Sentipost: Sentipost Nr. 3/2010

Deskriptive Daten

Zeitschrift

Titel:: Sentipost

Untertitel:: die Quartierzeitung aus dem Untergrund

Sammlung:: Luzerner Stadt- und Quartierzeitungen

Dokumenttyp:: Zeitschrift

Erscheinungsort:: Luzern

Signatur:: P.b 1688; F1.pa 136

Zeitschriftenband

Titel:: Sentipost Nr. 3/2010

Sammlung:: Luzerner Stadt- und Quartierzeitungen

Dokumenttyp:: Zeitschriftenband

Erscheinungsdatum:: 2010

Permanente ID:: ark:/63274/zhb16t4m

Lizenz:: In Copyright 1.0

RÜCKBLICK sentipost nr. 3/10– 7 – Sentitreff-Freiwilligenausflug 2010 An Fronleichnam scharte sich im Bahn - hof Luzern ein kunterbunt-gemischtes ‹Völklein› zusammen: Frauen und Männer, Jugendliche und Kinder, ein multi kul tu - relles Stelldichein der Engagierten des Quartiertreffs von der Baselstrasse. Es war geradezu überwältigend, wie viele der Ein ladung zum Senti-Ausflug gefolgt waren. Da standen wir nun alle erwar- tungsvoll am Gleis, neugierig, wohin uns die Praktikantin Deborah Mathis dieses Jahr entführen würde. Das Reiseziel blieb wie immer ein gut gehütetes Geheimnis. Das Wetter liess zu wünschen übrig, die- ses Mal konnten wir Petrus wohl nicht betören. Trotzdem stiegen wir wohlge- launt in den Zug. In Sursee hiess es Um - steigen ins Postauto, und weiter ging es zum ‹Tempelhof›. Tempelhof ? Für mich ein unbekannter Ort. Oder doch nicht ganz? In meinem Hinterkopf war da so eine vage Vorstellung eines kuriosen, et - was exzentrischen Landwirtes. Die Fahrt auf den Uffikerberg bot uns eine ab - wechs lungsreiche Landschaft, vorbei an schmucken Dörfern und Weilern. Die Natur präsentierte sich in einem vielfa- chen jungen Grün, wie es nur im Spät - frühling sein kann. Am Reiseziel ange- kommen, stand er plötzlich vor uns, der berühmt-berüchtigte ‹Tempelhof›. Im po - sant und trutzig erhob sich inmitten der Landschaft. Fast fühlte man sich in die altgriechische Zeit zurückversetzt –eben vor eine ‹Beton-Akropolis›. Der Bauer Zemp und der Künstler Wetz, zwei mu - tige Künstlerunternehmer, planten zu - sam men mit dem Künstler Roland Heini das Gross-Gesamtkunstwerk. Es ist ein Monu ment aus 99 grossen Beton röhren und einem 120 Tonnen schweren Dach ebenfalls aus Beton. Es entstand eine begehbare Skulptur, die einem Tem pel gleicht. Beinahe andächtig standen wir inmitten des fast sakralen Raumes, und zugleich bestaunten wir die wunderbare Aussicht. Nebst dem Tempelhof gab es noch vieles zu bewundern, der frühere Name KKL, ‹Kunst und Kultur auf dem Lande› war sehr passend. Vor uns lag beispiels- weise die ‹Lagune von Venedig› ausge- breitet. Die Künstlerin Ursula Stalder hatte Strand- und Schwemmgut an den Küsten Venedigs und Englands gesam- melt und stellte alles auf einer grossen Fläche zu einem Kunstwerk zusammen. Unter freiem Himmel präsentierten sich Schiffe und Schiffsruinen, Pfahlspitzen, Taue, Schuhsohlen, Puppen, Kanister und Plastik kübel – alles, was die Wellen des Meeres im Laufe der Zeit anspülten. Erinnerungen und Sehnsüchte überfallen einen, und zugleich ist es ein Mahnmal an unsere W egwerfgesellschaft. Lustbetonte Attraktionen beleben die Um gebung des Landbesitzers Zemp: Na - tur gärten, Solaranlagen, ein Wald rund - gang mit dem Rad des Lebens und das Wald kino. «Willst du eine Stunde glück- lich sein, betrinke dich, willst du aber ein Leben lang glücklich sein, schaffe dir ei nen Garten» – unter dies em chinesi- schen Motto entstand in 1800 unent gelt - lichen Arbeitsstunden ein prächtiger Na - tur garten, ein kleines Paradies, ein Gar - ten Eden. Im W etz-Mu seum gibt es laufend Wechsel - ausstellungen von KünstlerInnen aus dem In- und Ausland. Auffallend war eine künst liche Kuh, die wie ein lebendes Tier im Stroh lag und atmete. Fulmi nantes Zentrum ist das ‹Tennkabinett› von Wetz in der alten Tabakscheune, ein geordne- tes Durch-, Über- und Neben ein ander von Geräten, Motoren, Traktoren und Haus - halts utensilien. Es sind ve rs ammelte Kind - heitserinnerungen, Traditio nen und Ge - schichten – eine mu ltimedia le, compu ter - gesteuerte Märchenwelt, ein Grusel kabi - nett mit Schafen und Hüh nern, begleitet von der Lieblingsmusik der Grossmutter des Künstlers. Etwas müde geworden von all dem Ge - sehenen und Erlebten, genossen wir vor der Heimfahrt im Selbstbedienungs-Res - tau rant einen Kaffee. Wir durften sogar unser mitgebrachtes Picknick auspacken. In welchem Gastronomie-Betrieb ist das heute noch erlaubt? Einige ‹Sentitreffler› konnten der Versuchung nicht widerste- hen, eine Flasche vom guten Fruchtwein aus den liebevoll gepflegten Kulturen des Landwirtes Zemp mitzunehmen. Die ‹Beton-Akropolis› wird nur noch bis Ende Jahr stehen – leider. Was ge - schieht mit all den Kunstausstellungen und Attraktionen? Bekannt ist nur, dass Wetz die historische Sendeanlage in Bero - mün ster gekauft hat. ‹Kunst statt Radio›, lau tet seine Devise, ‹Traditionen sind für mich ein zentraler Begriff.› So bleibt die Hoffnung, dass der ‹Tempelhof› auf seine eigene, kuriose Art und Weise einst das Weiterbestehen feier n kann. Eine Beton-Akropolis in der Schweiz von Leonie Bernet / Au gust 2010

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