KULTURBLATT OBwALdneR/nidwALdneR September 2011 Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Jeder Mensch sieht ein, dass es Bahnhöfe braucht, die Müllabfuhr und Schulen. Aber braucht es Bi- bliotheken, Theater, Konzerte, das Museum? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Es gibt Ansichten und Meinungen und diesbezüglich wohl auch keine allgemeingültige Antwort. Aber es ist die Aufgabe der Kulturbeauftragten immer wie- der dafür zu sorgen, dass die Kultur Anerkennung und Unterstützung erhält. Es ist ihre Aufgabe, die Men- schen dazu zu bringen, dass sie die rein ökonomischen Vorstellungen loslassen, dass sie ihren Blick wei- ten und offen werden für Neues. Denn nur so sehen sie, was Kultur wirklich ist: Nämlich einmalige Er- OBWALD Rochus Lussi Original- bilder NW: Melchior Paul von Deschwanden im Nidwaldner Museum Kunst, Kommerz & Heilige Nidwalden feiert dieses Jahr den 200. Geburtstag des Künstlers Melchior Paul von Deschwanden (1811–1881). Die Frey- Näpflin-Stiftung begann den Jubiläumsreigen von November 2010 bis Fe- bruar 2011 mit einer Ausstellung. Der histo- rische Verein organisierte zu Ehren des Künstlers verschiedene Ex- kursionen und schliesst das Jubiläumsjahr mit einer Vortragsreihe ab. Das Nidwaldner Museum, das vor zwei Jahren einen Teilnachlass des Künstlers erhalten hatte, schliesst sein Ausstellungsjahr mit «Kunst, Kommerz & Heilige. Eine Ausstellung zum 200-Jahr-Jubiläum von Paul Melchior von Deschwanden (1811–1881) und zeitgenössischen Positionen.» Im Zentrum der Ausstellung stehen zwei Kunstschaf- fende: Von Deschwanden (1811–1881) und Marlies Pekarek (*1957). Beide setzen sich auf sehr unterschiedliche Art mit den christlichen Figuren und Symbolen auseinander und beide lassen sich unter dem Aspekt von Kommerz und Kunst betrachten. Daneben werden den Gemälden von Melchior Paul von Deschwandens weitere zeitgenös- sische Positionen beispielsweise von Barbara Gut, Jos Näpflin und Jörg Niederberger gegenüber gestellt. Die Ausstellung thematisiert den Erfolg von Deschwandens religiösen Bildern und präsentiert noch nie veröffentlichte Skizzen, Porträts und Briefe. Den Besuchern eröffnet sich ein einmaliger Einblick in die Atelierarbeit des Künst- lers und stellt demgegenüber die Frage, wie sich das Religiöse bei Gegenwartskünstlern niederschlägt. 13. November 2011 bis 26. Februar 2012, im Winkelriedhaus Stans Vernissage: 12. November 2011 um 17 Uhr Impressum Redaktion: Amt für Kultur Nidwalden; Amt für Kultur und Sport Obwalden. Mitarbeiter/innen dieser Nummer: Peter Omachen, Christian Sidler, Nathalie Unternährer, Peter Steiner. Herausgeber: Kulturkommission Nidwalden, Mürgstrasse 12, 6371 Stans, Telefon 041 618 73 40, kultur@nw.ch Kantonale Kulturförderungskommission Obwalden, Brünigstrasse 178, 6061 Sarnen, Telefon 041 666 64 07, christian.sidler@ow.ch lebnisse und Erkenntnisse, die Seele, Geist und Körper ansprechen und zu Begegnungen führen. Es sind Uni- kate, die in der heutigen Zeit der technischen Reproduzierbarkeit und der totalen Verfügbarkeit von Kultur an jedem Ort und zu jeder Zeit, eine Aura entstehen lassen. Es sind Räume, auf die sich der Mensch ein- lässt. Er erkundet, erinnert, erkennt, erfährt, begreift, fühlt und tritt so in Kontakt zu jeder Form der Kultur. Und genau dieses In-Kontakt-Treten löst Glücksgefühle aus. Was wollen wir mehr? Die Kantone Obwalden und Nid- walden und ihre Kulturschaffenden verhelfen Ihnen auch in der zweiten Jahreshälfte 2011 zu vielen Glücks- OW/NW: Tage des Denkmals 2011 Im UntergrundNW / OW: Tandem – ein Innerschweizer Kunstprojekt Tandemfahrt zur Innerschweizer Innerlichkeit Im Rahmen des Kunstprojekts TANDEM, lanciert vom Schweizer Kunstverein und der Hochschule Luzern Design & Kunst, treffen Studierende im Museum Bru- der Klaus in Sachseln, im Haus für Kunst Uri in Altdorf, im Sankturbanhof Sursee, im Erfrischungsraum Luzern und im Nidwaldner Museum Höfli in Stans auf ausge- wählte Kunstschaffende aus der Zeit der sogenannten «Innerschweizer Innerlichkeit». TANDEM widmet sich einer eben vergangenen, von Mythen umrankten Zeitepoche in der Innerschweizer Kultur: Die «Innerschweizer Innerlichkeit». Eine Epo- che, die über die letzten Jahrzehnte hinweg beinahe zu Tode zitiert wurde, und von dessen Mythos und Begriff sich einige Zeitgenossen kritisch distanziert haben. 