Gasseziitig Lozärn: Gasseziitig Lozärn

Deskriptive Daten

Zeitschrift

Titel:: Gasseziitig Lozärn

Sammlung:: Luzerner Stadt- und Quartierzeitungen

Dokumenttyp:: Zeitschrift

Erscheinungsort:: Luzern

Signatur:: Z.d 116; F1.pa 144; H 132

Zeitschriftenband

Titel:: Gasseziitig Lozärn

Sammlung:: Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Dokumenttyp:: Zeitschriftenband

Erscheinungsdatum:: 1999

Bandzählung:: Dezember 1999, No 11

Permanente ID:: ark:/63274/zhb1kq50

Lizenz:: In Copyright 1.0

Artikel

Titel:: "Am beschte wiit ewäg, mer wänd eu gar nien me ha!"

Urheber*in:: Galbier, Piitsch

Sammlung:: Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Dokumenttyp:: Zeitschrift

Strukturtyp:: Artikel

A & EN Das Leben ist ein Wunderding Es kommt von wo. Es geht wohin. Es erscheint:als etwas, erstrahlt in.die Unendlichkeit. Es schwingt; es pulsiert; vibriert und. phantasiert. Es macht mich zufrieden, es. hat einen Sinn, Es ist. die.Glückseligkeit in jedem Ding. Kiein und zufrieden ist das Atom, wir wollen es spalten, im zu sehen, woher es kommt Dadurch schaffen wir Zweiheit, Um für den Rest unserer Zeit Zu suchen. die Ganzheit, wunderbar ekstatische Einheit in der Herrlichkeit des Seins: -röhlich-und zufrieden ist nun Mein Herz, vergangen und Vertrieben ist aller Schmerz. Eine Wahrheit zu finden. ist mehr Als nur ein Traum. Nur:äufzugeben brauchen wir: Zeit und Raum! Peter Bartholome Witz Zwei in der Szene nicht unbe- xannte Eheleute stehen vor dem Scheidungsrichter des Amtsge- öichts Luzern. «Aber warum haber Sie denn die Scheidung eingereicht, as scheint doch bei Euch alles in Minne zu sein», sagt Richter Matt: nann zum Kläger Peter Hugento- »ler. «Ursi, meine Frau, hat mir zu lause von Beginn unserer Ehe an üjegenstände hinterhergeworfen. /om Kochlöffel über die TV-Fern- »edienung bis hin zum grossen Spiegel im Wohnzimmer.» Richter Mattmann will wissen, wie lange denn die Hugentoblers schon ver- 1eiratet sind. «Fünfzehn Jahre», wirft Ursi ein. «Aber warum haben Sie denn die Scheidungsklage ersi etzt eingereicht, Herr Hugento- »ler?» fragt Mattmann den Kläger. Dieser trocken: «Ursi hat letzten Samstag erstmals getroffen...» Caroline Liechti' graphische Gestaltung: und Iliustration Rhynauerstrasse 5 6005 Luzern Telefon 310 27 31 ich arbeite gerne für Ihre sozial, ökologisch und teministisch korrekten Proiekte ig Bd Geden d ru AR a Pat A BO veustadtstrasse 26 1003 Luzem 'el 041 360 82 70 ax 041 362 22 37 mail gegendruck@rat.ch i 1m beschte wiit ewäg, mer and eu gar n’'ce mE denn er ist ein grosser Fan von Co- nics. Diese muss er auch in den Dreck leeren, seinen ganzen Stolz. =s drängen sich einige Passantin- ıen vorbei. Sie bleiben etwas ent- remdet stehen, bewundern die Din- Je, die da liegen. Dann gehen sie weiter, drehen sich um, sagen etwas ‚ueinander und entfernen sich. schung: Derselbe Polizist, der mir ‚or ein paar Wochen zum Interview m Büro der Gassenarbeit gegenü- ‚er sass, mich freundlich mit Herr jalbier ansprach, sagte zu mir: «Pi- "sch, du weißt, dass du von hier ‚erreisen musst!» Jetzt hatte ich nun virklich ein Problem. Nein, ich hat- e nicht eines, ich hatte gerade eini- je auf einmal. Als erstes war ich mir Uicht sicher, ob der Herr sich einen )pass mit mir erlaubt und gleich zu ıchen anfängt. Dem war nicht so. 