Gasseziitig Lozärn: Gasseziitig Lozärn

Deskriptive Daten

Zeitschrift

Titel:: Gasseziitig Lozärn

Sammlung:: Luzerner Stadt- und Quartierzeitungen

Dokumenttyp:: Zeitschrift

Erscheinungsort:: Luzern

Signatur:: Z.d 116; F1.pa 144; H 132

Zeitschriftenband

Titel:: Gasseziitig Lozärn

Sammlung:: Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Dokumenttyp:: Zeitschriftenband

Erscheinungsdatum:: 1999

Bandzählung:: September 1999, No 10

Permanente ID:: ark:/63274/zhb1v700

Lizenz:: In Copyright 1.0

SEP EEE Jrsprung liegt oft im Zersönlichen Umfeld Während eines Gesprächs zu neinem Frontartikel zur Vertrei- ung wies mich ein Freund auf fol- Jjendes hin: «Es werden hier natür- ich die Polizei wie auch die Politiker sritisiert, da diese sofort greifbar wie auch angreifbar sind. Was aber ıicht gesagt wird, ist genauso wich- ig. Wie kommt es überhaupt dazu, lass jemand seine Freizeit an Orten vie dem Vögeligärtli oder anderen ffentlichen Plätzen verbringen nuss? Ist es nicht so, dass die Poli- iker, die sicher auch in der Pflicht ;ind, und die Polizei eigentlich nur am Ende der Kette stehen (fast am inde, der Totengräber kommt ja auch noch)? Der eigentliche Ursprung der Ver- reibung liegt nämlich nicht im ?ark, nein, der liegt an einem ande- ‚en Ort. Vielfach, oder meist, im »ersönlichen Umfeld, in dem der Süchtige nicht mehr erwünscht ist ınd damit gezwungen ist, in die Yotschlafstelle zu ziehen, die aber ım neun Uhr morgens schliesst und arst um neun Uhr abends wieder öffnet. Oder vielleicht auch beim ‚ehrmeister, der da nicht mitma- :hen mag, sein sauberes Image be- alten muss und den Lehrling oder Arbeiter bei den ersten Anzeichen ‚on Problemen rausschmeisst und lamit die Verantwortung ganz ocker an die Polizei, Gerichte und Drogen weitergeben kann. Wie vielen Jugendlichen wird die Zukunft nur schon wegen eines fri- sierten Töfflis oder des Genusses nes Joints zur Hölle gemacht und iamit verbaut? Vielleicht sollten wir ıns auch darüber unsere Gedanken nachen und nicht einfach nur auf ler Exekutive, der Polizei, herum- sacken.» H.G./Piitsch Mie stellt sich die Luzerner 5tadtpolizei zur Repression, yas sind ihre Erfahrungen? zin Gespräch mit Ernst Röth- isberger, dem Polizeikom- mMandant-Steallvartratar Empfinden Sie die Repressionen, lie vom Staat verlangt werden, als zu hart? Ernst Röthlisberger: Für die 3etroffenen ist es hart, das muss nan klar sehen. Ich möchte aber ıuch sagen, dass es für unsere Leu- e eine psychisch wie auch physisch jrosse Belastung ist. Man redet hier iber Menschen, Polizisten oder Dro- jenabhängige. Es sind Menschen nit Schicksalen, und da soll man ia ıa@icht sacen. es sei einfach Nerden die Polizisten, die «Filzer», asychologisch betreut? Röthlisberger: Sicher, sie sind, jevor sie mit diesen Einsätzen an- ingen, speziell dafür ausgebildet vorden. Sie werden auch von uns »egleitet. Vor zwei Jahren fingen wir ın, Gespräche zu führen. Sepp Rie- lener von der Gassenarbeit und 7elix Föhn vom Drop-In sind bei uns jewesen, und ich konnte mich in der Gaeseanküche äussern Nie motivieren Sie Ihre Kollegen eden Tag aufs Neue für diese un- angenehme Arbeit?: Röthlisberger: Also, Motivation jelber muss ja schon da sein, wenn man das Resultat sieht. Vom Resul- at zu sprechen, da meine ich die of- ‚ene Droagenszene. Ich alaube. nie- 7" Saite «Vertreibung löst diese Brobleme räacht» Nicht alle können die Sonne geniessen Zuerst kommt einer, der trifft sich nit dem anderen, sie sitzen auf der 3ank. Kommt einer dazu, der kennt len einen, dann sind’s schon drei. <ommen andere, die neugierig ind. Am Schluss sind zwölf Leute auf zwei Bänken im Park, der zur Zrholung dient. Dann kommen ıoch vier, welche die anderen ken- ıen, und auch andere Gruppen wie Kinder und Jugendliche formieren sich im Park, Und dann wird Alkohol konsu- niert. Ein Bier im Sommer mit "reunden ist cool, hebt die Stim- nung und ist ein Ersatz für was ıuch immer (Liebeskummer, To- lesfall). Man sitzt zusammen, man scherzt, manche geniessen die Sonne — aber nicht alle können sie geniessen, weil sie Hilfe bräuchten. 