BirdLife Luzern Info Nr. 3/22  –  8 Die Flussseeschwalbe hat in der Schweiz eine triste Geschichte hinter sich. Einst war sie ein regelmässiger Brutvogel auf den Kiesbänken unse- rer grossen Flüsse. Vor allem für Aare und Rhein sind für das 19. Jahrhun- dert diverse Brutkolonien verbürgt. Durch die Kanalisierung und wegen Kraftwerkbauten mit ihren Staustu- fen gingen diese Brutplätze alle ver- loren. 1948 gab es schweizweit noch 6 Kolonien mit 47 Brutpaaren. Bereits 1952 waren 5 davon ebenfalls erlo- schen und als einzige blieb die Ko- lonie am Fanel am Neuenburgersee übrig. Vollständig von Fördermass- nahmen abhängig Am Fanel hatte man schon ab 1929 begonnen, Inseln und Flösse für die Art bereitzustellen. Die Flusssee- schwalbe ist seither bei uns vollstän- dig vom Goodwill des Menschen, sprich vorab von Artenförderungs- massnahmen, abhängig. Die Kolonie am Fanel entwickelte sich ab den 1960er-Jahren positiv und blieb lange der mit Abstand wichtigste Brutplatz. Bis 1990 hatten sich an rund einem Dutzend Stellen wieder Flusssee- schwalben angesiedelt. Der Bestand schwankte damals meist zwischen 200 und 250 Paaren. 2004 wurde erstmals die Schwelle von 500 Brut- paaren überschritten, 2021 waren es bereits 767. Aktuell brütet die Fluss- seeschwalbe in der Schweiz wieder in gut 20 Kolonien. Diese Erfolgsge- schichte des Artenschutzes ist nur dank dem Engagement vieler Vogel- schützerinnen und Reservatsbetreu- ern möglich geworden. Sie bauen Flösse, Plattformen und Brutinseln – und garantieren für deren Unterhalt. Oft eine aufwändige Sache! Kiesdächer bieten neue Optionen Auch der Erfolg am Sempachersee war nicht zufällig. Seit 2015 brüten Flussseeschwalben am Zürichsee auf einem Bootshaus. Ob dies am Sempachersee auch klappen könn- te? Heinz Bachmann, der Hausmeis- ter der Schweizerischen Vogelwarte, hat als erfahrener Tüftler Attrappen aus Holz gefertigt, diese naturgetreu angestrichen, und im Juli 2020 auf dem Dach des Besuchszentrums der Vogelwarte in Sempach platziert. Eine Soundbox mit arteigenen Rufen tat das Ihre. Jedenfalls zeigte schon sechs Tage später eine Flusssee- schwalbe Interesse und landete auf Frisch flügge Flussseeschwalbe am 14. Juli 2022 am Ufer des Sempachersees.Stefan Werner Fritz Sigg Die Flussseeschwalbe hat eine Spannweite zwischen 70 und 80 cm und ist rund 35 cm lang. Sie greift in der Nähe von Brutplätzen auch weit grössere Vogelarten energisch an. Das war gerade über der Vogelwarte wichtig, denn potenzielle Nesträuber wie Graureiher und Rabenkrähe hatten ihre Nester in unmittelbarer Nachbarschaft. Neuer Luzerner Brutvogel: Flussseeschwalbe Es hatte sich abgezeichnet: Die Flussseeschwalbe ist in den letzten Jahren am Sempachersee immer regelmässiger aufgetreten. In diesem Sommer nun erfolgte der erste Brutversuch. Dieser glückte: Ein Paar brachte drei Jungvögel zum Ausfliegen.