16 Nidwalden Träger einer Botschaft, sondern ein gleich- berechtigtes Bildelement. Die Verbindung zum Buch in Therese Webers Werk kann aber auch sehr viel subtiler ausfal- len. In ihrem jüngeren Werk etwa beschäftigt sich die Künstlerin intensiv mit Petroglyphen, prähistorischen Steingravierungen, die sie mittels Frottage auf Papier überträgt und wei- ter künstlerisch modifiziert. Petroglyphen fas- zinieren Weber nicht nur als uralte Zeugen vergangener Kulturen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Informationsträger. Genau wie ein Buch vermitteln sie durch ihre Zei- chen und Zeichnungen Wissen. Mit ihrer Übertragung auf den Werkstoff Papier gelingt es Weber, den Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schliessen. Oder in ihren eigenen Worten: «Künstlerische Auseinander- setzung beinhaltet für mich auch, die Bedeu- tung des traditionellen Materials in eine zeit- genössische Perspektive zu transferieren.» Bettina Thommen Die international bekannte Künstlerin und Autorin setzt sich in erster Linie mit dem Werkstoff Papier auseinander – dies so- wohl aus künstlerischer wie auch aus wissen- schaftlicher Perspektive. Während ihrer Stu- dienzeit in den USA erwacht ihr Interesse für Papier und Papierkunst, eine Leidenschaft, die sie seither nicht mehr losgelassen hat. «Am Material Papier fasziniert mich vor allem die Freiheit der Form», führt Weber aus, während sie durch ihr Hergiswiler Atelier führt. Papier ist in ihren Werken nicht nur reines Trägerma- terial, es ist vielmehr essenzieller Bestandteil der Bilder und Objekte. Oft arbeitet Weber dabei mit flüssiger Pulpe (Papierfaserstoff), welche sie – vorher eingefärbt – übereinander- giesst, -schöpft und -schichtet. Die Technik der Papierherstellung lernte Weber unter ande- rem während eines Aufenthaltes in Japan ken- nen, doch beschäftigt sie sich auch mit tradi- tionellen Papierformen in anderen Weltregio- nen. Diese wissenschaftliche Auseinanderset- zung mit der Materie dient ihr nicht nur als Grundlage für das Verfassen eines Fachbuches zur Kulturgeschichte des Papiers, sondern auch als Basis für ihre Kunst. Sie unternimmt dazu immer wieder Reisen auch in entlegene Gebiete, etwa in die Berge Zentralasiens oder in die Wüste Taklamakan. «Papier ist meine Triebfeder zum Reisen», sagt Weber, «es schickt mich immer wieder in die Welt hin- aus.» Vollbepackt mit neuen Eindrücken und Erkenntnissen, aber auch neuen Motiven kehrt sie jeweils zurück, um in ihrem Atelier in Hergiswil an ihrem Werk zu arbeiten. In ihrer Auseinandersetzung mit Geschich- te, Material und Tradition spielt auch das Buch als solches immer wieder eine Rolle, manchmal sogar auf sehr direkte Art und Weise. In ihrem Projekt «Buch im Buch» etwa werden gegossene Papierflächen unter- wegs entstandenen Fotografien gegenüber- gestellt, welche im Vordergrund ein von We- ber während der Reise bearbeitetes Skizzen- und Notizbuch zeigen. Das Buch ist darin nicht blosser Untergrund für die Schrift und Therese Weber vor ihrem Werk «Donglixue» im Museum for Modern Art, Tiflis, Georgien Bild: Christoph Baumer Kulturkopf Therese Weber Einen auf den ersten Blick nicht offensichtlichen, dafür aber umso vielseitige- ren Bezug zum Thema Buch und Buchkultur pflegt der Kulturkopf Therese Weber.