40 Jahre danach befragt TANDEM eine Zeitspanne, die von einem einzigartigen Spannungsverhältnis geprägt war: «Eine Zeit des Aufbruchs, ein Sich-Ablösen aus Strukturen, von Sittlichkeit und Gehorsam mit gleich- zeitiger Verbundenheit mit den Traditionen». Zugleich gilt es, sich mit den Nachgeborenen «nach vorne zu erinnern». Junge Künstlerinnen und Künstler wenden sich einem Altmeister zu, um ein TANDEM zu bilden, um Gemeinsamkeiten und somit auch Wahlverwandt- schaften, oder unerwartet Neues und Differenzen aus- zuloten und der Diskussion im Zeitgenössischen neue Horizonte zu eröffnen. Das Nidwaldner Museum zeigt im Höfli in Stans Druck- grafiken und Objekte aus den 1960–1980er Jahren aus dem Werk des Künstlers Hans Rudolf Ambauen und Sargschaukel von Hans Rudolf Ambauen, 1964. Foto: Christian Hartmann. Plakat der NOW 11 Die Europäischen Tage des Denkmals finden dieses Jahr zum 18. Mal statt. Unter dem Motto «Im Unter- grund» stehen für einmal Kulturgüter, die nicht direkt sichtbar sind, im Mittelpunkt. Die Denkmalpflege-Fach- stellen der Kantone Obwalden und Nidwalden zeigen am Samstag, 10. September, militärische Baudenkmäler, unterirdische Kraftwerksbauten und geben Einblicke in die spannende Welt der Unterwasserarchäolo- gie. Die Denkmalpflege des Kantons Obwalden zeigt zum einen die Kraftwerkzentrale Unteraa ganz hinten in der Giswiler Aaried-Ebene, auch «Turbine Giswil» genannt. Auf einem geführten Rundgang durch den 1921 unterhalb des Lungerersees erstellte Anlage kann die 90 x 16 x 12 m grosse Turbinenhalle besucht wer- den, die heute für Kunstveranstaltungen genutzt wird. Die Generatoren liegen seit 1994 in einem dahinter liegenden Bergstollen, der am Denkmaltag exklusiv besichtigt werden kann. Vom Kommandoposten zum Käsekeller, so lässt sich die Baugeschichte des zweiten Obwaldner Objekts zusammenfassen. Der ehemalige Divisions-Kommandoposten Altibach im Gebiet Klein- teil ist eine der wenigen militärischen Anlagen aus dem Zweiten Weltkrieg, die dank einer Umnutzung langfri- stig erhalten bleiben werden. Er liegt an der Route zum Glaubenberg-Pass, der das Sarneraatal mit dem luzer- nischen Entlebuch verbindet. Das betonierte Felswerk mit ursprünglich zweigeschossigem Holzeinbau für Arbeits- und Mannschaftstrakt wurde 1941–1942 er- baut. Seit 2007 dient das Werk Altibach einem lokalen Produzenten als Käsekeller. Es ist ein eindrückliches Zeugnis der friedlichen Umnutzung eines militärischen Kampf- und Führungsbaus. Auch der Kanton Nidwalden zeigt ein militärisches Baudenkmal aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Festung Fürigen wurde 1941 im Rahmen der Reduit-Strategie erbaut. Innerhalb eines halben Jahres wurde der Roh- bau fertig gestellt. Während des Weltkrieges kam es bekanntlich nicht zum Ernstfall, die Festung war jedoch teilweise belegt. Nach dem Krieg wurde sie weiter unterhalten, da mit dem Beginn des Kalten Krieges ein neuer Feind heranwuchs. Ende der 1980er-Jahre wurde die Festung Fürigen von der Schweizer Armee aufgegeben. Verschiedene Persönlichkeiten im Kanton Nidwalden machten sich stark für die Umnutzung in ein Museum. Seit 1991 ist die Festung ein Museum und ist vor zwei Jahren mit der Doku-Soap «Alpenfestung – Leben im Reduit» schweizweit bekannt geworden. Die Originalausstattung aus dem Zweiten Weltkrieg verhilft dem Erinnerungsort zu seiner Aura. Schliess- lich geben Archäologen und eine Freiluftausstellung Einblicke in das Leben der «ersten Nidwaldner», denn der See vor Kehrsiten birgt einen grossen Schatz: Die Entdeckung der einzigen Pfahlbauersiedlung am Alpen- rand und