Gasseziitig Lozärn: Gasseziitig Lozärn

Deskriptive Daten

Zeitschrift

Titel:: Gasseziitig Lozärn

Sammlung:: Luzerner Stadt- und Quartierzeitungen

Dokumenttyp:: Zeitschrift

Erscheinungsort:: Luzern

Signatur:: Z.d 116; F1.pa 144; H 132

Zeitschriftenband

Titel:: Gasseziitig Lozärn

Sammlung:: Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Dokumenttyp:: Zeitschriftenband

Erscheinungsdatum:: 1999

Bandzählung:: Dezember 1999, No 11

Permanente ID:: ark:/63274/zhb1kq50

Lizenz:: In Copyright 1.0

Artikel

Titel:: Scheinheilig. Fröhliche Rabatte

Urheber*in:: Galbier, Piitsch

Sammlung:: Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Dokumenttyp:: Zeitschrift

Strukturtyp:: Artikel

Preis: Fr. 2.- V° 11 [ Jezember 1999 Postfach 3003 —- 6002 Luzern In Auflage: 5000 Wird in Stadt und Aaalomeration Luzern verkauf Herausgeberinnen: Pitsch Galbier, Kiwi, Michi Auer, Schlawinsky, Susanne Müller Peter Bartholome, Frapinsky, Bernard C. Wüest, Yolanda Mathys, Paul Weber. Droduktion und Layout: Loris Succo. Michael Iten. Liebe Leserin, lieber Leser Vor ziemlich genau drei Jahren hatten wir die Idee, irgend was zu machen, eine Zeitung oder so. Die ganze Sache kam damals noch ziemlich konzeptlos daher. Nun hal- ten Sie die bereits elfte Ausgabe der GasseZiitig in Ihren Händen. Wir alle, die daran arbeiten, freuen uns jeweils total, wenn wieder eine Nummer fertig ist und fragen uns wie sie wohl diesmal ankomme trotz des Wissens um unsere treue Leserschaft. Da wir finden, dass es noch einiges zu sagen gibt, werden wir auch im nächsten Jahr weiter. machen. Für die Treue, die Sie uns jisher gehalten haben, möchten wil uns an dieser Stelle bedanken und wünschen Ihnen Frohe Festtage. Nachdem die Vertreibung in der ‚etzten Ausgabe der GaZ ein Thema Jewesen ist und die verschiedenen Zxponenten zur Sprache gekom- nen sind (auch Polizei und Vorge- setzte), hoffte ich, dass sich die „age etwas normalisieren würde Viele Leser fragten: «Ist das wirklich wahr, übertreiben Sie da nicht ein jisschen?» Zumeist war man sehr überrascht vom harten Vorgehen ler staatlichen Organe. «Schön wäre es», antwortete ich jeweils. doch es ist die Realität!» Dennoct ıoffte ich, es werde etwas besser Doch da war die Hoffnung in den Sand gesetzt, es wurde sogar noch schlimmer. Schon vergessen ge- zlaubte Feindbilder kamen wieder ıoch, anders kann ich Aussagen von jemandem, der sich zuvor als üesprächspartner angeboten hatte ‘GaZ 10) und dann «vom Pack im Zwänzgi» (Murbacherstr, 20) redet, Aicht interpretieren. Vor allem dann ıicht, wenn einem geraten wird, sich möglichst weit ausserhalb deı Stadt aufzuhalten: «Euch wämmeı la nüme gseh!» Ich und mit mir vie e Kollegen fragen sich, wohin das yohl führen wird. Werden wir die so- jJenannten Festtage im allgemeinen dalali erleben? Oder besteht die Möglichkeit, dass die Vernunft siegt? Werden wohl Ghettos einge- richtet, Mauern gebaut wie in Un- garn gegen die Roma? Oder wird die SVP stark genug werden, um noch härter gegen uns (wer ist uns?) vorzugehen? Noch hoffe ich — und hoffentlich nicht nur ich, sondern Sie alle mit mir. Was für ein trauriges Weih- nachtsfest gäbe es sonst, wenn uns auch die Hoffnung noch abhanden Käme! Ihr Pütsch Inhaltsverzeichnis Pitsch Galbier zur Scheinheiligkeit der Weihnachtszeit - und warum er doch Hoffnung für lie Zukunft hat. Zuschriften an die JjaZ, Bericht vom Ausflug der GaZ- zedaktion nach Vallorbe und eine vealsatire von Bernard C. Wüest. Sepp