Die «Tage der Natur» werden seit 2016 alljährlich von den Umweltorga- nisationen BirdLife Luzern, Pro Natu- ra Luzern und WWF Luzern zusam- men mit dem Natur-Museum Luzern und der Naturforschenden Gesell- schaft Luzern in der Zentralschweiz organisiert. Das Ziel ist, innerhalb von 24 Stunden möglichst viele Arten nachzuweisen und dadurch Grundla- gen für die Optimierung von Schutz- massnahmen zu generieren. Noch nie gelang es, so viele Arten nachzuweisen wie auf der Rigi. 1794 verschiedene Tier-, Pflanzen-, Al- gen- und Pilzarten konnten gefunden werden. Darunter waren mindestens 18 Arten, die noch nie in der Zen- tralschweiz gesichtet worden waren, 26 neu nachgewiesene Arten für den Kanton Luzern und 23 neue Arten für den Kanton Schwyz. Etliche spezielle Funde Ein besonderes Highlight war die Ent- deckung der Köcherfliegenart Stac- tobia eatoniella, die in der Schweiz als ausgestorben gegolten hatte. Ihre Larve lebt nur an von Wasser über- rieselten Felsen, wie sie auf der Rigi an vielen Stellen vorkommen. Es braucht viel Fachkenntnis und ein gu- tes Auge, um dort die unscheinbaren Tierchen zu entdecken. Die Rigi ist ein weit gegen das Mittelland vorgeschobener Gebirgs- vorposten. Besonders interessant war deshalb auch die Frage, ob die Alpenpflanzen und Tiere, die von früher bekannt waren, trotz Klimaer- wärmung noch vorkommen. Und tat- sächlich: Auf Rigi Kulm flattert noch der Gletscherfalter und die kältelie- bende Dreiblütige Binse überdauert in schattigen Spalten auf der Nordseite. Aber wie lange noch? Ein besonderer Fund war auch der Steinbrech-Rüs- selkäfer Pelenomus hygrophilus, der bisher europaweit nur an etwa einem Dutzend Stellen gefunden worden ist. Sogar die als gut erforscht geltende Vogelwelt bot eine veritable Überra- schung: Eine Gruppe von 30 Gänse- geiern, begleitet von einem Mönchs- geier, kreiste am Sonntag kurz vor 14 Uhr über der Rigi. Vergängliche Vielfalt Nicht nur das Seltene und Ausserge- wöhnliche faszinierte die Naturkund- ler:innen. Die Alpenflora mit etlichen Orchideenarten, Arnika und Pracht- nelken ist zum Beispiel entlang der Geleise der Rigibahn bei Staffel und Romiti farbenprächtig ausgebildet. Hier passt das Zitat von Gottfried Keller, welches man auf einer Bronze- BirdLife Luzern Info Nr. 1/23  –  4 Geier über der Rigi! Erstaunliche Entdeckungen an den Tagen der Natur Die «Tage der Natur» auf der Rigi waren ein Erfolg. 63 Forscherinnen und Forscher reisten aus der ganzen Schweiz auf die «Königin der Berge», um am 18. und 19. Juni 2022 möglichst viele Tier-, Pflanzen- und Pilz- arten nachzuweisen. Sie haben fast 1800 Arten entdeckt. Zarte Schönheit und echt selten: Von der grossen Florfliegenart Nineta carinthiaca war vor den Tagen der Natur auf der Rigi ein einziger Schweizer Fund aus Tamins GR bekannt. Das Rote Waldvögelein, eine einheimi- sche Orchideenart, wurde an den Tagen der Natur in den Gebieten Ober Äbnet und Steigle/Bueche gefunden. Seit neuestem bekannt: Der Rüsselkäfer Pelenomus hygrophilus lebt auch auf der Rigi. Bisher gibt es europaweit bloss etwa ein Dutzend Fundstellen. Peter DuelliUrsula HabermacherChristoph Germann