Gasseziitig Lozärn: Gasseziitig Lozärn

Deskriptive Daten

Zeitschrift

Titel:: Gasseziitig Lozärn

Sammlung:: Luzerner Stadt- und Quartierzeitungen

Dokumenttyp:: Zeitschrift

Erscheinungsort:: Luzern

Signatur:: Z.d 116; F1.pa 144; H 132

Zeitschriftenband

Titel:: Gasseziitig Lozärn

Sammlung:: Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Dokumenttyp:: Zeitschriftenband

Erscheinungsdatum:: 1999

Bandzählung:: Dezember 1999, No 11

Permanente ID:: ark:/63274/zhb1kq50

Lizenz:: In Copyright 1.0

Artikel

Titel:: Stationen einer Odyssee

Urheber*in:: Kiwi

Sammlung:: Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Dokumenttyp:: Zeitschrift

Strukturtyp:: Artikel

Stationen einer Odvssee Is ich klein war, da hatte ich immer Super-Weihnachten. Da war einfach alles dabei, was sich ein Kind wünscht. Geschenke werden gekauft, Sachen ‚erschenkt, die im Januar wieder ımgetauscht werden. Manchmal verden Tiere geschenkt, die später ın irgend einer Leitplanke ange- yunden aufgefunden werden, da sie ıicht ins gewählte Ferienland pas- ;en. Millionen werden umgesetzt, 1a klar. Bäume, gutes Essen und Jjeschenke überall, jeder ist in Fest- ;timmung —- welch Frohlocken! Als ich dann auf der Gasse lande- e, da wurde alles anders. Ich war 'cChwerst drogenabhängig, runter- ‚ewirtschaftet, da hatte ich auch Veihnachten! Dieses Frohlocken. ?h habe es am eigenen Leib erfah- an! Es war nass, kalt, unbequem. ieine Geschenke, kein Essen. Ich ıatte nicht einmal ein Stück Brot. ie Leute auf der Strasse haben we- iger als nichts, vor allem auch eine jrosse psychische Leere. Wenn du ıuch noch schlecht geplant hast, ıast du auch noch deine Tage in der lotschlafstelle aufgebraucht und zannst nicht einmal dort übernach- en. Das kann sehr unangenehm ‚ein, da es ja nicht unbedingt die värmste Zeit des Jahres ist. 5uper-Start im «Zwänzgi» für die neue Praktikantin Ich bin die neue Mitarbeiterin, die an der Murbacherstrasse 20 herumgeistert, und die sich nun endlich mal outen will als die neue Praktikantin im Team Gas- senarbeit. Susanne Müller ist mein Name, ich komme aus Die- tikon, bin 24 Jahre alt und stu- diere im dritten Jahr Sozial- oädagogik an der HSL in Luzern. Als ich zum ersten Mal von der ÜGassenarbeit gehört habe -—- durch die GasseZiitig -, war ich begeistert von diesem Angebot. Ich war froh zu sehen, dass es auch hier in Luzern eine Stelle gibt, die sich unbürokratisch für die Anliegen derer einsetzt, die as im Leben schwerer haben als andere, So bin ich überglücklich, ın dieser Institution bis Ende März 2000 mein zweites Schul- praktikum absolvieren zu dürfen. Da ich schon seit dem 18. Ok- cober 1999 in der Gassenarbeit tätig bin, kann ich bereits eine erste Zwischenbilanz ziehen: Ich hatte einen Super-Start, fühlte mich von Anfang an wohl im ıZwänzgi» und hatte schon viele eindrückliche Gespräche mit “rauen und Männern, welche die Jjassenarbeit aufsuchen. Durch neine Präsenz möchte ich An- sprechpartnerin sein für die Men- schen, die ihren Lebensmittel- »unkt in der Gasse haben, und damit etwas gegen die soziale Benachteiligung unternehmen. Yun freue ich mich auf weitere 3egegnungen und auf die span- ıende und herausfordernde Ar- Jeit. Susanne Müller In den dreizehn Jahren, in denen ch süchtig war, hatte ich einen Ort, ın dem ich mich wohl fühlte: Das \fO, das Krankenzimmer für Ob- lachlose. Dort feierte ich, seit ich uf der Strasse lebte, das «te Mal Veihnachten. Wir hatt&! einen 3aum mit echten Kerzen. Und wir ‚atten ein Essen! Diese Weih ‘achtsfeier werde ich nie vergessen s war eine Art von Familie, für je- ıen gab es ein Gescheni Jamals lachte ich viel an mein& amilie. Joch meine Leute hatten mich ver- jannt. Ich litt sehr darunter, Blut ist ben nicht Wasser, es ist dicker. * Viele reden in diesen Tagen von jott und Christus und vergessen, lass es Minderheiten gibt, die jetzt ınd heute leben und nicht einmal zu ;ssen haben. Sie betrachten die Xrippe und vergessen jene, die Iraussen vor ihrer Türe sitzen. Die G#mnungszeiten über “Te Festtage GasseChuchi 24. Dezember: 10-15 Uhr normaler Betrieb, ab 19 Uhr Weihnachtsfeier mit Festschmaus 25. Dezember: 11-15 Uhr Brunch 26. Dezember: 11-15 Uhr Mittagessen 