Riedener fragt in seiner Betrachtung zum Fest: Was st nur mit Weihnachten los? Weihnachts-Odyssee eines ehemals Süchtigen sowie die Öffnungszeiten über die Festtage. Die Vertreibung auf den Strassen und Plätzen von Luzern geht weiter: Zwei Begegnungen mit ainer Polizei-Patrouille. Luzern im Jahr 2050: Ein (gewagter) Blick nach vorn von Schlawinskv. n die Zeit, als die Weih- nachts-Beleuchtung auch bei mir noch tränenfeuchte Augen der Vorfreude ausl6ö- ste, kann ich mich durchaus noch arinnern, auch wenn es lang, lang 1er ist. Als ich noch ein kleiner Jun Je war, den allgemeinen Erwartun- Jen noch nicht getrotzt hatte. Waren las noch Zeiten, alle die Aahs und Dohs vor dem Christbaum! Wenn ich die ganze Show be- rachte, die heute abgezogen wird len ganzen Monetarismus Revue )assieren lasse, der die Sache leitet vird mir elend! Immer wieder er- ;cheint der blinde Mann vor meinem jeistigen Auge, der damals (etwa 982) in London, mit Tränen in sei- ıen leeren Augen, von der Polizei ıbgeführt wurde, weil er vor dem veihnächtlichen Supermarkt gebet- elt hatte, «’m hunary», saate er be: 8 r | | Ba ha £LL Y | A 8 | | ) ı} i 43 © S Ka ı |} t -oto: Paul Weber/Montage: GazZ ler Verhaftung. «We’ll feed you». intwortete der Bobby. Er hatte wohl ‚och Glück, dass er mit seinem letz- en, leeren Blick zurück die Mitbür- zer in ihrer Gleichgültigkeit nicht se- 1en konnte. lenn an diesen Tagen in einem or lentlichen Haushalt? Etwa gut es ;jen? Kochen kann ich selber (ab: vaschen auch). Gebete hören? Icl, »esitze selber eine Bibel (die ich so- jar auch von innen kenne). Päckli öffnen? Die Leute, die mich vährend des Jahres nicht wegstos- ;jen, meiner Vergangenheit odeı neines Lebenswandels wegen, die ı1aben es nicht nötig, mir an Weih- ıachten Päcklis zu schicken, sie be- schenken mich das qanze Jahr gen, sonst gehe ich doch noch ganz unter. * So schaue ich weiter und hoffe, lass ich es nach Neujahr schaffe, ür einige Zeit wegzugehen, um et- vas Distanz zu gewinnen, damit ich »is zur nächsten Weihnacht die ver- ichtlichen Blicke wieder ertragen sann. Ich wünschte mir, alle auf die- ;er Welt könnten frohe Weihnachten eiern, niemand müsste, wie mo- nentan im Balkan oder in der Ost- ürkei, diese Zeit in einem Zelt oder auf einem helvetischen Bänkli ver- ringen. Ich vermute, dass, bis es soweit kommt, der Menschheit die Tränen ausgegangen sein werden. * Ich jedoch bin nicht blind, sehe ie, die überall aufgehängten Lich: er, das riesige Angebot in den Lä- jen und auch die Scheinheiligkeit, lie alles umgibt wie das Netz deı Spinne die Fliege! Natürlich, ich werde mich wie je- ies Jahr um die Weihnachtszeit in neinen Cocon zurückziehen. Ich ‚erde keine, noch so gut gemeinte iinladung annehmen. Das ganze 'lahr über würde ich vielleicht, nicht ber während der Festtage. Wenn zh schon während des Jahres nicht inmal auf einem Öffentlicher s;änkli geduldet werde, was soll ic} Und doch, es ist immer so, dass Ich in irgendeinem Augenwinke ıartnäckig eine Träne hält. Vermis- je ich etwas — oder ist es wie üblick :ine Träne der Wut, der Hilflosig- ceit? Ich weiss es nicht und will es vohl gar nicht so genau wissen denn spätestens ab dem 26. De- ‚ember muss ich wieder stark sein larf ja keine Schwäche mehr zei Wenn ich jedoch in die leuchten- len Augen meiner Tochter und an- lerer Kinder schaue, kommt wieder doffnung auf. Vielleicht werden sie 1s ja schaffen. Piüitsch Galbier

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