- 2 BirdLife LuzernInfo 2/11 Die anderen Kollisionen ereignen sich wegen der Transparenz der Scheiben: Die Vögel sehen durch eine Scheibe hindurch und erblicken die Landschaft dahinter, ohne das Hindernis wahrzunehmen. Die- se Situation kennen wir von Lärmschutz- wänden, Windschützen, Wintergärten und Eckverglasungen. Für uns Vogelschützerinnen und Vogel- schützer ist das Dilemma dabei: es kann fast jederzeit fast überall passieren. Weil es an jedem Gebäude nur relativ selten vorkommt und von den Bewohnerinnen und Bewohnern als „Einzelereignis“ abgetan wird, werden Gefahrenstellen häufig nicht entschärft. Und weil auch viele Baufachleute – verständlicherwei- se – auch noch grössere Knacknüsse zu lösen haben, werden aus Unwissenheit oder mangelnder Rücksichtnahme täglich neue Vogelfallen errichtet. Der Bauboom der letzten Jahre ist auch im Kanton Lu- zern enorm: Es werden hier beispiels- weise jedes Jahr um 2000 Wohnungen gebaut, davon viele, die offensichtliche Fallen aufweisen. Dazu gehören etwa die volltransparenten Balkonbrüstungen, die in den letzten Jah- ren aufgekommen sind und die nun wirk- lich mit undurchsichtigen Materialien ebensogut erstellt werden könnten. Ist das nicht ein Grund, sich zu empören und laut nach Verbesserungen zu schreien? Neue Produkte Dank Aufklärungsarbeit durch den Schweizer Vogelschutz/BirdLife Schweiz und Praxistests durch die Schweizerische Vogelwarte und dank den Verantwortli- chen der kantonalen Autobahnämter und des ASTRA werden heute transparente Lärmschutzwände entlang von Autobah- nen routinemässig mit Vogelschutzstrei- fen ausgerüstet. Das ist ein schöner Er- folg und, wenn man quer durch Europa blickt, leider noch längst nicht selbstver- ständlich. Ein ähnlicher Fortschritt wird sich hof- fentlich bald auch beim Hochbau zei- gen. Demnächst bringt Marktleader Glas Trösch eine neue Produktelinie auf den Markt. Sie beinhaltet vogelfreundliche Produkte gleich für drei verschiedene Anwendungszwecke: • BirdProtect Office ist ein Sonnenschutz- glas, das mattierte Streifen aufweist. Die- ses ist vorab für Bürobauten gedacht. • BirdProtect Street ist ein transparentes Falle für Vögel: transparenter Windschutz |Hans Schmid Glas mit Vogelschutzstreifen. Dieses eig- net sich für Lärm- und Windschutzvor- richtungen, Bushaltestellen usw. • BirdProtect Home ist ein besonders iso- lierendes Glas, das weniger spiegelt als herkömmliche Dreifachverglasungen. Es ist für den Einsatz z.B. als Wohnzimmer- fenster konzipiert. Architekten und Bauherren können nun also „ab Stange“ Produkte auswählen, die zwar nicht absoluten Schutz bieten, aber die eine sehr massgebliche Reduk- tion der Anflüge versprechen. Damit gibt es keine Ausreden mehr! Bereits ist die vogelfreundliche Konstruktion ein Prüf- punkt bei der Zertifizierung von Gebäu- den mit Minergie Eco-Standard. Nun gilt es, den Vogelfallen auch an konventio- nellen Bauten den Kampf anzusagen. Der örtliche Vogelschutzverein ist da gefragt! Bei heikel erscheinenden Bauprojekten darf ruhig mal beim Bauverwalter der Gemeinde (ja, fortschrittliche Schwei- zer Gemeinden machen diesbezüglich Auflagen!), beim Architekten oder beim Bauherrn nachgefragt werden. Und über krasse Fehlleistungen darf man sich kräftig empören und diese auch mal an den Pranger stellen, denn nur mit einem gewissen Druck wird die Bauindustrie rasch zu einem allgemeinen Umdenken zu bewegen sein.|Hans Schmid Vorbildlich: Neuer Rontalzubringer mit Punkteraster |Hans Schmid Weitere Falle für Vögel: transparente Balkon- brüstungen |Hans Schmid Info-Veranstaltung für Baufachleute Auf Einladung der SIA Zentralschweiz und der Regionalkonferenz Umwelt- schutz findet am 27.10.11 in der Messe Luzern eine Fortbildungsveranstaltung für Baufachleute statt. Mehr Infos Die Broschüre „Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht“ bietet eine breite Übersicht, wie Vogelfallen beim Bau oder auch nachträglich eliminiert werden können. Sie kann bei der Vo- gelwarte bestellt oder unter www.vogel- glas.info heruntergeladen werden. Dort gibt es auch das Merkblatt „Vogelkiller Glas“. Test von neuem Glas an der Sporthalle Kotten in Sursee: 90% weniger Kollisionen |Hans Schmid