Der Steinkauz ist ein wahrer Charak- terkopf: Unter kräftigen Überaugen- streifen blicken gelbe Kulleraugen gebannt über die Kulturlandschaft. Die nur 20 cm kleine Eule bevorzugt strukturreiche, extensiv bewirtschaf- tete Hochstamm-Obstgärten, in dem sie ihre Beute – Mäuse, Insekten oder Regenwürmer – meist am Bo- den jagt. Wo sie noch vorkommt, ist sie ganzjährig im selben Revier anzu- treffen. Mit der Wahl zum Vogel des Jahres 2021 möchte BirdLife Schweiz auch aufzeigen, weshalb es zwingend eine ökologischere Landwirtschaftspoli- tik und eine bessere Raumplanung braucht – nicht nur für den Fortbe- stand und die Förderung des Stein- kauzes, sondern auch für den Schutz vieler weiterer Arten im Kulturland. Bevorzugte Obstgärten Schon im zeitigen Frühling hallen die Rufe des Steinkauzes durch die Nacht. Er brütet in Höhlen von al- ten Obst- oder Feldbäumen und nimmt auch spezielle, mardersichere Niströhren gerne an. Diese sind so konstruiert, dass Marder nicht in die Niströhre gelangen können. Anfang August trennen sich die Jungkäuze von der Familie. Sie beginnen nun umherzuziehen, um eigene Reviere zu finden. Der Grossteil siedelt sich näher als 10 km zum Geburtsort an, sofern geeignete Lebensräume vor- handen sind. Der Steinkauz in der Schweiz 1952 erreichte die Dichte in der Re- gion Genf Werte von 16–20 Paare pro km2! Der Bestand in der Schweiz lag damals wohl bei 800–1000 Paa- ren. Mit dem Roden der Hochstamm- Obstgärten, dem Pestizideinsatz und dem Ausdehnen der Siedlungen wur- de der Steinkauz im 20. Jahrhundert immer seltener. Vor 20 Jahren war der absolute Tiefpunkt erreicht: Nur noch 50–60 Paare wurden gezählt. Dank aufwändigen Förderprojekten von BirdLife Schweiz und zahlrei- chen Partnern konnte der Trend zum Glück umgekehrt werden: 2020 wur- den wieder 149 Reviere notiert. Es ist aber noch ein weiter Weg, bis wieder eine stabile Population erreicht ist. Im Kanton Luzern hielt sich der Steinkauz mindestens bis 1980, als bei Kottwil letzte Einzelpaare erfasst wurden; damals betrug der Schwei- zer Bestand 185 Paare. Seither ist es still um den Kauz geworden. Für Überraschung sorgte im Januar 2009 ein Vogel in Ettiswil. Er war mit einem Vogelwarte-Ring versehen, eine vollständige Ablesung gelang nicht. Der Steinkauz blieb mit Unter- brüchen bis im März 2010. Die bis- her letzten Meldungen stammen von einem rufenden Vogel im November Steinkauz – ein sympathischer Botschafter Die kleine Eule steht wie kaum ein anderer Vogel für den Erfolg von Schutzmassnahmen, aber auch für den mangelnden Einbezug der Bio- diversität bei der Raumplanung. Als Botschafter für eine Ökologische Infrastruktur begleitet uns der Steinkauz durch das Jahr 2021. Martin Grüebler Die Flächenbewirtschaftung in der Schweiz ist vielerorts deutlich zu intensiv. Oder wo haben Sie das letzte Mal bei uns solche traditionelle Hochstamm-Obstgärten wie diese aus Baden-Württemberg gesehen? Hier sind unterschiedlich alte und dicke Bäume, ein reiches Totholz- und Höhlenangebot, eine extensive Unternutzung, kleinflächige Unterschiede im Mähregime und vielfältige Kleinstrukturen wie Asthaufen, Brennholz stapel, Unterstände usw. vorhanden. Martin Grüebler Der Steinkauz – Kobold mit gelben Augen Der Vogel des Jahres wird am Donners- tag, 15. April 2021, um 20 Uhr an einem Vortrag im Natur-Museum Luzern vor- gestellt. Bitte konsultieren Sie die Home- page, falls der Vortrag wegen Corona- Einschränkungen kurzfristig abgesagt werden müsste. BirdLife Luzern Info Nr. 1/21  –  2