31. Dezember: 10-15 Uhr normaler Betrieb 1. Januar: geschlossen Notschlafstelle Obdach 24. Dezember: ab 21 Uhr Weihnachtsfeier im kleinen Kreis 31. Dezember: ab 21 Uhr Silvesteressen Ambulatorium Normaler Betrieb Spritzenbus Normaler Betrieb Jas Weihnachtsgeschäft: Millionen werden umgesetzt, Bäume und Geschenke überall. Foto: Paul Weber Ich hatte Glück, lernte Jolanda jennen. Nächste Weihnachten gin- jen wir zu ihren Eltern. Ihr Vater hat- e keine Freude an mir. Da hatte ich ı1och Methadon. Komische Weih- achten. Nicht, dass es nicht schön /ar, das gewünschte Gefühl wollte infach nicht eintreten. Im nächsten ‚ahr sagte Jolanda zu mir, ich solle loch Kontakt zu meiner Familie ‚ufnehmen. Ich war sauber zu die- em Zeitpunkt. Nach vielen Ge- ‚prächen wurde ich wieder in die “amilie aufgenommen. Das war ein Veihnachtsfest für mich! inhdonh värchstatt Tagesstruktur Murmattweg 1 6005 Luzern Auch dieses Jahr werde ich schö- ıe Weihnachten feiern. Mit Jolanda ınd Mischa, unserer Katze, sowie ırer und meiner Familie. Nicht mit ielen Geschenken, nein, dafür mit jjel Liebe — das sind schöne Weih- achten! Kiwi Telefon 041-310 88 10 Ich möchte mich bei allen für die verschiedensten tollen Arbeitsein- sätze bedanken und wünsche eine gute Gesundheit und viel Wärme iber die Festtage. Peter Ziegler, «Wärchstatt-Eichwäldli» Ort der al 1 Ife — Ort der Ruhe Wieder wird es Weihnachten. Wieder liegt ein Jahr hinter uns. Die Arbeit im Ambulatorium hat ihren ganz bestimmten Rhythmus. Die Angebote werden gut ge- autzt. Wundversorgungen machen wir täglich. Das Vertrauen zwischen Besucherinnen und Personal des \mbulatoriums ist wichtig. Das Ambulatorium ist auch ein Irt der Ruhe. Hier kann man sich ür eine kurze Zeit aufwärmen, ei- ıen Kaffee oder einen Tee trinken, ‘usschnaufen von der Hast und letze, die in der letzten Zeit durch je zunehmende Repression wieder jwrösser geworden sind. Im Ambula- orium werden keine Drogen kon- ‚umiert. Täglich arbeiten zwei Personen, ine medizinische Fachperson (Ge- ‚undheits- und Krankenpflege oder ’sychiatriepflege) und eine weitere 3etreuungskraft. 40 bis 60 Perso- ‚en besuchen uns täglich. Zu ge: vissen Zeiten halten sich bis zu wölf Personen in einem Raum auf. fiele Bedürfnisse müssen in kurzer leit gedeckt und Fragen beantwor- et werden. Das Ambulatorium, ein Zweig des /ereins Kirchliche Gassenarbeit Lu- ‚ern, ist für unsere Besucherinnen ‚bsolut notwendig und sinnvoll. Al- a Dienstleistungen werden den Be- ıützerInnen unentgeltlich zur Verfü- Jung gestellt. Für die Finanzierung des Projek- es Ambulatorium ist der Kanton uständig. Im Rahmen eines Spon- oring-Vertrages übernimmt das zote Kreuz jährlich 60 000 Fran- ‚en. Der Rest von etwa 50 000 'ranken muss über den Verein ıirchliche Gassenarbeit mit Spen- ‚en abgedeckt werden. Ab und zu ind Neuanschaffungen notwendig. J)ies können Kaffeetassen sein (die ns von der Boutique «Cascade« ge- ‚chenkt wurden), ein neuer Blut- iruckapparat, ein Massagetisch, in rückenschonender Stuhl, natür- ich viel Verbandsmaterial und an- 'ere medizinische Materialien, die ber keine Krankenkasse abge- echnet werden können. Das heisst, vir sind auf Spenden angewiesen. Nir danken allen ganz herzlich für las Mittragen und die materielle Interstützung. Nun wünschen wir allen eine ge- ‚egnete Weihnachtszeit, viel Offen- ieit und Toleranz, damit es immer vieder möglich wird, aufeinander uzugehen. Theresa Diaz, Teamleiterin An 365 Tagen (mit wenigen Aus- nahmen) sind die Räume des Am- »ulatoriums sechs Stunden lang zeöffnet. Menschen aus legalen und legalen Suchtbereichen und ande- en Randgruppen unserer Gesell- ‚;chaft besuchen uns. Ihnen fehlt ein Netz von vertrauten Menschen, auf das sie zurückgreifen können oder wollen. Für viele ist es wichtig, ohne grosse organisatorische Hindernis- ze sofort Hilfe und Beratung zu er- ıalten. So können die Besucher- nnen folgende Dienstleistungen in Anspruch nehmen: 1. Ambulante medizinische Bera- ‚ung, Behandlung und Betreuung 2. Ambulante psychosoziale Bera- ‚ung und Betreuung 3. Benutzen von Bad und Dusche 1. Kleidertausch 5. Erste Hilfe und Triage in Notfall ätuationer

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