'weitens wurde ich unheimlich sau- rn. Wieder werde ich einfach verjagt 'on öffentlichem Grund, ohne auch ur den geringsten Anlass dazu ge- jeben zu haben! Dazu durfte ich un- er keinem Umstand so sauer wer- 'jen, dass man mir dies von aussen ınsah (das wäre ja wohl ein gefun- jenes, wenn nicht sogar ein gewoll- es Fressen gewesen), und ich mus- te ja auch daran denken, was noch ılles kommen sollte... vr Kurz darauf kommen zwei Män- ıer und eine Frau vorbei, dasselbe. zenes Sachen liegen da, sichtbar ‘ür alle, seine Rechte werden mit 7üssen getreten. Natürlich finden die beiden nichts bei ihm, er hat ja nichts, hat nie viel gehabt. Der Poli- zistin ist die Sache nicht ganz ge- neuer, anscheinend ist sie nicht so auf dem Erniedrigungs-Trip wie ihr Kollege, der die Sachen am Boden ıoch etwas mit seinen Schuhspit- zen auseinanderschiebt und damit ıoch etwas schmutziger macht. Dann darf Rene seine Ware wieder zusammenpacken. «Noch einmal Glück gehabt», sagt der Herr Poli- zist. Noch ein paar hämische Be: nNerkungen, und der Nichtdelin juent kann gehen, allerdings mit der ultimativen Aufforderung, sich »>is abends um neun Uhr (woher wohl diese Zeitlimite?) nicht mehr in diesem Quartier erwischen zu las- sen, egal ob am Betteln oder nicht, andernfalls würde ihm einfach all sein Geld konfis- ziert nd dann cönn dann schauen, wie es wveitergehe! Ich sagte nämlich zu meinem °reund: «Wir verdrücken uns von ıer. Wir können ja im Gärtli hinsit- ’‚en und dort plaudern.» «Nichts da», vurde uns beschieden, «verreise nüend er!» Auf meine Frage, wo wir ıns denn hinsetzen könnten, ohne 'erjagt zu werden, sagte der besag- ‚e Polizist: «Gar niened, am beschte wiit ewäg, emol nöd i derä Stadt! _ — Mer wänd eu gar ni- ene me ha, er gsend „WO der Gute dem Unter- a di Sauerei wo mer m Zwänzgi händl» legenen eine Knarre in die Hand drückt, ihn verständ- nisvoll ansieht, um ihm zu verstehen zu geben, dass lies das Beste für alle sei. Kurz darauf re de ichgit Rene Er a «Heute ıaben sie es auf mich abgesehen, las war schon las vierte Mal. Doch wohin soll ch denn? Die jasseChuchi ist zu, und verjagt verde ich ja sowieso überall!» Er fand es zwar auch blöd, dass die jasseChuchi ge- ichlossen sei, das ı1eisse aber noch ange nicht, dass es rgendein Recht auf einen anderen Platz gäbe, wo man sich aufhalten dürfe. Bei ınserem Interview für die letzte GaZ ıatte es noch anders getönt! Das ainzige, was mir noch fehlte, war so ıne elegante Geste, wie man sie zu- veilen in den Filmen sieht, wo der iute dem Unterlegenen eine Knar- e in die Hand drückt, ihn verständ- ıisvoll ansieht, um ihm zu verste- ıen zu geben, dass dies das Beste ür alle sei Zwei Stunden später. Ich bin im 3üro und arbeite etwas für die Gas- ;eZiitig. Plötzlich taucht Andy auf ch habe ihn schon eine ganze Wei e nicht mehr gesehen. Wir unter 1alten uns kurz am Fenster, ma- :hen ab, dass wir uns nach der Ar- reit treffen, um mal wieder zusam- nenzuhocken und zu plaudern Schliesslich ist er gerade Vater ge vorden, und als ich ihn kennenlern- e vor etwa neun Jahren, da war ich jerade Vater geworden. In der Zwi- ;chenzeit haben wir einiges erlebt ‚usammen, wir sind Freunde ge- vorden. Also verabreden wir uns, usammen ein Bier zu trinken. Da vir beide nicht gerade reich sind. jehen wir in den Coop ein Bier kau- en, da ist es am billigsten. Wozu in in Restaurant sitzen, wo das Bier ”". 