Kunis Heilung
Deskriptive Daten
Deskriptive Daten
- Titel:
- Kunis Heilung
- Urheber*in:
- Zahn, Ernst
- Erscheinungsdatum:
- [1923]
- Verlag:
- Schriftenvertriebsanstalt
- Permanente ID:
- ark:/63274/zhb1cx0z
- Umfang:
- 16 Seiten
- Sammlung:
- Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern
- Lizenz:
- Public Domain Mark 1.0
Volltext
eines angesehenen Bergführers einziger Sproß und selber schon krotz seiner zwei-
undzwanzig Jahre ein don den Bergsteigern gern gewählker Begleiter. Er trug
die Schafwollkleidung der Stegälpler, halte die Joppe über den Rucksack gelegk,
der ihm am Rücken hing, und unker dem um die Brust gewundenen Gletscherseil
schimmerte das weiße, grobe Hemdleinen aus der offenen Weste. Die braune
Brust und der kräflige Hals kraten daraus hervor, und die zur Achsel zurück—
geschlagenen Hemdärmel ließen Arme von eisernem Muskelbau frei. Auf Fran—
zgens wettergefärbtem Gesicht war schon von weikem die helle Freude zu lesen ge—
wesen. Seine blauen Augen suchken die des kranken Mädchens und fanden sie
ohne Müh'. Und sein Mund, auf dessen Oberlippe ein blonder Schnurrbart weiß
wider die braune Haut schimmerke, verzog sich zu einem glücklichen Lachen.
Der Fremde begrüßte mit ein paar Worten den verlegenen Bauern und
seine gefaßkere Ehehälfte. Derweilen hatke Franz schon Kunis schmale, abgezehrke
Finger in seiner breiken Rechten und hielt sie, als häkte der Gruß zum morgigen
Tag' zu dauern. Da war es, daß die Kranke plötzlich das Bewußtkfein überkam,
wie vorher so viel von ihrem nahen Tod geredet worden war. Ein Zucken ging
um ihren Mund, und ihre Augen füllken sich.
Wie ist es?“ hatke Franz gefragt und vergaß, der Ankwort zu warken.
Jesus, was flennst jetzt?“ flüsterke er heimlich. Das Mädchen strich sich mik dem
Aermel hastig über die beiden braunen Tränengehäuse und verschluckte kapfer ein
Schluchzen, aber zu reden vermochte es nicht. DHie Mutter besorgte ihr das:
Es wird halk schlimmer und schlimmer. Ein ganzes Tuch hat es rotk ge—
hustet heute früh,“ redele sie. Der Fremde hatte aufgehorcht. Nun krat er zu der
Kuni und sah sie ernst und mikleidig an.
Der Franz hat schon recht, das wäre gotteserdenschad,“ sagke er halb in
sich hinein und wandte fich dann zu Welk. Ich bin ein Doktor, Zwyssig. Der
Franz meint, ich soll REuer Mädchen unkersuchen und Euch einen guten Rat geben.
Wenn Ihr wollk, gehen wir ins Haus, und ich nehme mir Zeit, bevor ich nach
Frutt hinabsteige.“
Melk wurde rot bis unker die Haarwurzeln.
Ja, ja, Dank, ich wär' es schon zufrieden, und — aber, ja —“
Nun?“ lächelte der Arzt.
Ich hätte schon lang einen Doktor kommen lassen, wenn — wenn nicht
die großen Herren zu keuer kämen für uns armes Volk.“
Das ist in Ordnung! Es soll Euch nichts kosten!“
Melk errblele noch lefer. Es sagte doch seinem Skolze nichk zu, daß der
Fremde umsonst arbeiten sollke, und er nahm fich vor, ihm nachher das blanke
Frankenstück in die Hand, zu drücken, das er für den Tauftag seines demnächst
zu erwartenden jüngsten Enkels aufgespart hatke.
Sie krugen Kuni darauf nach der niederen, gelbkäfeligen Wohnstube, ließen
den Doklor mit ihr allein und flüchteten sich nach der Küche. In dem rauch—
schwarzen, dunkeln Gelaß standen die drei Leute mit verhaltenem Alem, horchend,
als mußte jeden Augenblick ein Schrei aus der Wohnstube schallen.
Rach einer Weile rief der Stadkarzt die Harrenden zurück. Sein Gesicht
war ernft, aber er warf Franz einen ermutigenden Blick zu.
Die Kunsei krank, schwer krank, aber es wäre ein Mittel, das junge Ding
noch herauszureißen, wenn es ihnen auf ein rechtes Opfer nicht ankomme.
Bei“ Goti, nei!“ ließ Franz sich so laut vernehmen, daß Melk und sein
Weib ihn mit offenen Mäülern anstarrten. Was dem Bub nur einfiel! Opfer
bringen hieß: zahlen! Und das Zahlen konnke sie nur kreffen, den Bub ging Kuni
ja weiter nichts an, obwohl er manchmal getan hatte, als müßke das Mädchen seine
Ehefrau werden.
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