Kunis Heilung
Deskriptive Daten
Deskriptive Daten
- Titel:
- Kunis Heilung
- Urheber*in:
- Zahn, Ernst
- Erscheinungsdatum:
- [1923]
- Verlag:
- Schriftenvertriebsanstalt
- Permanente ID:
- ark:/63274/zhb1cx0z
- Umfang:
- 16 Seiten
- Sammlung:
- Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern
- Lizenz:
- Public Domain Mark 1.0
Volltext
In der Alp könnke das Mädchen nicht gesund werden, erklärte der Dokkor
weiter. Die rauhen Winde kämen da zu früh wieder, und mit der Kost der
Aelpler, mit Käse und Schwarzbrot und krockenem Schaffleisch sei doch nicht alles
für des Menschen Wohlsein gekan. Es gäbe weit hinker den Bergen, welche die
Alp im Süden umstanden, einen welschen Landesteil, der beinahe so warm und
sonnenreich sei wie das vielgerühmte Land Italien. Dort würde sich wohl ein Ort
und in dem Ort eine einfache Wohnstakt finden, wo Kuni für den Winker unler⸗
gebracht werden könne. Habe sie allda die rechte Pflege und Ruhe, so sei hundert
gegen eins zu wetken, daß sie bis zum Alpsommer stark und gesund zur Heimkehr,
ja sogar — der Dokkor bünzelte Franz sonderbar an — zum Heiraten sei! Er, der
Dokkor Anwerd, werde sich jeßzt auf den Heimweg machen und in nächster Zeit
nach einem solchen Heilort für das Mädchen forschen. Sie möchten inzwischen sich
einigen, ob sie ein paar hundert Franken an das Kind wagen wolltken.
Die Zwyssigin hatte einen herzzerreißenden Seufzer getan, als der Doktor
die Summe genannt hatke, und Welk hörke nicht auf, mit dem Kopfe zu wackeln
und „ja, ja, hundert Franken' ein über das andere Wal vor sich hin zu murmeln,
lange nachdem jener schon nach Hut und Beil gegriffen und sich zum Gehen ge—
wendet haätte. Einzig Franz war mutig geblieben, ja es halke sich ein Zug von
Freude und Sorglosigkeit in sein Gesicht gestohlen. Der schien zu dem fremden
Menschenkurierer ein großes Zukrauen zu haben. Kuni blickte krüb, ihr ging das
viele Geld, das sie kosten sollte, mehr zu Herzen als die schwere Krankheit, die
ihr ans Leben wollte.
Ja, ja, hundert Franken,“ murmelke Melk unter der Hauskür noch, wäh—
rend er die Hand in die des Dokkors legte. Aber plöhßlich gab er sich einen Ruck
und sagte mit zitternder Stimme, so leis und verstohlen, als dürfte kein Mensch
von seiner Verschwendung hören: Aber, Herr — wenn Ihr hallk meint, es
könnke nützen — so — so — suche ich das Geld halt doch zusammen!“
Mit diesem Bescheid waren der Doktor zusamt dem Franz davongegangen.
2.
Nach zwei Wochen hatte ein Brief des Doktors Melk und die Seinen in
Aufregung gebracht. Der Brief war an den Franz Zwyssig gerichtet; der Doktkor
schien an dem seine besondere Freude zu haben. Und an einem Sonnkagmorgen
war Franz bei Melk eingetreken, just als die Alken aus dem Goltesdienst ge—
kommen waren. Sein Gesicht trug einen ganz feierlichen Ausdruck, und er hielt
den Brief so sorgfältig in den Händen, wie eine alke Jungfer ihr Gebetbuch. Melk
und sein Weib haltten sich hinker den schweren Tisch gesetzt, Kuni lag, in Kissen
gehüllt, bleicher noch als sonst in ihrem Lehnstuhl. Alle drei schaukten in fieber—
hafter Spannung auf den Doklorbrief, den ihnen Franz schon unterm Guten
Tag'“ angekündigt hatte.
Da leset,“ schob der Bursche das Papier Melk zu.
Der zog eine unförmige Brille aus übel zerrissenem Fukteral und machke
sich an die schwere Arbeit des Lesens. Der Doklor schrieb ausführlich. Er habe in
einem Ort des Südgrenzgebietes eine kleine Pension ausfindig gemacht, wo Kuni
Unterkunft fände. Wollken sie das Mädchen für sechs Monakte dort hinbringen,
so müßten sie eine Summe von fünfhundert Franken aufbringen. Das wäre frei—
lich ein bißchen viel, aber er lege hier dem Franz etwas für seine guten Dienste
bei, das er vielleicht jetzt gerade brauchen könne. Und im übrigen sollten Melk
und sein Weib bedenken, daß des jungen Mädchens Gesundheil eigenklich nicht zu
keuer bezahlt werden könne. Melk hatte bei dem Bericht von dem Geschenk auf—
geblickt und neugierig nach Franz hinübergeschielt. Der holke ein ledergebundenes
Buch hervor, in das er sich von den Fremden seine Führerzeugnisse einkragen ließ,
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