4.50 kostet, wenn die Sonne :cheint und das Bier im Coop nur ‚echzig Rappen kostet. Wir setzen ıns also auf das Bänkli vor dem La: len (zum Sitzen sind die ja wohı ja?) und öffnen die Flaschen, pro- ;ten uns zu und freuen uns. Wir sind veder schmutzig noch laut, noch verfen wir mit Flaschen um uns, ıoch belästigen wir irgendwen. Wir ;itzen einfach da und freuen uns. * Nun sind dies Vorkommnisse, die nir weh tun, die aber andererseits lennoch nicht existenzgefährdend ür mich sind. Wie aber muss man ich wohl fühlen, wenn man aus ei- em fremden Land kommt? Aus ei- ‚em Land, in dem Bomben fielen, in lem man, nur aufgrund der Ab- tammung, mit der eigenen Er- chiessung, der Misshandlung von "amilienmitgliedern rechnen muss. Ja kommt man dann voller Hoff- ‘ung in die Schweiz, ein freies Land was für ein Begriff). Muss es sein, ass einem auch da wieder Hass nd Ablehnung entgegenschlägt? 2h sage zu 110 Prozent NEIN! Das ;t nun wirklich nicht nötig. Helfen vir doch unseren Flüchtlingen. Die neisten kommen mit ganz fürchter- ichen Erlebnissen aus ihrer Heimat u uns und möchten dennoch wie- ler zurück nach Hause. Deshalb ;Oollten wir ihnen hier, in der schweiz, nicht wieder mit Vertrei- jung und Ausgrenzung kommen, ondern helfen, ihr schweres Los zu neistern. Jetzt, wenn der Winter ‚ommt, glaube ich, wären die 'remden sicher auch froh um ein isschen Wärme. Piitsch «Wieder werde ich einfach verjagt von öffentlichem Grund.» Foto: Paul Webeı Auch nach der Diskussion um die Vertreibung in der letzten 3aZ hat sich die Situation in der Stadt Luzern nicht ver- vessert, Zwei Begegnungen mit einer Polizei-Patrouille. »latz, genau gegenüber. Wir sehen ılso zu, wie ein Polizist Rene an der Schulter anfasst, ihn zu sich herum- ‚wingt, ihm eröffnet, dass er und eine Kollegin von der Polizei seien ınd ihn durchsuchen wollten. Jann geht das öffentliche Schau- piel los. Rene ist etwas unsicher ıuf den Beinen, vermutlich Medika- nente. Er muss den Inhalt seiner aschen auf dem Boden unter dem ‚augerüst ausbreiten. Es ist dort icht besonders sauber. So klaubt er ılso seine Habseligkeiten, die aus ijasseChuchi-Bon, einigen Rappen Oowie Spritzenbesteck bestehen, ıus seinen Taschen, legt alles auf ten Boden. Er hat noch eine Tasche nit Comic-Heften dabei, wie immer. zs ist ein Donnerstag wie jeder an: lere. Nach der ersten Arbeitsstunde jehe ich kurz in den Coop. Unter- wegs treffe ich einen Kollegen. Wir ’eden kurz miteinander — und dann rauen wir unseren Augen nicht. Auf der Strassenseite gegenüber wird aner von der Gasse, ein Bekannter ‚on uns und der Polizei, von zwei ?olizisten angehalten. Nennen wir hn Rene. Wir haben einen Loaen- Kaum drei Minuten sind wir da, schon sehe ich eine Patrouille kom- nen. Ich denke mir eigentlich nichts 3öses, da wir ja ruhig waren und ıicht einmal laut gelacht haben. Jann aber kommt die dicke Überra-

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