'Ind weil sie Drogen nehmen und mit ihnen nicht umgehen können. Jedes zu seiner Zeit. Darum wis- sen wir selbst: Helft jenen, die nicht <lar kommen. Wir sind viele und sind verschieden, aber alle wollen lasselbe. Besser aufgeschlossen zein und Kontakt suchen. Als Mit- schwimmer, der es nie lernt, was je- ler in seiner Lebensschule lernen sollte. Nämlich Frieden, Liebe, Ehr- 'urcht - besonders vor dem Alter. Ju musst ja nicht der Gesellschaft angehören, aber wenn die Gesell- schaft dich annimmt, dann kannst du auch die Gesellschaft anneh- men. Was ich jedem Drogenkonsu- menten rate: l. Lerne dich im Spiegel richtig se: 1en. 2. Bleibe ein Vorbild für andere. 3. Lass die Kinder spielen und sehe dich in ihnen. Du kommst ohne Drogen auf die Welt. Frappinski Irder von oben, Ansammlungen von zwei bis drei Personen aufzulö- sen. Es ist oft mühsam, dies durch. zusetzen und den Leuten begreiflick u machen, dass sie weggeher nüssen. Sie begreifen es oft nicht zs ist mir auch klar: Wenn man zum 3eispiel einen Lastwagen mit Bier in Xaver Bucheli, was erleben Sie lie Allmend hinausstellen und die Schönes und Unangenehmes als _eute, die vor dem Winkelried-Coop Quartierpolizist im Zusammen- ;itzen, dorthin schicken würde 2ang mit der Drogenszene? vären schnell alle auf der Allmend. Xaver Bucheli: Ich verstehe \ber nach 10 Minuten wären sie nich als Ansprechpartner für die ;chon wieder da, denn auch diese verschiedenen Gruppierungen und iruppe von Menschen möchte am Bewohner im Quartier, und so auch „eben der Gesellschaft teilnehmen :ür die Leute aus der Dro- und sich unter Leuten gjenszene. Schön ist, dass aufhalten. Aber vieler ch mit einigen Leuten aus Passanten, Parkbesu ler Szene ein gutes Einver- chern und Anwohnern ıehmen habe. Sie akzep- passt es mit Recht nicht :jeren mich und ich akzep- dass auf Öffentlichen :jere sie. Ein Mann, der lei- >Jätzen irgendein Gelage ler inzwischen gestorben durch bestimmte Perso- ist, hat mir sogar einmal ı1enkreise entsteht, die ain Delikt anvertraut, das > Xaver Bucheli nen doch diese Anlagen schon Jahre Zzurücklag, auch der Allgemeinheit. und ich war ihm anschliessend be- Repression und Vertreibung lösen nilflich, die Sache zu bereinigen. die Probleme jedoch nicht, es geht Aber natürlich bin ich nicht irgend- um ein gesellschaftliches Problem aine neutrale Person, sondern ein Polizist. Ich muss staatliche Vorga- ben durchsetzen, habe aber einen gewissen Spielraum. Er muss staatliche Vorgaben durchsetzen, ist aber noch nie von Leuten aus der Drogenszene bedroht worden. Ein Interview mit Quartierpolizist Xaver Bucheli. ‚ta 7t '417Arn 5ühlten Sie sich schon persönlich ıedroht durch Personen aus der il- egalen Drogenszene? Ist es schon zu Tätlichkeiten gekommen? Bucheli: Nein. Von der Drogen- ;zene habe ich noch nie eine Bedro- ıung CO lchkeit gegen meine >erson Mebt. Natürlich ruft einmal emand aus und ist nicht gerade zu- rieden mit mir, aber eine Bedro- nung gab es noch nie. Interview: Pläiitsch/Paul Weber Wie gehen Sie ganz persönlich mit Jen Vorgaben und dem politischen Auftrag um, bestimmte Gruppie- ‚ungen von öffentlichen Plätzen vegzuweisen? Bucheli: Gestützt auf Reklama- :jonen aus der Bevölkerung und den nolitischen Auftrag haben wir die sauberes Luzern: Im Park wird nicht eder geduldet Eoto: Paul Weber “Mr Ba If 4 + A 33 mand mehr könnte sich solche Zu- ;tände vorstellen, wie sie waren (Ei- ;engasse). Auch wenn die Eisen- jJasse gegenüber dem Letten harm- os war. Aber wir haben einen Auf- rag, der lautet: Vollzug diverser Ge- :‚etze, und dort ist auch das Betäu- ‚unasmittelaesetz inbeariffer Röthlisberger: Sie hat sich ichtbar geändert. Der Bürger sieht ie nicht mehr so offen. Die offene )rogenszene kennt man in Luzern icht mehr, Aber die Realität ist lass es genau gleich Drogenabhän: jige gibt. Man redet heute von einer ‚erdeckten Drogenszene. Was sich ‚erändert hat, ist, dass der Neuein- ;tieg für die Jungen schwieriger ge- vorden ist, weil