- 4 BirdLife LuzernInfo 1/09 „Avifauna 1950“ Historische Angaben über die Brutvö- gel liefern wichtige Grundlagen bei der heutigen Beurteilung der Situation der Avifauna in der Schweiz. Viele Arten haben nämlich bereits vor dem ersten Brutvogelatlas (1972–1976) starke Ver- luste erlitten. Denn die Intensivierung der Landnutzung setzte schon in den Fünfzi- gerjahren oder früher ein. Mit dem neuen Projekt „Avifauna 1950“ der Schweizerischen Vogelwarte soll die Verbreitung der Brutvögel in den Jahren 1950–1959 in der Schweiz dokumentiert werden. Die Vision ist ein Verbreitungs- atlas 1950–1959 mit Vergleichskarten zu den beiden bestehenden Atlanten 1972– 1976 und 1993–1996. Von den rund 200 Brutvogelarten sind die Veränderungen bei etwa einem Drittel der Arten (meist seltenere) einigermassen dokumentiert, und bei einem weiteren Drittel liegen keine Indizien für grosse Veränderungen vor. Das Schwergewicht liegt bei Arten, bei denen sich die Ver- breitung stark verändert hat. Bei älteren Ornithologen ist noch viel Wissen über die Situation zu jener Zeit vorhanden. Eine weitere Informations- quelle sind die umfangreichen Beobach- tungsarchive der Vogelwarte, speziell das Archiv des 1962 erschienenen „Brutvo- gelbuchs“. Ergänzend dazu werden auch regionale Avifaunen, Publikationen in Zeitschriften (z.B. „Vögel der Heimat“) usw. berücksichtigt. Kennen Sie Personen, welche die dama- lige Vogelwelt schon beobachtet haben? Oder haben vielleicht Sie selbst Erinne- rungen an die Brutvögel der Fünfziger- jahre? Denn auch Jugenderinnerungen tragen für manche Arten viel zur Doku- mentation der vergangenen Brutvogel- welt bei. Alte Notiz- und Beobachtungs- bücher stellen eine besonders wertvolle Quelle dar, auch wenn die Beobachtun- gen nicht systematisch erfolgten. Sämtli- che Hinweise nehme ich gerne entgegen: Peter Knaus, Schweizerische Vogelwarte, 6204 Sempach, Tel. 041 462 97 32, peter.knaus@vogelwarte.ch. Die grösste Mauersegler-Kolonie in Lu- zern lebt an der Museggmauer. Deshalb wird ihr bei der laufenden Sanierung ein besonderes Augenmerk gewidmet. Im Sommer 2008 wurde eine erste Erfolgs- kontrolle durchgeführt. An der Museggmauer brüten zwischen Nölli- und Schirmerturm mehr als 100 Mauersegler-Paare. Weil der Mauerseg- ler eine so genannte Prioritätsart ist, wird bei der Museggmauer-Sanierung dem Erhalt möglichst aller bekannten und po- tenziellen Mauersegler-Brutplätze grosse Beachtung geschenkt. Im Sommer 2008 wurde erstmals genau- er untersucht, wie die Mauersegler auf das Baugerüst reagierten und ob und wie stark Brutplätze in bereits sanierten Ab- schnitten angenommen wurden. Während der ersten Sanierungsetap- pe zwischen Nölli- und Männliturm im Frühling/Sommer 2007 waren fast alle angestammten Brutplätze verwaist. Of- fenbar war das Baugerüst ein zu grosses Hindernis. Die zweite Etappe zwischen Männli- und Luegislandturm wurde halbiert. Die westliche Hälfte dieses Abschnitts wurde unmittelbar nach der Brutsaison der Mauersegler im Herbst 2007 bearbeitet. Die östliche Hälfte folg- te im Herbst 2008. Dies erwies sich als Glücksfall, denn im Gegensatz zur ersten Etappe wurden hier 2008 sämtliche Mau- ersegler-Brutplätze wieder besetzt. Die Wiederbesiedlung im Abschnitt Männli- /Nölliturm hat noch nicht im erhofften Rahmen eingesetzt. Aber immerhin ha- ben vier Paare einen Anfang gemacht. Möglicherweise sind einige Mauerseg- lerpaare umgezogen – was für die extrem Nistplatz-treuen Vögel sehr untypisch ist. Nichtsdestotrotz waren im 2008 im Mauerabschnitt Luegisland-/Männliturm deutlich mehr Mauersegler-Brutplätze besetzt als in den Vorjahren. Dass die Sanierungsmassnahmen erfreu- lich umgesetzt werden, beweisen Mauer- segler, welche ihre angestammten, jetzt aber sanierten Brutplätze im westlichen Teilabschnitt zwischen Männli- und Luegislandturm problemlos wieder be- setzten. Erfreulich sind auch die Beob- achtungen aus der dritten Etappe zwi- schen Luegisland- und Wachtturm, der im Frühling/Sommer 2008 eingerüstet war. Die befürchteten Störungen für die Mauersegler blieben weitgehend aus. Dank einer „Gerüstlücke“ war es fünf Brutpaaren möglich, trotz Gerüst in ihren angestammten Brutnischen erfolgreich zu brüten. Überraschenderweise schaffte ein Brutpaar sogar Aussergewöhnliches. Beide Eltern flogen trotz vollständig auf- gebautem Gerüst ihren dahinter liegen- den Brutplatz an; drei Jungvögel wurden erfolgreich aufgezogen - eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit! Es besteht Grund zur Hoffnung, dass die Sanierung der Museggmauer weiterhin ohne nennenswerte Einbusse für die Mau- ersegler verlaufen wird und dass Ausfälle bald wieder ausgeglichen werden. | Philip Baruffa und Sebastian Meyer Schonender Umgang mit Mauersegler-Brut- plätzen bei der Sanierung der Museggmauer Baugerüst mit einer Gerüstlücke | Sebastian Meyer Brutplätze Mauerabschni� 2005 2007 2008 Nölliturm – Männliturm 30 3 4 Männliturm – Luegislandturm (West; saniert) 9 5 9 Männliturm – Luegislandturm (Ost; nicht saniert) 4 3 6 Luegislandturm – Wachtturm 8 0* 6 Total Brutplätze 52 11 25 * 2007 wurde dieser Abschnitt nicht überwacht.