Obwalden/Nidwalden 5 entstehen. Genau wie bei städtebaulichen Situationen mögen wir die Orte am meis- ten, in den wir eine hohe Diversität und Spannung vorfinden. Wenn auf engem Raum verschiedene Lösungsansätze zur gleichen räumlichen Aufgabe verwirklicht werden, entstehen besonders interessante Situationen. Aufeinanderfolgende «Kunst und Bau»-Projekte werden so positiv wie verschiedene Gestaltungen von Fassaden in einer Strassenzeile zur Kenntnis genom- men. Eine Überforderung der Betrachter kann ich ausschliessen. Inwiefern können «Kunst und Bau»-Pro- jekte zum verbindenden Element von verschiedenen Architekturen werden? Die grossen Fassadenbemalungsprojekte von Jörg Niederberger in Schwyz könnten viel- leicht als Ansatz dienen. Mit den heutigen Eigentumsverhältnissen und Baubedingun- gen haben übergreifende «Kunst und Bau»- Projekte fast keine Chance. Es bräuchte einen Bauherrn mit dem nötigen Interesse für sol- che Kunstprojekte, viel Landeigentum und ein Projekt in verschiedenen Etappen. Mir fällt dazu die verpasste Chance der Europa- Allee in Zürich ein. Welche Art von bereits realisierten Bauten können am meisten von «Kunst und Bau»-Projekten profitieren? Lang- weilige Architektur kann durchaus mit «Kunst und Bau» aufgewertet werden. Mit einem Künstler, der einen starken kreativen Willen hat, ist eine solche Aufgabe auch kein Verbrechen an der Kunst. Spannend in die- sem Sinne finde ich Projekte wie «Die Nase» aus Styropor von Luca Degunda, welche in Zug von Gebäude zu Gebäude wandert. Bau- ten, die nie für eine solche Applikation ge- dacht waren, werden plötzlich anders wahr- genommen. Auch offenliegende Brandmau- ern bieten eine wunderbare Chance für drei- dimensionale Gestaltungen. Viel wichtiger ist jedoch die Frage, welcher Typ von Architektur «Kunst und Bau»-Pro- jekte potenziert. Hier denke ich, dass vor al- lem öffentliche oder repräsentative Bauten sich hervorragend eignen. «Kunst und Bau» lebt von der Erfahrung des Betrachters. Wäre eine Aufwertung von suburba- nen Gebieten durch «Kunst und Bau» möglich? An Orten, wo die Architektur ver- sagt, wäre die Aufgabe für «Kunst und Bau»- Projekte zu gross. In diesen Fällen ist ein Neubau die bessere Variante. Eigentlich ist es eine Schande, dass zum Beispiel aktive Fab- rikgebäude ihren Stellenwert in der Architek- tur und in der Kunst verloren haben. Wann sollte ein «Kunst und Bau»-Pro- jekt nicht realisiert werden? Es macht we- nig Sinn, «Kunst und Bau»-Projekte an Orten mit wenig oder keinen Menschen zu realisie- ren. Kunstwerke sind ohne Publikum relativ wenig wert. Natürlich ist ein Werk an einem entlegenen Fabrikgebäude auch legitim, da zumindest die Angestellten in den Genuss des Baus kommen. Der Fokus müsste aber trotzdem auf frequentierten Orten liegen. Wie könnten private Bauherren zu «Kunst und Bau»-Projekten motiviert werden? Öffentliche Ehrungen und symbo- lische Anerkennungen bieten kaum Anreiz für gewöhnliche Bauherren, welche primär zu- sätzliche Kosten sehen. Im Idealfall würde sich die öffentliche Hand partiell an den Mehrkos- ten beteiligen. Wenn beispielsweise der Staat die Hälfte der ausgewiesenen Mehrkosten übernimmt, würden bereits einige Bauherren «Kunst und Bau» in Erwägung ziehen. Wo sehen Sie Potenzial für «Kunst und Bau»-Projekte in den Kantonen Ob- und Nidwalden? In Nidwalden gibt es überall diese Odermatt-Skulpturen, ein biss- chen viele meiner Meinung nach. Ich habe mich immer gefragt, warum beim Kollegi nichts in Richtung «Kunst und Bau» pas- siert. Auch das Winkelriedhaus könnte ver- mutlich eine grosse Geste im freien Raum gut vertragen. Der Bahnhof Stans hätte ein grosses Potential, um vom einfachen Dorf- bahnhof zu etwas Sinnstiftendem zu wer- den. Wegweisend könnte auch ein ästheti- sches Zeichen auf dem Weg nach Engelberg, beispielsweise in Wolfenschiessen sein. In Obwalden könnte ich mir gut ein schwimmendes Kunstwerk vorstellen. Es gibt genug Seen, die nicht bespielt werden. Ansätze wie der kolossale Stahlwürfel oder die kleineren rostigen «Cabanes» von Jean Nouvel an der Expo 02 zeigen, wie ein- drücklich Wasserarchitekturen sein können. Interview: Martin Garcia Sturmgurkenabflug. Bild: Fabienne Kälin Die Nase. Bild: Stadt Zug, Fachstelle Kultur