sie nicht mehr sc ıinfach zum Stoff kommen können. .n diesem Sinne kann man von einer Verbesserung reden. Das 3ild hat sich verbessert as wäre aber falsch, die sen Erfolg nur der Re »ression gutzuschreiben, Die Überlebenshilfe, aber auch die heutige Drogen- >olitik haben massgeb- lich dazu beigetragen. früher kleiner, dass dort Umschlag- 5lätze entstehen können. am besten, anstelle eines Fixerrau: nes einen Ort einzurichten. an dem diese arheiten könnten Jnd die Spielplätze? Suchen sie Jlort nach Spritzen? Röthlisberger: Ja. Diese werden ron uns überprüft. Die Bevölkerung gagiert sehr sensibel. Wenn die ‚eute sehen, dass auf Spielplätzen jefixt wird, setzen sie sich sofort mit ıns in Verbindung. Das Fixen auf Spielplätzen ist stark rückläufig. zs gab doch das Projekt Ibach. Wie ı1aben Sie das erlebt? Es wurde Joch auch gedealt und gefixt. Röthlisberger: Wir wussten das. \ber nicht so, dass es zu einer Be- astung wurde. Die Leute dort oben ı1aben einen Sinn im Leben gefun- den. Sie haben das Objekt gebaut. sie haben dort gelebt. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie El- 'ern sagen müssen, dass ihre Kin- ler drogensüchtig sind? Röthlisberger: In mir kommt las Gefühl der Hilflosigkeit auf. Es st nicht einfach, diesen Eltern anzu- rufen. Am Anfang wollen viele El- "ern nicht wahrhaben. dass es so ist Vie steht es mit Haschisch? Röthlisberger: Das ist in der chweiz noch immer eine verbotene ubstanz, Man diskutiert ja schon ınge über eine Freigabe. jer Bund hat ja Hanfpro- ‚ukte freigegeben, bis zu inem bestimmten THC- jehalt. Es wird natürlich atzt umgangen, indem in Janfläden Duftkissen ver- :aauft werden, deren THC- jehalt wesentlich höher st. Haschisch ist nach wie A or illegal und wird geahn- Ernst Röthlisberger ig sicher sind unsere let. Oberste Priorität haben aber Schulhäuser, Pausenplätze und ach wie vor die harten Droaen. Spielplätze? Röthlisberger: In erster Linie Nas geht Ihnen beim Wort Filzen vwerden diese Plätze von den Quar- ılles durch den Kopf? jerpolizisten kontrolliert. Da wil Röthlisberger: Es kommt mirin ;poradisch Schulhausplätze über- ‚en Sinn, dass es für den Drogen- wachen. ist die Gefahr gegenüber :bhängigen ein beträchtlicher Ein- ıriff in seine persönliche Freiheit larstellt, er kommt mir aber auch in ‚en Sinn, dass es für unsere Leute ‘icht die beliebteste Arbeit ist. Und ‚as mir auch noch in den Sinn commt, ist die Menschenwürde. Sie larf nicht verletzt werden. Nird über ein Fixerstübli disku- jert? Röthlisberger: Das wird in Lu: ‚ern kein Thema mehr sein. Der Traum von einem Fixerraum ohne 3egleiterscheinungen ist unreali- ;tisch. Dort, wo Drogen konsumiert verden, werden auch illegale Dro- gen verkauft. Die Heroinabgabe ist jas Beste, was uns passieren konn- e. Dort erhält der Abhängige, was ar braucht. und kann sauber fixen. Wie geht die Stapo mit den Bett- lern um? Röthlisberger: Das Betteln ist grundsätzlich verboten. Daher neh- men wir Bettler mit und kontrollie- ren sie. Bei mehrmaligem Aufgrei- fen wird ein Bettler verzeigt. Interview: Kiwi 4Jat sich die Heroinabgabe auf der Gasse als positiv erwiesen? Röthlisberger: Die Leute, die im Programm sind, sind nicht mehr auf der Gasse am Stoff suchen. Es wäre Aids Prävention Hepatitis Prävention FLASHBOX AM AUTOMATEN Standorte der Automaten: Rückseite des Stadttheaters Luzern — Seetalplatz auf Reussbühler Seite Haben Sie Anregungen? Das Sekretariat Kantons apotheker. Tel 22867 32. nimmt sie aerne entaeaen Saubere Spritzen, Ersatznadeln, Alkolholtupfer und Wasser zusammen mit einem Präservativ befinden sich in einer Packung Flashbox. Packungen können während 24 Stunden am Auto- maten für drei Franken bezogen werden. Jat sich die Situation in der Stadt virklich verbessert durch die Re- ıression. Oder scheint es nur so?

Zugriffsbeschränkung

Nutzungslizenz

fullscreen: Gasseziitig Lozärn (September 1999, No 10)

Zeitschrift

Zeitschriftenband

Inhalt

Zitieren und Nachnutzen

Zeitschriftenband

Bild

Bildfragment

Zitierlinks

Zitierempfehlung