BirdLife Luzern Info Nr. 3/19 – 5 Ein Zufall führte mich 2018 erstmals in den Libanon. Dieses kleine Land im Nahen Osten war mir vor allem als Bürgerkriegsland in Erinnerung, doch was ich entdeckte, lehrte mich etwas anderes: Die Leute sind aus- serordentlich gastfreundlich, ich fühl- te mich sicher und war angetan von der kulturellen und landschaftlichen Vielfalt. Von den Ebenen entlang der Mittelmeerküste über bewaldete Hü- gel hinauf zu kahlen Bergen, deren Rücken im Winter schneebedeckt sind, über das fruchtbare Bekaatal bis zum wüstenähnlichen Nordosten bietet das Land auf engstem Raum sehr vielfältige Lebensräume für Tie- re und Pflanzen. Ich sah tausende Weissstörche und hunderte Schrei- adler sowie viele weitere Greifvögel durchziehen. In Büschen und auf Feldern rasteten zahlreiche Kleinvö- gel, und im Feuchtgebiet von Ammiq tummelten sich Reiher, Enten, Rohr- sänger und Limikolen. Ich entdeckte wunderschöne Orte, die mich an das Paradies erinnerten. Leider ist es der Libanon als Ganzes nicht: Die Landschaft ist von Sied- lungs- und Strassenbau sowie in- tensiver Landwirtschaft stark unter Zugvogelschutzprojekt im Libanon Der Libanon liegt auf der östlichen Hauptzugsroute zwischen Europa und Afrika, was zu verdichtetem Vogelzug führt. Viele Arten sind durch massive illegale Jagd gefährdet. Die Regierung versucht mithilfe lokaler und internationaler Organisationen der Wilderei ein Ende zu setzen. Druck. Die Schiessbegeisterung der Bevölkerung ist überall zu spüren: Kaum ein Ort, wo keine Patronen- hülsen am Boden herumliegen, und kaum eine Morgen- oder Abend- stunde ausserhalb der Stadt, in der keine Schüsse zu vernehmen wären. Selbst in Dörfern wird Jagd gemacht, so zum Beispiel auf Mönchsgras- mücken. Während diese verspeist werden, gibt es auch zahlreiche Ab- schüsse nur zum Spass! Das Ganze ist meistens illegal, denn der Liba- non kennt eigentlich ein zeitgemäs- ses Jagdgesetz, welches viele Arten schützt und zum Beispiel auch keine Vogeljagd im Frühling erlaubt. In den letzten Jahren hat die Re- gierung jedoch aufgrund von Druck durch libanesische und internationale Schutzorganisationen damit begon- nen, Wilderer zu verfolgen und zu bestrafen. Es findet langsam ein Um- denken statt. Auf meiner Reise habe ich auch Li- banesen kennen gelernt, denen der Schutz der Vögel ein Herzensanlie- gen ist und die sich seit Jahrzehnten unermüdlich dafür einsetzen. Aus diesen Kontakten ist nun ein Projekt entstanden: An einem Zugvogel- Beobachtungsstand wollen wird der Bevölkerung das Wunder des Vo- gelzugs näherbringen und das Be- wusstsein für die Ökologie der Zug- vögel und deren Schutz fördern. Diesen Herbst werde ich selber während zehn Wochen im Libanon verbringen und ehrenamtlich beim Projektaufbau mitarbeiten. Martin Käch Das Projekt An einem Beobachtungsstand in der Ge- meinde Hammana (ca. 30 km östlich von Beirut) werden tagziehende, vorbeiflie- gende Zugvögel bestimmt und gezählt. Das ganze geschieht öffentlich. Besucher werden über die Wanderungen dieser Vö- gel informiert. Zudem werden lokale Ran- ger im Bestimmen der Vögel ausgebildet. Das Projekt läuft unter der Leitung des libanesischen BirdLife-Partners SPNL (Society for the Protection of Nature in Lebanon) und wird von der Standortge- meinde Hammana sowie verschiedener BirdLife-Organisationen mitgetragen. Gerne nehme ich auch Ihre Unterstüt- zung entgegen. Vielen Dank! Weitere Infos unter:birds-libanon.ch Martin Käch Martin KächWeissstörche gehören zu den augenfälligsten Zugvögeln im Li- banon und treten oft in grossen Trupps auf, wie hier im April 2019 über dem Ort des geplanten Beobachtungspostens. Das Libanongebirge dient als Leitlinie für Zugvögel und sorgt für gute Thermik. Auf diesem Bergrücken in einer Höhe von 1400 m wird der Beobachtungsposten eingerichtet.