– 3 – Wann gelingt ein neuer Brutnach- weis des Mittelspechts in der Zen- tralschweiz? Diese Frage hätte man sich bis vor rund 10 Jahren noch kaum zu stellen gewagt, deuteten doch alle Zeichen auf einen steten Rückgang hin. Nun ist die Art aber wieder auf Expansionskurs, die Ur- sachen dafür sind nicht klar. Diese Ausbreitung bestätigt sich auch bei den Aufnahmen für den Schweizer Brutvogelatlas 2013–16 der Vogel- warte Sempach. 1993–96 wurde der Mittelspecht erst in 59 Atlasquadra- ten (Quadrate mit 10 km Seitenlän- ge) nachgewiesen. 2013–15 liegen Beobachtungen dagegen schon in 122 Atlasquadraten vor! Die nächsten Brutzeit-Vorkom- men zur Zentralschweiz befinden sich entlang der Reuss, nördlich des Hallwilersees und in der Regi- on von Olten. Aber es gibt auch in den Zentralschweizer Kantonen im- mer mehr Beobachtungen, nämlich 17 seit 2000. Neun davon gelangen ausserhalb der Brutzeit. Speziell sind unter anderem je ein Vogel in Giswil und Altdorf, die sich im Win- ter 2008/09 respektive 2010/11 re- gelmässig an einem Futterhäuschen zeigten. Erstaunlich ist auch ein Mit- telspecht, der am 4. September 2012 auf 1320 m oberhalb von Sörenberg gesichtet wurde. Weitere Beobach- tungen zwischen Anfang September und Mitte Februar erfolgten in der Region Luzern und in Sursee. Von den acht Brutzeitmeldungen zwischen Ende Februar und Mitte Mai gelangen vier in der Gemeinde Horw. Die einzige Feststellung eines quäkenden Vogels glückte am 18. Mai 2008 im Bireggwald, ebenfalls auf Horwer Boden. Hier könnte sich eine gezieltere Suche im nächsten Frühjahr lohnen. Wahrscheinlich betreffen die meisten Brutzeitmel- dungen jedoch eher umherstreifen- de Vögel, die aber teilweise durch- aus in geeigneten Lebensräumen auftreten, wo in Zukunft Bruten auch möglich wären. Der typische Lebensraum sind Laubwälder wie Eichenwälder und Auenwälder mit alten grobborkigen Bäumen. Geeignet sind Wälder mit mindestens 10 grösseren Eichen pro Hektare. Auch vergleichswei- se eichenarme Laubwälder werden gelegentlich besiedelt, z.B. alte Bu- chenwälder mit grobrissigen Bu- chen oder Wälder mit einem hohen Anteil an stehendem Totholz. Die häufigste Lautäusserung ist die «kickickick»-Rufreihe. Sie kann praktisch während des ganzen Jah- res gehört werden und wird bei Re- vierstreitigkeiten geäussert. Ebenso auffällig ist das «Quäken», das in unterschiedlich langen Serien von Februar (bei warmem Winterwetter gelegentlich auch früher) bis Anfang Mai vernommen werden kann. Ver- paarte Mittelspechte quäken kaum mehr. Vögel, die Ende April noch intensiv quäken, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit unverpaart. Die verschiedenen Stimmen des Mittel- spechts können unter der folgenden Webadresse gehört werden, wo sich auch weitere Hinweise zur Suche finden: http://atlas.vogelwarte.ch/mittelspecht |Peter Knaus, Projektleiter Brutvogelatlas 2013–16 BirdLife Luzern Info Melden Sie auf ornitho.ch Bitte melden Sie allfällige Beobachtungen von Mittelspechten auf ornitho.ch. Auch Ne- gativhinweise bei erfolgloser Suche während der Brutzeit (Atlascode 99) sind wertvoll. Vielen Dank für Ihre Mithilfe!www.ornitho.ch Nr. 4/15, Dezember 2015 Mittelspecht auf Expansionskurs Der Mittelspecht breitet sich wieder aus. Nachdem die Art vor rund 50 Jahren aus unserem Kanton als Brutvogel verschwand, scheint heute eine Rückkehr nur noch eine Frage der Zeit. Dieser Mittelspecht besuchte im Winter 2008/09 regelmässig ein Futterbrett in Giswil OW und ist der erste Nachweis dieser Art für die Urschweiz. Bruno Berchtold, ornitho.chVergleichskarte der besetzten Atlasquadrate 1993–96 und 2013–15 des Mittelspechts mit den einzelnen Nachweisen 2013–15. Illustriert sind auch die Nachweise 2000–15 des Mittel- spechts in der Zentralschweiz. Grafik: Schweizerische Vogelwarte Sempach, Relief © Institut für Kartographie, ETH Zürich