sich nun von mir verabschiede. So was geht einem nahe.“ In ihren Ferien bereisen Rita Egli und ihr Partner gerne die Welt. Und da habe sie manchmal das Gefühl, die Wäsmelianerinnen und Wäsmelianer seien wirklich überall. „In der grössten Hitze im Death-Valley in Kalifornien grüsste uns jemand, der mich aus dem Giro kannte, unglaublich. “ Solche Begegnungen erlebe sie immer wieder, sagt Rita Egli, welche in ihrer Freizeit gerne mal einen Jass klopft, bastelt oder an Geburtstagsfeiern auch mal als Playback- sängerin auftritt, von Opern bis Dire Straits hat sie alles im Programm. Apropos Ferien: Mitte März hatte Rita Egli eigentlich zwei Wochen Ferien gebucht, konn- te aber aufgrund der Corona-Massnahmen nicht verreisen. Nach einer Woche rief Jeanine Stadelmann bei ihr an, sie brach ihre Ferien ab und ging wieder zur Arbeit. „Sie kam uns zu Hilfe, um den Mehraufwand rund um die Corona-Krise zu bewältigen. Das ist eine tolle Geste und nicht selbstverständ- lich“, bedankt sich Peter Stadelmann. Nach 40 Jahren im Giro, wie gross ist ei- gentlich die Vorfreude auf den Neubau im Wäsmeli-Träff, welcher in rund zwei Jahren eröffnet wird? Diese Frage beantwortet die 59-Jährige mit gemischten Gefühlen. „So kurz vor der Pensionierung noch in einen neuen Laden wechseln, das ist schon ein bisschen ein seltsames Gefühl.“ GIRO ZÜGELT 2022 Die Ba uarbeite n für den neuen Wäsmeli-Träff und damit auch für den neuen Migr os, der dann als VOI-Partnerladen geführt wird, sind angelauf en. Bezugstermin wird Mitte 2022 sein, wann genau ist offen. Einen Bericht zum Neuba u des Wäsmeli-Träffs gibt es auf Seite 4 in dieser Frühlingsausgabe . Urs Schlatter Sie hat viele V er ä nderungen im Giro miterlebt: "Früher gab es noch einen Offenverkauf." Foto: Urs Schlatter