damit der ältesten Siedlung in Nidwalden war 2003 eine Sensation. Heute ist die Fundstelle Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Das detaillierte Programm für den 10./11. September 2011 findet sich unter www.hereinspaziert.ch. Das Pro- grammheft 2011 kann telefonisch bestellt werden unter 031 336 71 11. momenten. Im September findet zum Beispiel die Übersichtsausstel- lung der Ob- und Nidwaldner Kunst NOW statt. Klar, Sie können die Bilder, Skulpturen und Installationen auch im Internet anschauen. Doch Sie treffen dabei auf keine Künstler, Sie riechen nicht das Holz der Aus- stellungshalle und kommen nicht mit anderen Ausstellungsbesuchern ins Gespräch. Die Aura, das Unikat bleibt Ihnen verborgen. Darum: Wir sehen uns in Beckenried. Nathalie Unternährer, Leiterin Amt für Kultur NW den legendären Stammbaum der Schweizer «Kunstma- fia», eines seiner meist rezipierten Werke. Diesem Künstler stellt das Nidwaldner Museum eine Arbeit der Kunststudentin Katrin Keller gegenüber. Auch sie ist fasziniert von den Themenbereichen Netzwerke, Aussenseiterrolle und Machtstrukturen. Als die Kunststudentin am Projekt TANDEM teilnahm, bei welchem verschiedene Kunstschaffende aus der Zeit der Innerschweizer Innerlichkeit den Studieren- den vorgestellt wurden, stiess Katrin Keller auf den Künstler Hans Rudolf Ambauen und dessen Arbeit Stammbaum der Schweizer «Kunstmafia». Fasziniert von seiner Ausführung, schuf sie für das Nidwaldner Museum im Rahmen des Projekts TANDEM ein kon- zeptionell-künstlerisches Werk mit dem Arbeitstitel: «Netz Werke (Introduce myself III)». 1981 fand im Museum Bruder Klaus und im öffent- lichen Raum von Sachseln und Flüeli eine Ausstellung mit dreissig Schweizer Künstlern statt: «Niklaus von Flüe 1981». Die Künstlerliste umfasste wichtige Namen der Schweizer Kunst. 2011 wird mit der Ausstellung «30 Jahre Kunsthaus» darauf Rückblick gehalten. Die- se Absicht fügt sich ideal zusammen mit dem Ausstel- lungsprojekt «TANDEM» des Schweizer Kunstvereins, das die Kunst der Siebziger Jahre zum Ausgangspunkt für die Reaktionen junger Gestalterinnen und Gestal- ter der Hochschule Luzern – Design & Kunst nimmt. Die Studierenden waren frei in der Wahl ihrer Tan- dem-Partner aus der Ausstellung «30 Jahre Kunst- haus». Eveline Blum bezieht sich auf Jürgen Brodwolfs Tubenfiguren. Nicole Buchmann setzt sich mit der en- gagierten Kunst Hugo Schuhmachers auseinander. Julie Furrer lässt sich von Paul Stöcklis Tagebuchblättern anregen. Ramon Hungerbühler reagiert auf die Fo- tos von Stephan Wittmer. Jonathan Ruf widmet seine Klanginstallation Anton Egloff. Franziska Schnell wählt die Zeichnungen Ilse Webers als Ausgangspunkt für ihr Objekt. Vernissage in Stans: Freitag, 2. September, 19 Uhr Vernissage in Sachseln: Sonntag, 4. September, 11 Uhr Weitere Informationen unter www.kunstverein.ch www.nidwaldner-museum.ch / www.museumbruderklaus.ch Für die Besichtigung des ehemaligen Divisions-Kommando- postens Altibach ist aus Platzgründen eine Anmeldung er- forderlich. Foto: Fachstelle für Kultur- und Denkmalpflege Obwalden. ristretto.ch Veranstaltungs- Tipps Ausstellung «Ausnahmezustand» Zivilschutzanlage SanHist Schulhaus Grossmatt, Her- giswil, 4. – 25. September Filmvorführungen «Härdepfel im See» und Begegnungswochenen- de Cantina Caverna, Walchi, Lungern, 10./11. September Dorfwanderung auf den Spuren des Malers M.P. von Deschwanden Treffpunkt Winkelried- Denkmal, 17. Sept., 14 Uhr Konzert Zuckdraht Chäslager Stans 30. September, 20.30 Uhr Ausstellung «vias d’art» in Pontresina Mit 8 Obwaldner Kunst- schaffenden bis 15. Oktober Führung durch die Aus- stellung «von Gipfelstür- mern und Kofferträgern» Nidwaldner Museum, Salzmagazin, Stans, 16. Oktober, 11 Uhr Ausstellung «Madeleine im Garten» Bilder von Eugen Bollin TalMuseum Engelberg Bis 16. Oktober «Die blaue Stunde» Kernser Kulturherbst zu Lyrik, Gesang und Ge- schichten, 4. – 6. November Seifenmadonnen von Marlies Pekarek. Foto: zvg.